Leitsatz
- Zahlungen, die der Zwangsverwalter in Erfüllung der ihm durch § 152 Abs. 1 ZVG zugewiesenen Aufgaben an den Gläubiger leistet, muss der Schuldner mit der Wirkung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gegen sich gelten lassen.
- Die Begleichung rückständiger Hausgelder oder rückständiger Sonderumlagen gehört nicht zum Pflichtenkreis des Zwangsverwalters. Solche Zahlungen können dem Schuldner daher nicht als Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zugerechnet werden.
(amtliche Leitsätze des BGH)
Normenkette
ZVG § 152 Abs. 1; BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1
Kommentar
Der zur Entscheidung stehende Fall betrifft 2 vermietete Eigentumswohnungen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschloss im Juni 2005 eine im August fällige Sonderumlage. Hiervon entfiel auf die beiden Wohnungen ein Anteil von ca. 7.700 EUR. Der Eigentümer hat die Zahlung verweigert. Ende 2006 wurde für die beiden Wohnungen die Zwangsverwaltung angeordnet. Der Zwangsverwalter zahlte im Oktober 2008 auf die Sonderumlage einen Teilbetrag von 1.000 EUR. Wegen des Restes hat die Gemeinschaft den Wohnungseigentümer im Mahnverfahren in Anspruch genommen. Der Mahnbescheid wurde dem Wohnungseigentümer im Juli 2009 zugestellt. Der Eigentümer hat die Verjährungseinrede erhoben.
Für den Anspruch gilt die allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. 1 BGB). Danach ist der Anspruch Ende 2008 verjährt.
Allerdings bestimmt § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB, dass die Verjährung erneut beginnt, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung anerkennt. Deshalb stellt sich die Frage, ob durch die Zahlung des Zwangsverwalters im Oktober 2008 die Rechtsfolge des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausgelöst wurde. Grundsätzlich werden die Zahlungen des Zwangsverwalters so behandelt, als habe sie der Schuldner selbst vorgenommen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Erfüllung, sondern auch für die Verjährungsregeln. Voraussetzung ist jedoch, dass die Zahlungen zum Pflichtenkreis des Zwangsverwalters gehören.
Hinsichtlich der Hausgelder ist dabei zu unterscheiden: Der Zwangsverwalter muss solche Zahlungen leisten, die erforderlich sind, um die Wohnungen in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten. Hierzu gehört das laufende Hausgeld. Etwas anderes gilt für rückständige Hausgelder und Sonderumlagen, die im Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits fällig waren. Diese Ansprüche sind nur im gerichtlichen Verteilungsverfahren zu berücksichtigen, wenn die Gemeinschaft wegen dieser Ansprüche die Zwangsverwaltung betreibt.
Hier wurde die Sonderumlage bereits im August 2005 fällig. Die Beschlagnahme durch Anordnung der Zwangsverwaltung erfolgte dagegen erst im August 2006. Die Erfüllung dieser Ansprüche zählt nicht zu den Aufgaben des Zwangsverwalters; sie können dem Eigentümer deshalb nicht als Anerkenntnis i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB zugerechnet werden.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 9.12.2011, V ZR 131/11, NJW 2012 S. 1293