Leitsatz
Ist ein Versteigerungstermin vor dem Außerkrafttreten der bis zum 31.1.2007 (einschließlich) gültigen Vorschrift des § 57c ZVG zu den am Versteigerungstermin geltenden gesetzlichen Versteigerungsbedingungen durchgeführt worden und hat der auf dieser Grundlage nach dem 31.1.2007 erteilte Zuschlagsbeschluss Rechtskraft erlangt, so unterliegt das außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters (§ 57a ZVG) gegenüber einem Mieter, der Rechte i. S. d. § 57c ZVG gemäß § 57d ZVG in der Zwangsversteigerung angemeldet hatte, den Beschränkungen des § 57c ZVG.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
ZVG § 57c a. F.
Kommentar
Ein Ehepaar schloss im Jahr 1999 mit seinem Sohn einen Vertrag über die Gewährung eines Baukostenzuschusses über 200.000 DM zum Zwecke der Errichtung eines Einfamilienhauses. Der Sohn hat das Gebäude unter Verwendung des Baukostenzuschusses errichtet und es sodann an seine Eltern vermietet. In dem Mietvertrag ist geregelt, dass der Baukostenzuschuss als Mietvorauszahlung mit der künftigen Miete zu verrechnen ist.
In der Folgezeit beantragte ein Grundpfandgläubiger des Eigentümers die Zwangsversteigerung. In dem Versteigerungstermin vom 31.1.2007 meldeten die Mieter des Hauses eine noch nicht durch Verrechnung erloschene Mietvorauszahlung in Höhe von 200.000 DM an. Das Haus wurde zu einem Gebot von 160.000 EUR (50 % des Verkehrswerts) dem Erwerber zugeschlagen. Der Zuschlagsbeschluss wurde am 13.2.2007 erteilt. Dort heißt es unter anderem:
"Im Übrigen gelten die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (Stand 31.1.2007)."
Der Zuschlagsbeschluss wurde rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 28.2.2007 kündigte der Erwerber das Mietverhältnis unter Berufung auf sein Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG. Sodann hat er Räumungsklage erhoben.
Die Klage wurde allerdings abgewiesen. Wird ein vermietetes Grundstück zwangsversteigert, so ist der Erwerber nach § 57a ZVG berechtigt, das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. In dem bis einschließlich 31.1.2007 geltenden § 57c ZVG war geregelt, dass die Kündigung ausgeschlossen ist, "wenn und solange die Miete zur Schaffung oder Instandsetzung des Mietraums ganz oder teilweise vorausentrichtet ... oder zu verrechnen ist". Nach dem ebenfalls bis zum 31.1.2007 geltenden § 57d ZVG war das Vollstreckungsgericht verpflichtet, den Mieter zur Abgabe der insoweit maßgeblichen Erklärungen aufzufordern. Dies war vorliegend geschehen.
Im Entscheidungsfall fand der Versteigerungstermin in der Zeit der Geltung des § 57c ZVG statt; der Zuschlag wurde aber erst erteilt, nachdem die Vorschrift des § 57c ZVG ersatzlos entfallen war. Dies führt zu der Frage, ob § 57c ZVG in einem solchen Fall anzuwenden ist. Der BGH führt hierzu aus, dass sich die Rechtsstellung des Erwerbers nach dem Inhalt des Zuschlagsbeschlusses richtet. Ist dort – wie vorliegend – bestimmt, dass die gesetzlichen Versteigerungsbedingungen zum Stand vom 31.1.2007 gelten, so richten sich die Rechte des Erwerbers nach dem zum 31.1.2007 geltenden Recht. Hierzu zählt auch der Kündigungsausschluss des § 57c ZVG (a.F.).
Die Regelungen der §§ 57c und d ZVG wurden durch Art. 11 Nr. 5 des Zweiten Justizmodernisierungsgesetzes vom 22.12.2006 (BGBl I, S. 3416) ersatzlos aufgehoben. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Regelung überholt sei. Im Übrigen gelte es, einen eventuellen Missbrauch zu verhindern (BT-Drucks.16/3038, S.42).
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 11.03.2009, VIII ZR 83/08BGH, Urteil v. 11.3.2009, VIII ZR 83/08, NJW 2009, 2312