Leitsatz
Der aus dem Gebot der Rechtsmittelklarheit abgeleitete Grundsatz, dass der vor dem Amtsgericht unbestritten gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer Partei in der Berufungsinstanz ungeprüft zugrunde zu legen ist, gilt auch dann, wenn der Rechtsmittelführer in der Berufungsinstanz einen anderen (zusätzlichen) eigenen Wohnsitz angibt als im Verfahren vor dem Amtsgericht (im Anschluss an BGH, Beschluss v. 28.1.2004, VIII ZB 66/03, NJW-RR 2004, 1073).
Normenkette
GVG § 119 Abs. 1 Nr. 1
Kommentar
Der Kläger hatte den Beklagten vor dem Amtsgericht auf Herausgabe einer Maschine in Anspruch genommen. Hierbei hatte der Kläger mitgeteilt, dass er seinen Wohnsitz im Iran habe. Der Beklagte hat dies nicht bestritten. Gegen das klageabweisende Urteil hat der Kläger Berufung zum Landgericht eingelegt. Dieses hat den Kläger darauf hingewiesen, dass für die Berufung gem. § 119 GVG das Oberlandesgericht zuständig sei. Daraufhin hat der Kläger geltend gemacht, dass er noch einen zweiten Wohnsitz in Deutschland besitze. Es war zu entscheiden, ob dieses nachträgliche Vorbringen berücksichtigt werden kann.
Dies wird vom BGH verneint: Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG ist für eine Berufung gegen ein Urteil des Amtsgerichts das Oberlandesgericht zuständig, wenn eine Partei ihren allgemeinen Gerichtsstand im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in erster Instanz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes hatte. Die Vorschrift des § 119 GVG ist jedoch nur anwendbar, wenn die Partei über keinen inländischen Wohnsitz verfügt. Hat eine Partei sowohl einen inländischen als auch einen ausländischen Wohnsitz, so gelten für das Berufungsverfahren die allgemeinen Zuständigkeitsregeln (zuletzt: BGH, Beschluss v. 27.6.2007, XII ZB 114/06). Danach ist für das Berufungsverfahren das Landgericht zuständig.
Der BGH hat bereits mit Beschluss vom 28.1.2004 (VIII ZB 66/03) entschieden, dass der vor dem Amtsgericht unbestritten gebliebene inländische oder ausländische Wohnsitz einer Partei in der Berufungsinstanz ungeprüft zugrunde zu legen ist. Maßgeblich hierfür ist der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit. Der spätere Berufungsführer muss bereits beim Abschluss der ersten Instanz wissen, bei welchem Gericht die Berufung einzulegen ist. Mit diesem Grundsatz steht es nicht im Einklang, wenn erst im Berufungsverfahren ein weiterer Gerichtsstand behauptet wird. An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss v. 27.6.2007, XII ZB 114/06