Leitsatz
Ob der Auftraggeber nach dem Ende des Mandats vom Steuerberater verlangen kann, dass dieser der Übertragung der von ihm bei der DATEV gespeicherten Daten auf einen anderen Steuerberater zustimmt, hängt davon ab, ob die Daten das vertraglich geschuldete Arbeitsergebnis enthalten oder ob es sich um dieses vorbereitende Arbeitsleistungen handelt.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter einer GmbH und verlangt von der Beklagten, der früheren Steuerberaterin der GmbH, gegenüber der DATEV zu erklären, dass alle die GmbH betreffenden DATEV-Konten und -Auswertungen auf einen von ihm benannten Steuerberater übertragen werden. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Der BGH hat die Sache an das LG zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen.
Entscheidung
Der Steuerberater muss seinem Mandanten alles herausgeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Tätigkeit erlangt. Denn er wird aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrags tätig. Es bestehen keine Bedenken dagegen, die Zustimmung zur Datenübertragung als Inhalt der Verpflichtung zur Herausgabe der vom Steuerberater bei einem Dritten gespeicherten Daten anzusehen. Zur Ausführung des Auftrags erhalten ist alles, was dem Beauftragten zwecks Geschäftsbesorgung zur Verfügung gestellt worden ist. Aus der Geschäftsbesorgung erlangt ist jeder Vorteil, den der Beauftragte aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat. Damit sind auch die vom Beauftragten über die Geschäftsbesorgung selbst angelegten Akten, sonstigen Unterlagen und Dateien – mit Ausnahme von privaten Aufzeichnungen – herauszugeben.
Anders verhält es sich jedoch mit dem vertraglich geschuldeten Arbeitsergebnis des Steuerberaters, das die GmbH zur Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten benötigte und das die Berufsangehörige aus dem Steuerberatervertrag schuldete. Denn das vertraglich geschuldete Arbeitsergebnis steht im Austauschverhältnis des gegenseitigen Vertrags. Es ist nicht erlangt, sondern Gegenstand des vertraglichen Erfüllungsanspruchs. Bei den der DATEV übermittelten Datenbeständen kann es sich um körperlich erfassbare Arbeitsergebnisse handeln. Für die rechtliche Beurteilung ist es ohne Belang, ob die Beklagte die Schuldnerin allgemein steuerlich beraten hat.
Nach dem Parteivortrag führte die Beklagte für die Schuldnerin die gesamte Buchführung und die Jahresabschlussarbeiten durch. Wenn daher die bei der DATEV abgespeicherten Daten unmittelbar Bestandteil der Buchführung oder der Jahresabschlussarbeiten sind, hat der Kläger keinen Anspruch auf deren Herausgabe. Das gilt auch dann, wenn es sich um zur Sicherung der Daten angelegte Doppel der bei der Beklagten vorhandenen Datenbestände handeln sollte. Denn das vertraglich geschuldete Arbeitsergebnis kann auch der Insolvenzverwalter nicht einfach – ohne Gegenleistung – zur Masse ziehen.
Soweit es sich hingegen um von der Steuerberaterin eingegebene Daten handelt, die ihr von der GmbH zur Verfügung gestellt worden sind, besteht der Anspruch auf Zustimmung zur Datenübertragung. Sofern die Beklagte die von der Schuldnerin gelieferten Daten und Unterlagen ausgewertet und für die noch zu leistende eigentliche Buchführung geordnet und rechnerisch aufbereitet hat, handelt es sich noch nicht um das vertraglich geschuldete Arbeitsergebnis selbst. Vielmehr wird dieses durch Systematisierung und Weiterverarbeitung der gelieferten "Rohdaten" erst vorbereitet.
Das LG wird diesen Aspekt anhand der konkreten vertraglichen Vereinbarungen weiter aufklären müssen.
Praxishinweis
Die Entscheidung dokumentiert wiederum, wie sorgfältig der Berufsangehörige auf die vertragliche Konkretisierung seiner Tätigkeiten achten muss, um Auslegungsprobleme zu vermeiden. Darüber hinaus steht dem Steuerberater selbstverständlich auch das Zurückbehaltungsrecht nach § 66 Abs. 4 StBerG zu.
Link zur Entscheidung
BGH-Urteil vom 11.3.2004, IX ZR 178/03