Leitsatz

Der Mutter eines am 22.8.2008 nichtehelich geborenen Kindes war mit Beschluss vom 4.9.2008 einstweilen das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und auf einen Pfleger übertragen worden. Das Kind war durch das zuständige Jugendamt in Obhut genommen worden. Ein weiteres Kind der Mutter lebte in einem Pflegeheim. Mit Beschluss vom 2.10.2009 hat das FamG - wiederum im Wege der einstweiligen Anordnung - der Mutter die Personensorge für das am 22.8.2008 geborene Kind entzogen und auf einen Pfleger übertragen.

Hiergegen wandte sich die Mutter mit der sofortigen Beschwerde.

Ihr Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG vertrat die Auffassung, das FamG habe der Kindesmutter zu Recht (vorläufig) die Personensorge für das Kind entzogen. Die bereits am 4.9.2008 erlassene einstweilige Anordnung, wonach ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen worden sei, habe sich als nicht ausreichend erwiesen.

Werde das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und seien die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so habe das FamG die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich seien. Dies sei hier hinsichtlich des - vorläufig - entzogenen Personensorgerechts der Fall. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG garantiere den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder, die damit primär in ihrer Verantwortung liege. Diese primäre Entscheidungszuständigkeit der Eltern beruhe auf der Erwägung, dass die Interessen des Kindes am besten von den Eltern wahrgenommen würden. Nicht jedes Versagen und nicht jede Nachlässigkeit der Eltern berechtige den Staat auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG zukommenden Wächteramtes, die Eltern von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschalten oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen. Das elterliche Fehlverhalten müsse vielmehr ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet werde (BVerfG, FamRZ 2008, 1472, 1473).

Im vorliegenden Fall ergebe sich aus einem Gutachten vom 30.3.2009, dass die Mutter an einer schizotypen Störung leide, ohne dass eine Krankheits- oder Behandlungseinsicht gegeben sei. In diesem Gutachten werde weiter festgehalten, dass die Mutter nicht bereit sei, weitere Hilfen der Familienpflege anzunehmen. Die im Gutachten angedachte Möglichkeit einer ambulanten psychiatrischen Behandlung sei von ihr nicht weiter verfolgt worden.

Das Verhalten der Kindesmutter sei völlig inadäquat und geeignet, die Gesundheit des Kindes nachhaltig zu gefährden. Es könne daher nicht verantwortet werden, das Kind länger in ihrer Obhut zu belassen.

Andere Maßnahmen, mit welchem die Trennung des Kindes von der Familie vermieden werden könnten, seien nicht ersichtlich. Insbesondere reiche für die Anträge, die zur Aufnahme in eine Pflegefamilie erforderlich seien, die Entziehung des Aufenthaltsbestimmungsrechts allein nicht aus.

 

Link zur Entscheidung

OLG Stuttgart, Beschluss vom 29.10.2009, 17 WF 235/09

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