Leitsatz
Ein minderjähriges Kind, das seit Dezember 2002 in dem Haushalt seines Vaters lebte, nahm seine Mutter auf Zahlung rückständigen und laufenden Kindesunterhalts in Anspruch. Erstinstanzlich wurde die Beklagte zur Zahlung rückständigen Unterhalts für den Zeitraum von April 2003 bis März 2005 in Höhe von 1.067,00 EUR sowie zur Zahlung laufenden Unterhalts ab April 2005 i.H.v. 34,00 EUR verurteilt. Darüber hinaus wurde die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragte, ihm für eine beabsichtigte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Mit seinem Rechtsmittel verfolgte er die Zahlung rückständigen Unterhalts für Januar 2003 bis August 2006 weiter sowie die Zahlung laufenden Unterhalts ab September 2005.
Dem Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde nur insoweit stattgegeben, als er rückständigen Unterhalt i.H.v. 5.538,00 EUR für den Zeitraum von September 2003 bis Juni 2006 verlangte. Darüber hinaus wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Ebenso wie das erstinstanzliche Gericht vertrat auch das OLG die Auffassung, dass der Beklagten frühestens ab April 2003 die Aufnahme einer Nebentätigkeit neben der von ihr ausgeübten Teilzeitbeschäftigung zuzumuten war. Im Hinblick darauf, dass der Kläger erst im Dezember 2002 in den Haushalt seines Vaters umgezogen sei, sei ihr eine gewisse Übergangsfrist einzuräumen gewesen.
Ab April 2003 habe ihr ein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 661,73 EUR zur Verfügung gestanden. Neben einem fiktiven Einkommen i.H.v. 400,00 EUR könne ihr nicht ein weiteres fiktives Einkommen zugerechnet werden. Hierbei sei vor allem zu berücksichtigen, dass es sich um die Aufnahme einer Nebentätigkeit handele. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass hierfür mehr als 400,00 EUR monatlich fiktiv anzusetzen wären. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis zum 1.5.2003 geendet habe. Die Möglichkeit der Aufnahme einer Nebentätigkeit in diesem Umfang erscheine deshalb, da es sich um eine Halbtagsstelle handeln würde, unrealistisch.
Es habe daher bei dem Einkommen der Beklagten i.H.v. 664,13 EUR zuzüglich 400,00 EUR, somit insgesamt 1.064,13 EUR zu verbleiben. Hiervon seien die berufsbedingten Aufwendungen für eine Monatskarte i.H.v. 42,00 EUR in Abzug zu bringen, so dass ein Betrag von 1.022,13 EUR verbleibe. Der zu diesem Zeitpunkt nach den Unterhaltsleitlinien des OLG Köln anzusetzende Selbstbehalt habe 840,00 EUR betragen, so dass der Beklagten monatlich 182,00 EUR verblieben. Zu diesem Zeitpunkt sei der Selbstbehalt noch nicht zu reduzieren, da die Beklagte nachvollziehbar vorgetragen habe, dass sie erst ab September 2003 mit ihrem Lebensgefährten zusammengezogen sei.
Die aufgestellte Berechnung gelte auch für den Zeitraum von Mai 2003 bis August 2003, in dem die Beklagte ohne Beschäftigung gewesen sei. Für diesen Zeitraum sei ihr ein fiktives Einkommen in Anlehnung an das zuletzt erzielte Einkommen mit den dort vorzunehmenden Abzügen anzurechnen.
Hinsichtlich des von dem Kläger in der Berufungsinstanz weiterhin verfolgten Unterhaltsrückstandes für den Zeitraum von April 2003 bis August 2003 sah das OLG keine Aussicht auf Erfolg.
Die Beklagte sei seinerzeit im Schichtbetrieb tätig gewesen und habe in drei Schichten ihre Arbeitskraft anbieten müssen. Die Schichten hätten täglich gewechselt. Es sei allenfalls ein fiktives Einkommen aus Nebentätigkeit von 300,00 EUR anzurechnen. Das OLG wies insoweit darauf hin, dass die Verpflichtung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit auch wieder entfallen könne. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit neben einer vollschichtigen Wechselschichtarbeit erscheine - wenn praktisch überhaupt zu realisieren - nicht zumutbar.
Eine Kürzung des Selbstbehalts der Beklagten wegen des Zusammenlebens mit einem neuen Lebensgefährten hielt das OLG nur i.H.v. 10 % für gerechtfertigt, da der Lebensgefährte der Beklagten arbeitslos sei. Insoweit wies es darauf hin, dass bei fehlendem Einkommen des Lebensgefährten eine Ersparnis und damit Kürzung des Selbstbehalts auch ganz entfallen könne.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 15.12.2006, 23 UF 585/06