Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 WEG, § 140 BGB
Kommentar
1. Eine Bestimmung der Teilungserklärung, dass die Innenfenster und Innentüren der im Sondereigentum stehenden Räume zum Sondereigentum gehören, bezieht sich nach ihrem Sinn und ihrer nächstliegenden Bedeutung nur auf die Innenfenster und -türen mit selbstständigem, gesondert zu öffnendem Rahmen (echte Doppelfenster usw.). Eine solche Bestimmung ist als wirksam zu betrachten.
Fenster und Türen sind ansonsten, soweit sie nach außen oder zum gemeinschaftlichen Eigentum hin gerichtet sind, gem. § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WEG grundsätzlich zwingend gemeinschaftliches Eigentum (herrschende Rechtsmeinung). Ihre Instandhaltung und Instandsetzung obliegt dann gem. § 16 Abs. 2 WEG, § 21 Abs. 1 und Abs. 5 Nr. 2 WEG auch den Eigentümern gemeinschaftlich. Sondereigentum können nach der in Rechtsprechung und Literatur überwiegend vertretenen Meinung nur die Innenrahmen und Innenscheiben bei echten Doppelfenstern mit trennbarem Rahmen sein; nicht zu verstehen sind darunter die Innenseiten einheitlicher Fenster- oder Türkonstruktionen.
2. Die nichtige Bestimmung einer Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung kann jedoch im Einzelfall in eine andere, wirksame Regelung nach § 140 BGB grundsätzlich umgedeutet werden (vgl. z.B. OLG Hamm, NJW-RR 1992, 148 und OLG Düsseldorf, ZMR 1998, 304). Diese darf in ihren rechtlichen Wirkungen jedoch nicht weiterreichen als die unwirksame Bestimmung. Daher kann eine Regelung mit dem oben wiedergegebenen Inhalt ("... gehören zum Sondereigentum insbesondere auch die Innenfenster und Innentüren der im Sondereigentum stehenden Räume ..."), ihre Nichtigkeit unterstellt, nicht in eine Regelung umgedeutet werden, dass den einzelnen Wohnungseigentümern die Instandhaltung und Instandsetzung der in ihrem Sondereigentumsbereich gelegenen Fenster und Türen insgesamt obliegt (wie hier gesondert beschlossen und mit Erfolg angefochten). Anders als in den genannten Entscheidungen des OLG Hamm und des OLG Düsseldorf wurden hier durch den angefochtenen Beschluss nicht die ganzen Fenster einschließlich der Außenfenster und der Außenseiten als Sondereigentum bestimmt, sondern nur die Innenfenster und Innentüren. Nur insoweit käme eine Umdeutung in die Auferlegung der Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten auf die einzelnen Eigentümer in Frage. Denn ein "Ersatzgeschäft" darf in seinen rechtlichen Wirkungen nicht weiterreichen als das unwirksame Rechtsgeschäft (BGHZ 19, 269/275; BGH, NJW 1963, 339). Der Eigentümerbeschluss geht somit im vorliegenden Fall inhaltlich über die - sei es wirksame, sei es nichtige und umdeutungsfähige - Bestimmung der Teilungserklärung hinaus. Darauf, ob es zweckmäßig wäre, die Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster und Türen sowie deren Kosten den einzelnen Eigentümern aufzuerlegen, wie dies bisher in der Gemeinschaft gehandhabt wurde, kommt es nicht entscheidend an. Für die gesetzliche Regelung spricht insoweit jedenfalls, dass das einheitliche Bild einer Fassade leicht entstellt werden kann, wenn jeder Eigentümer für die Fenster im Bereich seines Sondereigentums selbst zuständig ist; dieser Gefahr kann auch durch die Bestimmung, dass es durch Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen nicht zu sichtbaren Veränderungen der äußeren Fassadengestaltung kommen darf, nicht in jedem Fall vorgebeugt werden.
3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung gesamtverbindlich zu Lasten der Antragsgegner im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 5.000,-
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 21.12.1999, 2Z BR 115/99)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Mit dieser Entscheidung wurde erneut zur streitigen Abgrenzung von Fenstereigentum (Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum) die h.R.M. bestätigt (vgl. auch ETW, G. 3, Unterabschnitt 2.2.2.3). Allenfalls bei Verbundfenstern alter Art mit trennbaren Innen- und Außen-Fensterflügeln könnte damit eine etwaige Vereinbarung zugeordneten Sondereigentums hinsichtlich des wohnungsinneren Flügels rechtsgültig sein und bleiben und damit auch bei etwaiger Sanierungs-Auftrags- bzw. Kostenverantwortlichkeit im Rahmen der Kostenverteilung Berücksichtigung finden. Auch zur Kostenverteilungs-Umdeutung im Anschluss an nichtige Zuordnungsvereinbarungen sollte nunmehr an die hier entschiedenen Einschränkungen gedacht werden, wobei ich nach wie vor grundsätzliche Rechtsbedenken gegen eine "unterstellende" Umdeutungs-Auslegung habe, sollten Ansatzpunkte hierfür nicht in einer Gemeinschaftsordnung erkennbar sein.