Deshalb muss beim Angebot einer Beschäftigung geprüft werden, ob diese angesichts der Betreuungspflichten zumutbar ist.
Nach der Formulierung in § 10 Abs. 1 Nr. 3 SGB II ist im Regelfall eine Beschäftigung nicht zumutbar, wenn ein bis 3-jähriges Kind zu betreuen ist. Dies können eigene oder Kinder des Partners sein. Zu den Kindern zählen auch Adoptivkinder, Pflege- oder Enkelkinder.
Sind in einer Bedarfsgemeinschaft gleichzeitig 2 Partner hilfebedürftig, so können sich nicht beide gleichzeitig darauf berufen, wegen der Betreuung der Kinder nicht arbeiten zu können.
Während einer Schwangerschaft ist das Ausüben einer Beschäftigung im Rahmen der gesetzlichen Schutzvorschriften zumutbar.
Keine Leistungsminderungen, aber Einladung zur Beratung unbedingt folgen
Die Annahme von Beschäftigungen kann nicht mit der Androhung von Leistungsminderungen gefordert werden, wenn ein zu betreuendes Kind das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Allerdings kann in Beratungen darüber gesprochen werden, ob durch Kombination einer Beschäftigung mit gleichzeitiger Inanspruchnahme einer Betreuungseinrichtung für das Kind eine Beschäftigung möglich ist. Insbesondere soll sich um die berufliche Eingliederung nicht erst nach Ablauf der ersten 3 Lebensjahre des Kindes gekümmert werden. Gerade im Rahmen des Fachkräftemangels sollen auch diese Personen angesprochen und je nach Möglichkeit auf freiwilliger Basis aktiviert werden. Wenn das Jobcenter deshalb zur Beratung einlädt, muss dieser Einladung gefolgt werden. Sanktionen (10 % Kürzung des Regelbedarfs) sollen beim Bürgergeld vermieden werden. Eine Verpflichtung, ein entsprechendes Stellenangebot auch anzunehmen, ist damit nicht verbunden, soweit die Arbeit nicht zumutbar wäre.
Ist das Kind älter, so ist eine Beschäftigung zumutbar, die sich mit der möglichen Unterbringung des Kindes in einer Betreuungseinrichtung kombinieren lässt. Dies gilt beispielsweise für Halbtagsbeschäftigungen, wenn das Kind vormittags den Kindergarten oder die Schule besucht. Auch ganztags, wenn das Kind ganztägig in einem Hort untergebracht ist. Im Sinn des ganzheitlichen Lösungsansatzes, wie er vom SGB II zu bilden ist, wäre eine solche Beschäftigung zusammen mit dem entsprechenden Betreuungsplatz des Kindes anzubieten.
Gesetzliche Formulierungen "in der Regel" werden in der Anwendung manchmal als absolute Grenzen gesehen. Dies ist jedoch falsch. Ein verhaltensauffälliges Kind könnte beispielsweise auch länger betreuungsbedürftig sein.
Antrag auf Bürgergeld unabhängig von Ablehnung des Antrags auf Arbeitslosengeld
Wurde ein Antrag auf Arbeitslosengeld wegen fehlender Verfügbarkeit aufgrund der Betreuung von Kindern abgelehnt (wegen Kindererziehung kann keine Beschäftigung von 15-Wochenstunden ausgeübt werden), kann sehr wohl ein Antrag auf Bürgergeld Erfolg haben.