Leitsatz
Eine gemäß dem Mietvertrag geleistete Mietvorauszahlung in einem Einmalbetrag, die nicht auf der Grundlage periodischer Zeitabschnitte (etwa Monate oder Jahre) bemessen ist, ist dem Grundpfandgläubiger gegenüber gemäß § 1124 BGB wirksam, wenn sie vor der Beschlagnahme erfolgt (Fortführung von BGHZ 137, 106). Unerheblich ist, ob die Einmalzahlung vor oder nach der Bestellung des Grundpfandrechts vereinbart und gezahlt wird.
Normenkette
BGB § 1124
Kommentar
In dem zur Entscheidung stehenden Fall ging es um ein Einfamilienhaus, das der Eigentümer seiner Mutter zur Eigennutzung überlassen hatte. Am 1.6.1992 wurde zu Lasten des Anwesens eine Grundschuld in Höhe von 4 Mio DM eingetragen. Die Grundschuld diente zur Sicherung eines Kredits. Am 24.11.1996 wurde die Zwangsverwaltung des Grundstücks angeordnet. Der Zwangsverwalter hat die Mutter des Eigentümers zur Zahlung einer Miete oder einer Nutzungsentschädigung aufgefordert. Eine Zahlung ist nicht erfolgt. Deshalb hat der Zwangsverwalter die Nutzerin des Einfamilienhauses auf Zahlung rückständiger Miete bzw. Nutzungsentschädigung in Anspruch genommen.
Die Mutter des Eigentümers hat behauptet, sie habe am 29.5.1994 mit dem damaligen Eigentümer einen schriftlichen Mietvertrag abgeschlossen. Zum Beweis hat sie eine Vertragsurkunde vorgelegt, die u. a. folgende Vereinbarungen enthält:
§ 2 Mietzeit
Der Vertrag wird auf die Lebenszeit des Mieters abgeschlossen.
§ 3 Mietzins und Nebenkosten
Der Mieter leistet dem Vermieter als Gesamtmiete eine Einmalzahlung in Höhe von 70.000,00 DM. Dieser Betrag ist die Miete für die gesamte Vertragsdauer, darüber hinaus ist keine weitere Miete und Nebenkosten geschuldet. Die vorgenannte Miete ist sofort bei Vertragsunterzeichnung fällig.
Der Vermieter bestätigt hiermit, bei Vertragsschluss die vorgenannten 70.000,00 DM in bar erhalten zu haben.
Der Zwangsverwalter hat bestritten, dass diese Vereinbarungen getroffen worden sind. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Nach seiner Auffassung spielt der Einwand der Mieterin keine Rolle, weil die behauptete Mietzahlung gegenüber dem Zwangsverwalter unwirksam sei.
Der BGH ist anderer Ansicht: Hat ein Mieter die Miete im Voraus bezahlt, so ist die Zahlung auch gegenüber dem Grundschuldgläubiger wirksam (§§ 1192, 1124 Abs. 1 BGB), wenn die Zahlung vor der Beschlagnahme (Anordnung der Zwangsversteigerung, § 20 Abs. 1 ZVG; Anordnung der Zwangsverwaltung, § 146 Abs. 1 ZVG) erfolgt. Eine Ausnahme gilt gem. § 1124 Abs. 2 BGB für Zahlungen, die "sich auf die Miete ... für eine spätere Zeit als den zur Zeit der Beschlagnahme laufenden Kalendermonat" beziehen. Solche Zahlungen sind den Grundpfandgläubigern gegenüber unwirksam.
Eine vergleichbare Regelung enthält § 566c BGB für den Fall des Eigentümerwechsels. Danach ist eine Mietzahlung gegenüber dem Erwerber wirksam, soweit sie "sich nicht auf die Miete für eine spätere Zeit als den Kalendermonat bezieht, in welchem der Mieter von dem Übergang des Eigentums Kenntnis erlangt." Hierzu hat der BGH in dem Urteil vom 5.11.1997 (VIII ZR 55/97, BGHZ 137, 106) ausgeführt, dass diese Vorschrift nur für solche Zahlungen gilt, die sich nach wiederkehrenden Zeitabschnitten (etwa nach Monaten) bemessen. Für die sog. "Einmalmiete" ist die Regelung nicht anwendbar. Ist eine Einmalmiete vereinbart und diese bezahlt, so erlischt die Zahlungspflicht. In diesem Fall hat auch der Erwerber keine Zahlungsansprüche gegenüber dem Mieter.
In der nunmehr vorliegenden Entscheidung führt der BGH aus, dass für die Auslegung des § 1124 Abs. 2 BGB dieselben Grundsätze gelten. Hat der Mieter eine Einmalmiete bezahlt, so ist diese Zahlung auch gegenüber den Grundpfandgläubigern wirksam, wenn sie vor der Beschlagnahme (hier: der Anordnung der Zwangsverwaltung, §§ 20 Abs. 1, 146 Abs. 1 ZVG) erfolgt. Auf den Zeitpunkt der Bestellung des Grundpfandrechts (hier: der Grundschuld) kommt es dagegen nicht an.
Vorliegend hat die Mieterin behauptet, dass sie die Einmalzahlung am 29.5.1994 erbracht hat. Die Zwangsverwaltung ist erst danach, nämlich am 24.11.1996 erfolgt. Deshalb kam es darauf an, ob die Behauptung der Mieterin über den Vertragsschluss und die Zahlung zutrifft. Da diese Frage noch nicht geklärt war, hat der BGH das Verfahren an das Landgericht zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 25.4.2007, VIII ZR 234/06, WuM 2007, 467 = NZM 2007, 562