Leitsatz
Mit Beschluss vom 01.03.2007 hat das OLG Celle im Einklang mit der gängigen BGH Rechtsprechung (vgl. BGH v. 10.12.2002, XI ZR 82/02, MDR 2003, 342, 343) eine Anwendbarkeit der Rechtsprechung zur Wirksamkeit von Bürgschaftserklärungen naher Angehöriger für GmbH-Gesellschafter grundsätzlich abgelehnt und daher die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 1 BGB verneint und klargestellt, dass die Erweiterung einer Bürgschaftsverpflichtung für den GmbH- Gesellschafter keine Fremddisposition im Sinne des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB darstellt.
Dabei hatte die Bürgin - als 50 % Gesellschafterin der D-GmbH - sich bis zu einem Höchstbetrag von 200.000 DM zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin, die D-GmbH, verbürgt.
Hinweis
Eine Bürgschaftserklärung eines 50%igen Gesellschafters ist auch dann wirksam, wenn es sich um einen mit einem Gesellschafter emotional verbundenen Bürgen handelt, der durch die Bürgschaft finanziell überfordert wird. Dies steht nicht im Widerspruch zu der inzwischen übereinstimmenden Rechtsprechung des IX. und des XI. Zivilsenats (statt aller BGH v. 10.12.2002, XI ZR 82/02, MDR 2003, 342). Danach hängt die Anwendung des § 138 Abs. 1 BGB auf von Kreditinstituten mit privaten Sicherungsgebern geschlossenen Bürgschaftserklärungen entscheidend von dem Verhältnis zwischen dem Verpflichtungsumfang einerseits und der finanziellen Leistungsfähigkeit des dem Hauptschuldner emotional verbundenen Bürgens andererseits ab. Demnach sind Bürgschaftsverträge unwirksam, wenn sie erkennbarer Ausdruck einer strukturellen Unterlegenheit des Bürgen sind und mit seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen unvereinbare Belastungen begründen. Dies wird jedenfalls in den Fällen bejaht, in denen der Bürge sich aus emotionaler Verbundenheit zum Hauptschuldner verbürgt und im Bürgschaftsfall nicht einmal in der Lage ist, die laufenden Zinsen der Hauptschuld mit Hilfe des pfändbaren Teils seines Vermögens und Einkommens zu tragen. In diesem Fall muss das wirtschaftliche Interesse der Bank an der Bürgschaft zurückstehen.
Diese Grundsätze gelten jedoch für Bürgschaftserklärungen von GmbH-Gesellschaftern für Verbindlichkeiten der GmbH grundsätzlich nicht. So soll die gängige Bankenpraxis bei der Gewährung von Geschäftskrediten, Bürgschaften von Mitgesellschaftern zu verlangen, von dieser Rechtsprechung nicht berührt werden. Daher können weder die finanzielle Überforderung noch seine emotionale Verbundenheit mit einem Gesellschafter die Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB begründen. Davon sind wiederum zwei Ausnahmefälle betroffen, bei denen die emotionale Verbundenheit des Bürgen gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Bank andererseits deutlich überwiegt.
- So gilt erstens ausnahmsweise dann etwas anderes, wenn dem Gesellschafter lediglich eine Splitter- oder Bagatellbeteiligung an der Gesellschaft zusteht, was jedenfalls dann nicht der Fall ist, wenn die Beteiligung 10% beträgt. Denn dem Umstand, dass eine 10%ige Beteiligung keine Splitter- oder Bagatellbeteiligung darstellt, trägt § 50 GmbHG Rechnung. Dort sind die Minderheitsrechte von Gesellschaftern ab einer Beteiligung von 10% normiert.
- Zweitens soll auch dann etwas anderes gelten, wenn dem Kreditinstitut klar ersichtlich ist, dass derjenige, der bürgen soll, die Stellung eines Gesellschafters ohne wirtschaftliche Interessen innehat, an der Gesellschaft finanziell nicht beteiligt ist und sich lediglich aus persönlicher Verbundenheit mit einer die GmbH wirtschaftlich beherrschenden Person verbürgt (vgl. BGH v. 15.1.2002, XI ZR 98/01, GmbHR 2002, 262 m. Anm. Emde = BGHReport 2002, 333 = MDR 2002, 468). Diese Ausnahmekonstellation dürfte in der Praxis kaum nachweisbar sein und daher eine untergeordnete Rolle spielen.
Weiterhin hält der BGH die Erstreckung einer Bürgschaft auf alle bestehenden künftigen Forderungen der Bank in einer vorformulierten Erklärung für unwirksam (vgl. BGH, ZIP 1995, 1244). Hintergrund dieser seit 1995 bestehenden Rechtsprechung ist die Tatsache, dass der Bürge grundsätzlich nicht erkennen kann, welche Ansprüche gegen den Hauptschuldner bestehen und der Bürge grundsätzlich auch keinen Einfluss darauf nehmen kann, ob und inwiefern der Hauptschuldner durch neue Kreditaufnahmen den Haftungsrahmen erweitert. Insofern sieht der BGH in der Erweiterung der Kredite eine dem Bürgen gegenüber unwirksame Fremddisposition im Sinne des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB (vgl. BGH v. 28.10.1999, IX ZR 364/97, NJW 2000, 658, 660). Eine solche Erweiterung führt aber im Einklang mit § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht zur Nichtigkeit, sondern zur Beschränkung auf den so genannten "Anlasskredit". Darunter versteht man sowohl die anlässlich der Bürgschaftserklärung eingegangen Kredite als auch die bereits bestehenden Verbindlichkeiten.
Die vom BGH entwickelte - in dem besprochenen Fall grundsätzlich einschlägige - Rechtsprechung passt aber auf Mitgesellschafter nicht, so dass eine Erweiterung von Krediten...