Leitsatz
Art. 17 Abs. 2 und 3 sowie Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL sind dahin auszulegen, dass der Erwerber in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 genannten Fall nicht zum sofortigen Abzug der auf einen innergemeinschaftlichen Erwerb entrichteten Mehrwertsteuer als Vorsteuer berechtigt ist.
Normenkette
Art. 17 Abs. 2 und 3 sowie Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL (§ 3d, § 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG)
Sachverhalt
X (Sitz in Niederlande – NL –) bezog Computerteile von Lieferern, die in anderen Mitgliedstaaten als den NL und Spanien (S) ansässigen Unternehmen (im Folgenden: Lieferer), und verkaufte sie an in Spanien ansässige Abnehmer weiter. Die Lieferer wiesen keine USt aus, gaben aber ihre niederländische USt-IdNr an. X verwies in den ihren Abnehmern ausgestellten Rechnungen auf die Anwendung von Art. 28c Teil E Abs. 3 der 6. EG-RL.
X erklärte die innergemeinschaflichen Erwerbe in ihrer Steuererklärung und zog die entsprechende Vorsteuer ab. Sie deklarierte außerdem die innergemeinschaftlichen Lieferungen (Art. 28c Teil E Abs. 3 der 6. EG-RL). Ob die Gegenstände im Rahmen unmittelbar an die Abnehmer in Spanien versandt oder befördert worden sind, war nicht festgestellt worden.
Das FA versagte den Vorsteuerabzug. Sowohl in diesem Fall wie auch in dem ähnlichen Fall Facet stellte sich die Frage, ob die geschuldete Mehrwertsteuer aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb – wie auch sonst – nach Art. 17 Abs. 2 und 3 der 6. EG-RL zum sofortigen Abzug als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Entscheidung
Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Was den erforderlichen Nachweis durch den Steuerpflichtigen betrifft, weist der EuGH darauf hin, dass dieser nicht auf die Möglichkeiten der Finanzverwaltung zur Ermittlung von Sachverhalten aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rats vom 07.10.2003 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 (ABl. L 264, S. 1) verweisen kann, denn diese hat einen anderen Zweck und dient – so ausdrücklich der EuGH – nicht dazu, für den Fall, dass der Steuerpflichtige selbst nicht in der Lage ist, die oben unter 4. genannten Beweise vorzulegen, diese für ihn zu ermitteln.
Hinweis
1. Die Übergangsregelungen für die Besteuerung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten (Art. 28a ff der 6. EG-RL) haben das Ziel, die Steuereinnahmen auf den Mitgliedstaat zu verlagern, in dem der Endverbrauch der gelieferten Gegenstände erfolgt.
2.Art. 28b Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL enthält die allgemeine Regel, dass als Ort eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen der Ort gilt, an dem sich die Gegenstände zum Zeitpunkt der Beendigung des Versands oder der Beförderung an den Erwerber befinden (§ 3d S. 1 UStG). Art. 28b Teil A Abs. Unterabs. 3 sieht vor, dass der innergemeinschaftliche Erwerb von Gegenständen als nach Abs. 1 dieser Vorschrift besteuert gilt, wenn (1) der Erwerber nachweist, dass der innergemeinschaftliche Erwerb für Zwecke einer nachfolgenden Lieferung erfolgt ist, die in dem in diesem Abs. 1 genannten Mitgliedstaat bewirkt wurde und für die der Empfänger nach Art. 28c Teil E Abs. 3 als Steuerschuldner bestimmt worden ist, und (2) wenn dieser Erwerber der in Art. 22 Abs. 6 Buchst. b letzter Unterabsatz dieser RL vorgesehenen Erklärungspflicht nachgekommen ist (§ 3d S. 2 UStG). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.
3. Um sicherzustellen, dass USt auf den fraglichen Erwerb erhoben wird, bestimmt Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL, dass als Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs das Gebiet des Mitgliedstaats gilt, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete USt-IdNr. erteilt hat (im Folgenden: Mitgliedstaat der Identifizierung), wenn der Erwerber nicht nachweist, dass dieser Erwerb nach Maßgabe der Regelung in Abs. 1 dieses Artikels besteuert worden ist (§ 3d S. 2 UStG).
4. Für den Fall, dass der Erwerb nach Art. 28b Teil A Abs. 1 der 6. EG-RL im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung der Gegenstände besteuert wird, nachdem er nach Maßgabe des Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 besteuert worden ist, sieht Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 2 (§ 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG) einen Korrekturmechanismus vor, der darin besteht, die Besteuerungsgrundlage im Mitgliedstaat der Identifizierung entsprechend zu verringern. Art. 28b Teil A Abs. 2 der 6. EG-RL soll sicherstellen, dass der fragliche igErwerb besteuert wird, und zum anderen verhindern, dass dieser Erwerb doppelt besteuert wird. Voraussetzung ist, dass die im letzten Unterabsatz dieses Artikels genannten Voraussetzungen (s.o. unter 3.) kumulativ vorliegen.
5. Fraglich war, ob einem Steuerpflichtigen in dem in Art. 28b Teil A Abs. 2 Unterabs. 1 der 6. EG-RL angeführten Fall, dass er im Mitgliedstaat der Identifizierung mehrwertsteuerpflichtig ist, weil er die Besteuerung des fraglichen igErwerbs im Mitgliedstaat der Beendigung des Versands oder der Beförderung nicht nachgewiesen hat, ein...