OFD Hannover, Verfügung v. 14.6.2002, S 0284 - 62 - StO 321/S 0284 - 127 - StH 551
1. Zum ZustRG
Das Gesetz zur Reform des Verfahrens bei Zustellungen im gerichtlichen Verfahren (Zustellungsreformgesetz – ZustRG) vom 25.6.2001 wurde am 27.6.2001 im BGBl verkündet (BGBl 2001 I S. 12061; ein Auszug wurde im BStBl 2001 I S. 491 veröffentlicht. Es tritt am 1.7.2002 in Kraft.
Das Gesetz bezieht die Zustellungen im finanzgerichtlichen Verfahren abweichend vom bisherigen Recht (Zustellung nach den Vorschriften des VwZG) in die Regelungen der ZPO ein. § 53 Abs. 2 FGO wurde durch Art. 2 Abs. 19 ZustRG entsprechend geändert. Ferner wird für (durch das Gericht veranlasste) Zustellungen gegen Empfangsbekenntnis auch eine Übermittlung durch Telekopie und die elektronische Übermittlung zugelassen (vgl. § 174 ZPO – neu –).
Für die Finanzverwaltung bleibt weiterhin das VwZG maßgebend. Auswirkungen auf durch die Verwaltung veranlasste Zustellungen ergeben sich aber durch die im ZustRG vorgenommene Aufhebung des § 9 Abs. 2 VwZG. Sie hat zur Folge, dass künftig ein Zustellungsmangel auch dann mit nachweislichem Zugang beim Empfangsberechtigten geheilt werden kann, wenn durch die Zustellung eine Klagefrist in Lauf gesetzt wird (z.B. in Fällen der behördlich angeordneten förmlichen Zustellung einer Einspruchsentscheidung).
Die Regelung des § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO – neu –, die nunmehr auch eine Ersatzzustellung an einen „erwachsenen ständigen Mitbewohner” (insbesondere den Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft) zulässt, ist über die Verweisung in § 3 Abs. 3 VwZG auch bei behördlich veranlassten Zustellungen mittels PZU anwendbar.
Ferner enthält Art. 2 Abs. 30 ZustRG eine redaktionelle Folgeänderung des § 289 Abs. 1 AO (Erlaubnis einer Vollstreckung zur Nachtzeit). Die Angabe „ § 188 Abs. 1 (ZPO) wurde durch die Angabe „ § 758a Abs. 4 Satz 2” ersetzt. Gemäß § 758a Abs. 4 Satz 2 ZPO – neu – umfasst die Nachtzeit ab dem 1.7.2002 die Stunden vom 21.00 bis 6.00 Uhr. Die bisher in § 188 Abs. 1 Satz 2 ZPO – alt – getroffene Unterscheidung nach den Zeiträumen vom 1.4. bis 30.9. und vom 1.10. bis 31.3. entfällt.
Die Anweisungen in den Nr. 3 und 4 des AEAO zu § 122 sollen zeitnah zum In-Kraft-Treten des ZustRG angepasst werden.
Die durch Nr. 5 VV zum VwZG vom 13.12.1966 eingeführten Vordruckmuster bei einer Zustellung nach § 3 VwZG entsprechen bereits seit längerer Zeit nicht mehr den postalischen Vorgaben (Verwendung der Bezeichnung „Postamt”, Angabe der Straße im Anschluss an die Ortsbezeichnung). Sie enthalten zudem Formen der Ersatzzustellung, die nach dem 30.6.2002 nicht mehr zulässig sein werden, wie z.B. die Ersatzzustellung an den im Haus wohnenden Vermieter (vgl. § 3 Abs. 3 VwZG i.V.m. § 178 ZPO – neu –). Die Verwendung dieser veralteten Vordrucke nach dem 30.6.2002 kann daher dazu führen, dass die Postbediensteten fehlerhafte Ersatzzustellungen durchführen. Ich bitte um Beachtung.
In dieser Legislaturperiode ist mit einer Novellierung des VwZG nicht zu rechnen. Ab dem 1.7.2002 wird es somit keine gesetzliche Regelung zum Inhalt der bei einer Zustellung nach § 3 VwZG zu errichtenden Urkunde mehr geben. Deshalb liegt zumindest dann kein Zustellungsmangel vor, wenn die Finanzbehörden nach dem 30.6.2002 für die von ihnen veranlassten Zustellungen nach § 3 VwZG die durch die Verordnung des Bundesministeriums der Justiz vom 12.2.2002 (BGBl 2002 I S. 671) bestimmten Vordrucke verwenden. Die Vordrucke werden den Finanzämtern zu gegebener Zeit entsprechend dem geschätzten Bedarf zugehen.
Normenkette
VwZG § 3