Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 5 Abs. 2 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 140 BGB
Kommentar
1. Im vorliegenden Fall ging es um den Streit der Kostentragung für die Instandhaltung der Schaufensterscheiben von Ladenlokalen im Anschluss an mutwillige Beschädigungen dieser Schaufenster durch Dritte. In der Teilungserklärung waren als Gegenstand des Sondereigentums auch die Außenfenster und Rollläden aufgeführt und dort erwähnt, dass allein der Außenanstrich (u. a.) der Fenster auf Kosten der gesamten Gemeinschaft instandzuhalten sei. Ein nach § 5 Abs. 2 WEG nicht sondereigentumsfähiger Gebäudeteil könne nicht durch Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet werden. Dass Fenster jedenfalls mit ihrer Außenseite zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehörten, entspreche nahezu einhelliger Auffassung (vgl. u. a. Palandt-Bassenge, 50. Aufl., § 1 BGB, Rdn. 11 sowie Deckert, ETW Gruppe 3, S. 27).
Entgegen Bärmann/Pick/Merle (Wohnungseigentumsgesetz, 6. Aufl.) könnten auch Schaufensterscheiben von Läden nicht zum Sondereigentum gehören, weil auch in diesem Fall die FensterBestandteil der Außenfassade des Gebäudes seien und damit notwendigerweise im gemeinschaftlichen Eigentum stehen müssten. Streitig sei allein, ob und in welchem Umfang Innenseiten von Fenstern und Innenanstrich zum Sondereigentum gehörten (was jedoch offen bleiben könne, da es sich hier um Verbundglasscheiben handle, die aufgrund von außen erfolgter Beschädigung insgesamt erneuert werden müssten).
2. Vorliegend sei jedoch zu fragen, ob im Wege der Umdeutung angenommen werden könne, dass in Bezug auf die Fenster die Instandhaltungspflicht selbst (und mittelbar damit auch die Kostenlast) auf den jeweiligen Wohnungs- bzw. Teileigentümer übertragen worden sei. Eine Umdeutung sei nämlich gerade darauf gerichtet, den rechtsgeschäftlich erklärten Willen in einer anderen rechtlichen Gestaltung zur Wirksamkeit zu verhelfen. Man müsse also fragen, ob der jeweilige Sondereigentümer in Bezug auf die Instandhaltung der Außenfenster so zu stellen sei, als wäre Sondereigentum insoweit wirksam begründet worden. Bejahe man dies, treffe ihn auch die Instandhaltungspflicht als solche, da bei alleiniger Kostentragung immer noch die Gemeinschaft über das ob und wie der Instandhaltung als Teil der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums entscheiden müsse. Einer solchen Umdeutung gehe allerdings eine Auslegung der hier getroffenen Vereinbarungen vor, die hier allerdings nicht weiterführe.
Im Rahmen der Umdeutung nach § 140 BGB stelle sich deshalb die ausschlaggebende Frage dahin, ob anzunehmen sei, dass eine solche Regelung bei Kenntnis der Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes (hier: Zuordnung der Fenster zum Sondereigentum) gewollt gewesen sei. Maßgebend sei auf den objektiven Sinn der Grundbucheintragungen abzustellen, wobei sachlich bei einer Umdeutung die Gemeinschaftsgebundenheit berücksichtigt werden müsse (Berücksichtigung der Interessenlage aller Beteiligten, BayObLG, MDR 1981, 145). Diese Umdeutung sei hier in Bestätigung der Meinung des LG gerechtfertigt, da bei dieser gemischt genutzten Anlage dem Umstand Rechnung getragen worden sei, dass bei Ladenteileigentumseinheiten ein gegenüber den Wohnungseigentumseinheiten erhöhtes Glasbruchrisiko anfalle und Reparaturen im Einzelfall höhere Aufwendungen verursachten. Eine Regelung, dieses Glasbruchrisiko den Teileigentümern allein zuzuweisen, sei sachgerecht, da Inhaber eines Ladengeschäftes auch über die Schaufensterflächen Kundenwerbung betrieben und das Glasbruchrisiko versicherbar sei. Eine entsprechende Glasbruchversicherung sei auch hier nicht zulasten der Gesamtgemeinschaft vereinbart worden (im Ergebnis ebenso Bielefeld, DWE 1989, 2, 4). Die Gemeinschaftsbindung werde durch die weitere Vereinbarung gesichert, dass bauliche und farbliche Gestaltungsänderungen des Gebäudes nur mit qualifizierter Eigentümermehrheit von 2/3 möglich sei, was auch für den Außenanstrich der Fenster gelte.
Unter diesen Umständen könne sich der Senat den von Deckert (ETW, Gruppe 3, S. 27) geäußerten Bedenken jedenfalls im vorliegenden Fall nicht anschließen, da hier der Regelungszusammenhang der Teilungserklärung den mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Zweck so deutlich erkennen lasse, dass eine hinreichende Grundlage für eine Umdeutung gegeben sei.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamm, Beschluss vom 22.08.1991, 15 W 166/91)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
In der Regel dürfte der konkrete Anhaltspunkt einer Umdeutung einer sachenrechtlich unwirksamen dinglichen Zuordnungsregelung in eine entsprechende Kostenverteilungsvereinbarung - entgegen der im vorliegenden Fall gezogenen Schlussfolgerungen für eine zugelassene Umdeutung - fehlen, sodass dann jegliche Instandhaltungen und Instandsetzungen an modernen Fenstern und auch Ladenschaufenstern (e...