Leitsatz
Ehegatten sind einander grundsätzlich verpflichtet, einer gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen. Etwas anderes kann gelten, wenn sich die Partner zu einer "Ehegatteninnengesellschaft" zusammengeschlossen haben.
Sachverhalt
Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner getrennt lebenden Ehefrau, einer gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen. Er möchte im Wege der gemeinsamen Veranlagung Verluste, die der Ehefrau aus deren Beteiligung an einer GbR entstanden sind, steuerlich mit seinen positiven Einkünften verrechnen. Die Ehefrau könne die Verlustzuweisungen steuerlich selbst nicht verwenden; eine Steuerbelastung wegen von ihr erwarteter künftiger Einnahmen könne sie zudem mit einem Verlustvortrag aus Vermietung und Verpachtung eigener Immobilien ausgleichen. Im Übrigen hat der Kläger sich bereit erklärt, der Beklagten finanzielle Nachteile, die sich eventuell aus der gemeinsamen Veranlagung ergeben könnten, zu erstatten. Die Beklagte möchte einer gemeinsamen Veranlagung nur zustimmen, wenn der Kläger ihr in Höhe der Steuerersparnis, die sie aufgrund dieser Verluste künftig maximal erzielen könnte, Sicherheiten gewährt. Vor dem OLG war der Kläger unterlegen. Mit seiner Revision hat er jetzt die Zurückverweisung der Sache erreicht.
Entscheidung
Der BGH bejaht in ständiger Rechtsprechung die aus § 1353 BGB folgende Verpflichtung eines Ehegatten, einer vom anderen Ehegatten gewünschten gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen. Voraussetzung hierfür ist, dass dadurch die Steuerschuld des anderen Ehegatten verringert und der zustimmungspflichtige Ehegatte keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Eventuelle wirtschaftliche Nachteile muss der begünstigte Ehegatte intern ausgleichen.
Für diese Überlegungen ist aber dann kein Raum, wenn die Ehegatten ausdrücklich oder konkludent eine vertragliche Vereinbarung zu der Frage getroffen haben, ob sie aus gemeinsamen Vermögensanlagen oder steuerlichen Veranlagungen – über die "normalen" ehelichen Wirtschaftsbeziehungen hinaus – besondere wirtschaftliche Vorteile ziehen wollen. Dann kann eine Ehegatteninnengesellschaft gegeben sein, bei der sich die Beziehungen der Ehepartner zueinander allein nach gesellschaftsrechtlichen Grundlagen richten. Ein Anspruch, einer gemeinsamen Veranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen, kann sich dann schon aus der Verpflichtung der Ehefrau ergeben, an der Erreichung dieses gemeinsamen Gesellschaftszwecks mitzuwirken.
Die Voraussetzungen einer solchen Ehegatteninnengesellschaft hat der BGH in einer Grundsatzentscheidung im Einzelnen dargelegt. Danach kommt es maßgeblich darauf an, welche Zielvorstellungen die Ehegatten mit der Vermögensbildung verfolgen. Notwendig ist insbesondere, dass sie einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck erreichen wollen und dass das gemeinsam geschaffene Vermögen beiden Ehepartner wirtschaftlich zustehen soll. Indizien für eine solche Zusammenarbeit der Ehegatten ergeben sich aus Planung, Umfang und Dauer der Vermögensbildung sowie aus Absprachen über die Verwendung und Wiederanlage erzielter Erträge.
Eine gleichgeordnete Mitarbeit beider ist nicht zwingend notwendig, solange nur ein Partner für die Gesellschaft einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag leistet. Nach Auffassung des BGH hat das OLG insoweit keine ausreichenden Feststellungen getroffen, weshalb er eine erneute Tatsachenverhandlung als notwendig ansah.
Praxishinweis
Bei einer Ehegatteninnengesellschaft hat der zustimmungspflichtige Partner nicht stets einen Anspruch auf Ausgleich etwaiger steuerlicher Nachteile, die ihm aus der Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung erwachsen können. In diesem Zusammenhang kommt es vor allem auf die Absprachen der Beteiligten im Einzelfall an, die unter Umständen auch nach Sinn und Zweck der zwischen den Ehepartner getroffenen Vereinbarungen ausgelegt werden müssen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 25.06.2003, XII ZR 161/01