Leitsatz
Schuldet ein wieder verheirateter Ehegatte einem Kind aus der geschiedenen Ehe Unterhalt, stellt sich die Frage, ob bei der Bestimmung des Unterhaltsanspruchs des Kindes der steuerliche Splittingvorteil aus der neuen Ehe berücksichtigt wird. Außerdem ist die Zuordnung des Familienzuschlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 BBesG zu prüfen, wenn dieser Zuschlag bereits auf Grund der Unterhaltspflicht aus der geschiedenen Ehe erbracht wird.
Sachverhalt
Die im Jahre 1996 geschlossene Ehe der Klägerin zu 1) und des Beklagten wurde im Juli 2002 geschieden. Aus der Ehe ist ein im September 1997 geborener Sohn, der Kläger zu 2), hervorgegangen.
Die Klägerin zu 1) ist ausgebildete Kinderpflegerin und hat drei weitere Kinder aus erster Ehe. Während der Ehe war sie gelegentlich als Reinigungskraft tätig. Der Beklagte ist Berufssoldat bei der Marine. Neben seiner Besoldung erhält er Zulagen während der Zeit, in der er an Auslandseinsätzen auf See teilnimmt. Seit April 2004 ist er in zweiter Ehe verheiratet. Seine jetzige Ehefrau war bis Juni 2004 erwerbstätig. Danach bezog sie bis Ende Oktober 2004 Arbeitslosengeld, seither ist sie ohne eigenes Einkommen.
Die Kläger haben den Beklagten im Rahmen einer Stufenklage auf Auskunftserteilung und Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen. Das erstinstanzliche Gericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Bei seiner Unterhaltsberechnung hat es die Einkommenssituation des Beklagten getrennt für die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) ermittelt und dabei sämtliche Zulagen des Beklagten berücksichtigt. Im Verhältnis zu dem Kläger zu 2) hat es auch den Splittingvorteil aus der neuen Ehe berücksichtigt.
Gegen das Urteil haben sowohl die Kläger als auch der Beklagte Berufung eingelegt. Beide Rechtsmittel hielt das OLG für teilweise begründet.
Entscheidung
Das OLG ist in seiner Entscheidung von der Entscheidung des BGH vom 11.5.2005 (BGH v. 11.5.2005 - XII ZR 211/02, BGHReport 2005, 1534 = MDR 2006, 210 = FamRZ 2005, 1817 = FamRB 2005, 351) abgewichen. Der BGH hatte in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der steuerliche Splittingvorteil nach §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG aus der neuen Ehe bei der Bestimmung des Unterhalts eines Kindes aus der geschiedenen Ehe zu berücksichtigen sei, da Kinder an den jeweiligen Einkommensverhältnissen ihrer Eltern teilhaben und es deshalb auf deren tatsächliches Einkomme ankomme. Diesem Gedanken folgt das OLG jedoch nur dann, wenn der neue Ehegatte als gleichberechtigter Unterhaltsberechtigter neben dem Kind aus früherer Ehe zu berücksichtigen ist. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1582 BGB muss nach Ansicht des OLG wegen des Vorrangs des früheren Ehegatten berücksichtigt werden, dass eine steuerliche Entlastung in die Unterhaltsberechnung einfließt, ohne dass gleichzeitig die damit verbundene Belastung berücksichtigt wird. Dieser Umstand steht nach der Auffassung des OLG der Rechtsprechung des BGH entgegen, wonach eine fiktive Steuerlast dann in Ansatz zu bringen sei, wenn sich tatsächliche Aufwendungen steuermindernd auswirken, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind (BGH a.a.O.).
Die Zuordnung des Grundfreibetrages des neuen Ehegatten i.H.v. 7.664,00 EUR jährlich zum Einkommen des Unterhaltsverpflichteten sichere das Existenzminimum auch des neuen Ehegatten. Die Berücksichtigung des Splittingvorteils bei der Bestimmung des Kindesunterhalts verletze deshalb des verfassungsrechtlich gewährten Schutz der neuen Ehe.
Zum Familienzuschlag hat das OLG die Auffassung vertreten, dieser werde bereits durch die Unterhaltspflicht gegenüber dem geschiedenen Ehegatten ausgelöst, er sei deshalb bereits bei der Bestimmung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten zu berücksichtigen.
Hinweis
Folgt man der Rechtsprechung des OLG, muss zunächst geprüft werden, ob ein Mangelfall i.S.d. § 1582 BGB sowie § 1609 Abs. 1, 2 BGB vorliegt. Danach ist aus der Düsseldorfer Tabelle aus dem Einkommen auf der Grundlage des steuerlichen Grundtarifs der Bedarf zu ermitteln, sofern nicht im Rahmen der Mangelfallberechnung das Exstenzminimum zur Anteilsberechnung einzustellen ist. Diese Einkommenshöhe ist auch in die Mangelfallberechnung zu übernehmen. Macht der Unterhaltsverpflichtete die Steuerentlastung aus dem begrenzten Realsplitting nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG geltend, ist der hieraus resultierende steuerliche Vorteil bei der Bestimmung des Kindesunterhalts zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt, wenn der gegenüber einem Kind Unterhaltsverpflichtete mit dessen Mutter nicht verheiratet ist, im Fall der Geltendmachung außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a EStG.
Link zur Entscheidung
OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 31.01.2006, 12 UF 91/05