Leitsatz
In diesem Verfahren war das OLG gem. § 5 FGG zur Bestimmung des örtlich zuständigen AG für ein Adoptionsverfahren berufen, nachdem das AG Essen die Akten an das AG Hamm abgegeben und das AG Hamm die Übernahme der Sache abgelehnt hatte.
Sachverhalt
Das anzunehmende Kind war aus der ersten Ehe seiner Mutter, der Beteiligten zu 2), mit deren am 3.3.2001 verstorbenen Ehemann hervorgegangen. Das Kind hatte ebenso wie seine Mutter die ukrainische Staatsangehörigkeit. Der Beteiligte zu 3) - deutscher Staatsangehöriger mit polnischer Abstammung - und die Beteiligte zu 2) haben am 16.1.2002 geheiratet und ihren gemeinsamen dauernden Aufenthalt in Deutschland. Seit ihrer Eheschließung lebte das anzunehmende Kind in ihrem Haushalt. Der Beteiligte zu 3) hat in notarieller Urkunde vom 18.8.2005 mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) und 2) beantragt, die Annahme der Beteiligten zu 1) als Kind auszusprechen.
Das AG Essen hat die Akten an das AG Hamm im Hinblick auf die Annahme einer dort gegebenen örtlichen Zuständigkeit nach §§ 2 und 5 AdWirkG abgegeben. Das AG Hamm hat die Übernahme der Sache abgelehnt. Daraufhin hat der Richter des AG Essen die Sache dem OLG Hamm zur Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts vorgelegt.
Entscheidung
Das OLG hielt die örtliche Zuständigkeit des AG Hamm für begründet.
Nach der allgemeinen Vorschrift des § 43b Abs. 2 S. 1 FGG sei in Angelegenheiten, welche die Annahme eines Kindes betreffen, das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrages seinen Wohnsitz hatte. Danach wäre an sich das AG Essen zuständig, da der Annehmende in dessen Zuständigkeitsbereich wohne. Bei der Anwendung ausländischer Sachvorschriften richte sich die örtliche Zuständigkeit für die Annahme eines Kindes jedoch nach § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 des AdWirkG. Die darin vorgesehene Zuständigkeitskonzentration auf das AG, in dessen Bezirk das OLG seinen Sitz hat, gelte aber nur dann, wenn auf die Angelegenheit betreffend die Annahme des Kindes ausländische Sachvorschriften Anwendung fänden.
Da beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, sei gem. Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB als Ehewirkungsstatut deutsches Recht berufen. Daneben finde nach der ergänzenden kollisionsrechtlichen Sonderregelung des Art. 23 EGBGB für den statusverändernden Rechtsvorgang der Adoption zusätzlich auch ukrainisches Recht Anwendung, da Art. 23 EGBGB sich neben dem Adoptionsstatut zusätzlich auf das Personalstatut des betroffenen Kindes für die Notwendigkeit und die Erteilung der Zustimmung des Kindes oder einer Person, zu dem es in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, insbesondere eines Elternteils, berufe.
Das Zustimmungserfordernis des Kindes sowie seiner Eltern zur Adoption sei daher sowohl nach dem Adoptionsstatut als auch nach dem Personalstatut des Kindes zu erfüllen, d.h., es sei kumulativ anzuknüpfen, um so hinkenden Statusveränderungen vorzubeugen. Daher gehöre die ergänzende Sonderregelung des Art. 23 EGBGB nicht in den Bereich von Vorfragen, sondern zur Hauptfrage der Adoption selbst.
Das OLG hat in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, wonach für die Beurteilung der örtlichen Zuständigkeit gem. § 43b Abs. 2 S. 2 AdWirkG ausschließlich darauf abzustellen war, ob auf die Annahme i.S.d. Art. 22 EGBGB insgesamt ausländisches Recht Anwendung findet, während er die Sondernorm des Art. 23 S. 1 BGB in seinen früheren Entscheidungen lediglich als Vorfrage qualifiziert hat, die die Zuständigkeitskonzentration nicht begründen konnte. An dieser Beurteilung hat das OLG nicht festgehalten und seine bisherige Auffassung auch mit dem Ziel einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung aufgegeben.
Der Ehe- und Familienkodex der Ukraine vom 20.6.1969 i.d.F. vom 30.1.1996 regelt in den Art. 104 ff. den Kreis der Zustimmungsverpflichteten in die Adoption von Kindern. Nach bedürfe die Adoption von Kindern mit ukrainischer Staatsangehörigkeit oder einem Wohnsitz außerhalb der Ukraine durch ausländische Staatsbürger der Genehmigung oder vorheriger Zustimmung des Zentrums.
Im Hinblick auf die Anwendung ausländischer Sachvorschriften sei daher gem. § 43b Abs. 2 S. 2 FGG, § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG das AG am Sitz des OLG zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende seinen Wohnsitz hat, hier also das AG Hamm.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 11.05.2006, 15 Sbd 8/06