Zusammenfassung
Sowohl die materielle Wirksamkeit einer Schiedsabrede als auch die wirksame Einbeziehung einer in AGB enthaltenen Schiedsklausel können sich nach UN-Kaufrecht richten. Wird für einen Vertrag eine Rechtswahl getroffen, erstreckt diese sich nicht zwangsläufig auch auf die Schiedsklausel.
Hintergrund
Der BGH sorgte mit seiner Entscheidung vom 26.11.2020 für Rechtssicherheit in der umstrittenen Frage, ob und inwieweit das UN-Kaufrecht (CISG) auf Schiedsvereinbarungen Anwendung findet. Er befasste sich mit den formalen Anforderungen an die wirksame Vereinbarung einer Schiedsklausel sowie den Voraussetzungen für die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Anwendungsbericht des CISG. In diesem Zusammenhang bestätigte der BGH die Grundsätze seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung, wonach AGB nach UN-Kaufrecht übersandt oder anderweitig zugänglich gemacht werden müssen, damit diese Vertragsbestandteil werden. Anders als nach deutschem Recht reicht die bloße Möglichkeit zur Kenntnisnahme, etwa über einen Verweis auf die auf der Homepage abrufbaren AGB des Verkäufers nicht aus. Dies wird in besonderer Weise relevant, wenn die AGB eine Schiedsklausel enthalten. Offen lässt der BGH die Frage, ob und inwieweit die von den Parteien in einem Vertrag getroffene Rechtswahl auch das Recht vorgibt, das auf die Schiedsabrede anwendbar ist (sog. Schiedsstatut). Diese Frage beantwortet die französische Cour de cassation in ihrer Entscheidung vom 28.9.2022 und beurteilt die Wirksamkeit der Schiedsklausel – entgegen der in derselben Sache ebenfalls befassten englischen Gerichte – auf der Grundlage französischer Sachnormen.
Kurzwiedergabe des Sachverhaltes
Der BGH hatte über die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO zu entscheiden. Danach kann die beklagte Partei bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung vor einem staatlichen Gericht rügen, dass die Klage unzulässig ist, da eine Schiedsvereinbarung den Rechtsstreit einem Schiedsgericht zur Entscheidung zuweist.
Die Parteien, Unternehmen mit Sitz in Deutschland und den Niederlanden, stritten um Schadensersatzansprüche aus einem Kaufvertrag über Waren. Der Vertrag kam auf der Basis von Bestellungen der Käuferin und einem als "Verkaufskontrakt" überschriebenen Schreiben zustande, mit dem die Verkäuferin, eine Gewürzhändlerin mit Sitz in den Niederlanden, die Bestellungen bestätigte. Das Bestätigungsschreiben enthielt einen Hinweis, dass alle Verkäufe und Verträge den Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen ("AGB") unterliegen. Die AGB waren der Käuferin jedoch nicht übersandt worden. Auch die Verbandsbedingungen der Niederländischen Vereinigung für Gewürzhandel ("NVS-Bedingungen") waren nicht beigefügt. Die NVS-Bedingungen enthielten eine Rechtswahl zu Gunsten des niederländischen Rechts unter Ausschluss des UN-Kaufrechts sowie eine Schiedsklausel zugunsten eines Schiedsgerichts des niederländischen Verbandes in Amsterdam.
Das Landgericht hatte ein Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren erlassen, gegen das die Beklagte Einspruch einlegte. In der Einspruchsschrift erhob die Beklagte die Schiedseinrede. Das Landgericht wies daraufhin die Klage mit der Begründung als unzulässig ab, die in den NVS-Bedingungen enthaltene Schiedsklausel sei wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Dagegen legte die Klägerin Berufung ein. Das Berufungsgericht kam zum Ergebnis, dass die Einrede der Schiedsvereinbarung unbegründet, die Klage vor dem Landgericht somit zulässig sei und verwies den Rechtsstreit zurück an das Landgericht. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision zum BGH begehrte die Beklagte die Aufrechterhaltung des klageabweisenden Urteils des Landgerichts.
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Der BGH entschied, dass die Klage vor dem Landgericht zulässig sei. Die Beklagte könne sich nicht auf die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO berufen, da die Schiedsvereinbarung nicht wirksam zustande gekommen sei. Nach § 1025 Abs. 2 ZPO ist § 1032 ZPO auch im vorliegenden Fall anwendbar, in dem der Schiedsort im Ausland liegt, hier in den Niederlanden.
Erhebung der Schiedseinrede bis vor Beginn der mündlichen Verhandlung
Die Schiedseinrede sei auch rechtzeitig, noch vor Beginn der mündlichen Verhandlung erhoben worden. Durch den Einspruch gegen das Versäumnisurteil sei das Verfahren in den Stand vor der Säumnis der Beklagten versetzt worden. Die in der Einspruchsschrift erstmals erhobene Einrede des Schiedsvertrags sei damit nicht nach § 1032 Abs. 1 ZPO verspätet und nicht präkludiert. Die Einrede müsse nicht bereits während der Frist zur Klageerwiderung erhoben werden.
Anforderungen an die Form einer Schiedsvereinbarung
Nach Art. II Abs. 1 des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüch...