Leitsatz

Vormundschaftsgericht und FamG hielten sich für das gerichtliche Genehmigungsverfahren zur Unterbringung eines minderjährigen Kindes für funktionell unzuständig, so dass das Hanseatische OLG eine Zuständigkeitsbestimmung entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu treffen hatte.

 

Sachverhalt

Für ein minderjähriges nichteheliches geborenes Kind bestand eine Pflegschaft, die mit Beschluss vom 5.4.1993 durch das Vormundschaftsgericht aufgehoben wurde. Damit übte die Mutter die elterliche Sorge für ihr Kind alleine aus.

Mit Beschluss vom 27.4.2004 richtete das FamG für die betroffene Jugendliche eine Pflegschaft mit dem Wirkungskreis Aufenthaltsbestimmungs- und Erziehungsrecht ein. Die Beteiligte zu 2. wurde zur Pflegerin ausgewählt. Ihre Bestellung erfolgte am 26.8.2004.

Mit Schreiben vom 2.5.2007 beantragte die Beteiligte zu 2. beim AG - Vormundschaftsgericht - die Unterbringung der betroffenen Jugendlichen in einer geschlossenen Einrichtung der Jugendhilfe für zunächst sechs Monate gerichtlich zu genehmigen.

Sowohl das Vormundschaftsgericht als auch das FamG erklärten sich für funktionell unzuständig, so dass das OLG entsprechend § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO eine Zuständigkeitsbestimmung zu treffen hatte.

 

Entscheidung

Das OLG hielt das FamG gemäß den §§ 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 1361b BGB für zuständig, da es sich bei dem Antrag der Pflegerin um eine Familiensache handele.

Insoweit gab der Senat seine früher vertretene Rechtsauffassung auf und hielt für die Entscheidung eines Unterbringungsantrages des Vormundes oder Pflegers für ein minderjähriges Kind das FamG für funktionell zuständig.

In seiner Begründung nahm das OLG Bezug auf die Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzesentwurf des Kindschaftsreformgesetzes des Bundestages, in dem ausgeführt sei, dass im Bereich der elterlichen Sorge im Wesentlichen die noch beim Vormundschaftsgericht bestehenden Zuständigkeiten auf das FamG übertragen werden sollten. Demgegenüber solle für die Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen bei Unterbringung eines Kindes nach § 1361b und für bestimmte Rechtsgeschäfte die Genehmigungszuständigkeit beim Vormundschaftsgericht verbleiben. Eine solche Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts in Teilbereichen mit den daraus sich ergebenden Abgrenzungsproblemen zur Zuständigkeit des FamG sei sachlich nicht geboten. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das FamG einerseits bei Gefahr für das Kindeswohl alle erforderlichen Maßnahmen als auch Einzelmaßnahmen treffen könne, während die auch zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung vorgesehenen Genehmigungs- und Überwachungsfunktionen für bestimmte Einzelgeschäfte und Handlungen der sorgeberechtigten Eltern weiterhin vom Vormundschaftsgericht getroffen werden sollten.

Sachlich sei es vielmehr erforderlich, alle mit den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern zusammenhängenden Fragen, insbesondere diejenigen Fragen, die mit der Ausübung der elterlichen Sorge im Einzelnen zusammenhängen, dem FamG zu übertragen.

Im Bereich der elterlichen Sorge solle eine nebeneinander bestehende Zuständigkeit des FamG und des Vormundschaftsgerichts vollständig aufgegeben werden. Diese Erwägungen gälten neben dem vermögensrechtlichen Bereich insbesondere für die Genehmigung von Unterbringungen.

Weiterhin habe der Bundesrat ausgeführt:

Die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden sei, bedürfe gem. § 1631b BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Da die Unterbringungsmaßnahmen häufig mit Maßnahmen nach § 1666 BGB in Verbindung ständen, die in die Zuständigkeit des FamG fielen, erscheine es wegen des Sachzusammenhangs angemessen, dem FamG auch die Zuständigkeit für die Genehmigung einer Unterbringung nach § 1631b BGB zuzuweisen.

Aus den Ausführungen werde deutlich, dass der Wille des Gesetzgebers dahin gegangen sei, das gerichtliche Genehmigungsverfahren zur Unterbringung minderjähriger Kinder dem FamG zuzuweisen unabhängig davon, ob die elterliche Sorge für das Kind von den Eltern oder einem Vormund oder Pfleger ausgeübt werde (so im Ergebnis auch Zöller/Philippi 26. Aufl. Rz. 33a zu § 621 ZPO; Keidel/Kayser, FGG, 15. Aufl. rz. 3 zu § 70 FGG; Staudinger/Salgo (2002) Rz. 32 zu § 1631b BGB).

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamburg, Beschluss vom 29.05.2007, 2 AR 5/07

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