Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 28 WEG, § 675 BGB, § 666 BGB, § 226 BGB, § 242 BGB
Kommentar
1.Den einzelnen Wohnungseigentümern steht ein Anspruch auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen und Fertigung von Fotokopien (gegen Kostenerstattung) grundsätzlich zu. Damit bestehen auch Einsichtsrechte in Buchungsunterlagen und Saldenlisten bezüglich der Einnahmen und Ausgaben für ein bestimmtes Geschäftsjahr (h.M.). Die Verpflichtung des Verwalters, Einsichtnahme zu gewähren, ergibt sich aus § 28 Abs. 3 WEG sowie den §§ 675, 666 BGB jeweils i.V.m. § 259 BGB und üblicherweise dem Verwaltervertrag. Das mit dieser Verpflichtung korrespondierende Recht zur Einsichtnahme kann individuell von jedem Eigentümer geltend gemacht werden. Nur so kann ein kritischer einzelner Eigentümer wirksam kontrollieren, ob der Verwalter seinen Abrechnungspflichten nachgekommen ist. Das Einsichtsrecht des einzelnen Eigentümers erstreckt sich auch auf Belege, welche die Zahlungen anderer Eigentümer betreffen, da ein berechtigtes Interesse an der Kontrolle des Eingangs aller Zahlungen besteht; Pünktlichkeit und Vollständigkeit aller Eigentümerzahlungen wirken sich wirtschaftlich für und gegen jeden anderen Eigentümer aus. Im Hinblick auf dieses berechtigte Interesse stehen der Einsichtnahme auch keine datenschutzgesetzlichen Bestimmungen entgegen (OLG Hamm, DWE 86, 24; und Stichwort Unterlageneinsicht).
2.Aus dem Einsichtnahmerecht folgt nach § 242 BGB (Treu und Glauben) auch ein Anspruch auf Fertigung und Übergabe von Fotokopien gegen Kostenerstattung. So können ggf. auch im Anschluss an eine Einsichtnahme weitere Überprüfungen stattfinden.
3.Einsichtnahme- und Kopieaushändigungsanspruch stehen jedoch unter dem Schikane- und Missbrauchsverbot nach den §§ 226, 242 BGB (Senat, OLGZ 88, 37, 40).
Das entsprechende Ersuchen muss sich damit auf vorhandene und hinreichend genau bezeichnete Unterlagen beziehen, die ohne nennenswerten Vorbereitungsaufwand bereitgehalten und ohne Störungen des Betriebsablaufes der Verwaltung eingesehen und fotokopiert werden können. Die geforderte Arbeit darf nicht mit einem für alle Beteiligten ganz unverhältnismäßigen Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein.
4. Unter keinen Umständen kann von einer generellen Verpflichtung des Verwalters gesprochen werden, jedem Eigentümer sämtliche Unterlagen für die Jahresabrechnung in Kopie gegen Kostenerstattung zu übersenden.
5.Keine außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert III. Instanz von DM 6.000,- angeordnet.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamm, Beschluss vom 09.02.1998, 15 W 124/97)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung