Normenkette

§ 10 Abs. 1 ZVG, § 77 Abs. 2 S. 2 ZVG, § 803 Abs. 2 ZPO

 

Kommentar

Auch wenn durch eine Zwangsverwaltung zugunsten der Gläubigerin (hier: der Wohngeldrückstände fordernden Gemeinschaft) derzeit und in absehbarer Zukunft aus der Schuldnerwohnung (wegen Eigennutzung) keine Einnahmen erzielt werden können, kommt eine Aufhebung der Zwangsverwaltung wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses nicht in Betracht (auch nicht von Amts wegen). An früherer Meinung der Kammer (vgl. LG Frankfurt vom 18. 7. 1988, RPfl. 89, 35) wird nicht mehr festgehalten; vielmehr folgt die Kammer nunmehr auch der Auffassung des OLG Frankfurt, vom 06.06.1990, 20 W 493/89, wonach für die Vorschrift des § 803 Abs. 2 ZPO analog im Verfahren der Zwangsverwaltung kein Raum ist (ebenso Hauger, PiG Nr. 30, Seite 101; Hintzen "Die Immobilienzwangsvollstreckung in der Praxis", Rn. 1122).

In Ermangelung von aktuellen Einnahmen der beschlagnahmten Schuldnerwohnung muß ein Zwangsverwalter beim betreibenden Gläubiger Vorschüsse für die laufenden Kosten der Zwangsverwaltung und damit auch für die Wohngelder zugunsten der Gemeinschaft anfordern. Betreibt eine Gemeinschaft die Zwangsverwaltung, muss sie diesen Vorschuss leisten und erhält vom Zwangsverwalter hieraus die laufenden Wohngelder. In einem Zwangsversteigerungsverfahren kann dann die Gemeinschaft einen Teil der Vorschüsse mit Rang vor den dinglichen Gläubigern geltend machen, da solche Vorschüsse auf laufende Kosten der Zwangsverwaltung in der Versteigerung für die Erlösverteilung angemeldet werden können (mit dem Recht auf bevorrechtigte Befriedigung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG (im Gegensatz zu den Kosten nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG).

Den Gesichtspunkt, dass es auf die Einnahmeerzielung nicht entscheidend ankommen kann, hat der Gesetzgeber selbst in § 77 Abs. 2 S. 2 ZVG berücksichtigt, der vorsieht, dass das Vollstreckungsgericht auf Antrag eines betreibenden Gläubigers das Zwangsversteigerungsverfahren auch in ein Zwangsverwaltungsverfahren überleiten kann, wenn die Versteigerung in zwei Terminen ergebnislos geblieben ist, wobei ungeachtet des Wortes "kann" die Überleitung nicht im Ermessen des Gerichts liegt, sondern antragsgemäß ausgesprochen werden muss, wenn die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Zwangsverwaltung erfüllt sind. Die Entscheidung über Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bleibt damit in erster Linie einem Gläubiger als dem Herrn des Verfahrens überlassen, damit auch die Frage, ob eine betriebene Zwangsverwaltung wirtschaftlich sinnvoll ist (Ausnahme: wenn verfahrensfremde und deshalb nicht schutzwürdige Vollstreckungsziele verfolgt werden). Ein Schuldner kann Vollstreckungsschutzantrag nach § 665a ZPO stellen (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, RPfl. 89, 470).

 

Link zur Entscheidung

( LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 13.01.1997, 2-09 T 773/96, mitgeteilt von RA Michael Wolicki, Hofheim-Wallau)

zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren

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