Leitsatz
Ob der Versicherungsnehmer nach Ablauf der Monatsfrist des § 13 Nr. 7 AKB durch eine freiwillige Rücknahme des Fahrzeugs auf seinen Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes verzichtet, ist eine Frage der Auslegung.
Normenkette
§ 13 Nr. 7 AKB
Sachverhalt
Dem Kl. war am 15.4.1995 ein von ihm geleaster Pkw entwendet worden, für den er von der Bekl. als Kaskoversicherer auf der Basis eines Neuwertpreises von rd. 170.000 DM netto Entschädigung verlangt. Auf die im Vorprozess im August 1995 eingereichte Teilklage über 70.000 DM hatte das LG die Bekl. verurteilt, diesen Betrag nebst Zinsen an die Leasinggeberin zu zahlen. Hiergegen legte die Bekl. Berufung ein. Im Januar 1996 hatten die Parteien erfahren, dass der gestohlene Pkw von der Polizei sichergestellt worden war. Ende August 1996 veräußerte die Leasinggeberin den Pkw mit Zustimmung der Bekl. zum Preis von rd. 37.400 DM netto. Daraufhin machte die Bekl. im Berufungsverfahren geltend, nunmehr sei der Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes entfallen, es bestehe nur noch Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten. Das Berufungsgericht (BG) ist dem gefolgt. Es hat in Höhe des Verwertungserlöses die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festgestellt, dem Kl. einen Reparaturkostenbetrag von 15.000 DM zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die Revision des Kl. führte zur Verurteilung der Bekl. in Höhe von 19.400 DM nebst Zinsen und im Übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das BG.
Entscheidung
I. Die unter Bezugnahme auf seine Entscheidung im Vorprozess vertretene Ansicht des BG, der Anspruch auf Ersatz des Wiederbeschaffungswertes sei dem Kl. Deshalb versagt, weil wegen der Rücknahme des Fahrzeugs durch die Leasinggeberin die Rechtsfolgen des § 13 Nr. 7 AKB eingetreten seien, hält - so der BGH - der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Revision rüge mit Recht, dass das BG bei dieser Beurteilung wesentlichen Prozessstoff außer Acht gelassen und anerkannte Auslegungsgrundsätze nicht beachtet habe.
1. Schon der Ausgangspunkt des BG, die Leasinggeberin habe durch ihr Verhalten im Zuge der Rücknahme des Fahrzeugs die Rechtsfolgen des § 13 Nr. 7 S. 1 AKB akzeptiert, beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis von der Reichweite dieser Klausel. Sie sei hier von vornherein nicht einschlägig, weil das entwendete Fahrzeug nicht innerhalb der darin genannten Monatsfrist wieder zur Stelle gebracht worden sei.
2. Es komme vielmehr, was das BG nicht hinreichend beachtet habe, darauf an, was die drei am Versicherungsvertrag Beteiligten oder in ihn Einbezogenen (Versicherungsnehmer und Leasinggeber einerseits, Versicherer andererseits) als Rechtsfolge der Rücknahme und Verwertung des Fahrzeugs durch die Leasinggeberin vereinbart haben.
a) Das sei eine Frage der Auslegung der Erklärung und des Verhaltens der Beteiligten unter Berücksichtigung der Umstände des Falles nach den § 157 BGB, § 133 BGB. Dabei sei auch der Grundsatz zu beachten, dass ein Verzicht auf Ansprüche nicht zu vermuten sei und an die Feststellung des Verzichtwillens und die Annahme eines Erlassvertrages vielmehr strenge Anforderungen zu stellen seien (BGH, Urteil v. 15.7.1997, VI ZR 142, 95 - r+s 97, 483 = VersR 98, 122 unter 2).
b) Bei Anwendung dieser Auslegungssätze habe die Bekl. nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte dem Verlangen der Kl. und der Leasinggeberin auf Rückübertragung des Fahrzeugs und Zustimmung zur Verwertung nicht entnehmen können, diese wollten damit auf den geltend gemachten und vom LG teilweise schon zuerkannten Anspruch auf Wertersatz verzichten und sich statt dessen mit dem Ersatz der Reparaturkosten begnügen. Nach den ausdrücklichen Erklärungen des Kl. und den gesamten Umständen der Verhandlungen über die Verwertung des Fahrzeugs sei vielmehr das Gegenteil der Fall. Mit der Entwendung des Fahrzeugs sei nicht nur der Versicherungsfall eingetreten gewesen, sondern auch der Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme nach Maßgabe von § 13 Abs. 1 AKB entstanden, lediglich die Fälligkeit dieses Anspruchs sei nach § 15 Abs. 1 S. 1 AKB bis zum Ablauf der Monatsfrist des § 13 Abs. 7 AKB hinausgeschoben gewesen. Insoweit komme es auf den Streit der Parteien, welche Fassung der AKB dem Vertrag zugrunde liege, nicht an. Von einem Verzicht des Kl. oder der Leasinggeberin auf Wertersatz sei in dem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten keine Rede. Der Kl. habe vielmehr von Anfang an ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er an einer Rückübereignung des Fahrzeugs nicht interessiert sei und der Anspruch auf Regulierung in vollem Umfang erhalten bleibe. Unter Hinweis auf die Leistungsverweigerung der Bekl. einerseits, die von ihm weiter zu zahlenden Leasingraten und den laufenden Wertverlust des herumstehenden Fahrzeugs andererseits, habe er die Bekl. aufgefordert, entweder das Fahrzeug oder einen etwaigen Werterlös an die Leasinggeberin herauszugeben. Dies sei auch für die Leasinggeberin der Grund für die Rücknahme und Verwertung des Fahrzeu...