Kollision mit einer geöffneten Autotür – wer haftet in welchem Umfang?
Ein Autofahrer hatte die hintere linke Tür seines in einer Parkbucht stehenden Fahrzeugs geöffnet, um etwas von der Rücksitzbank zu holen. Ein vorbeifahrendes Fahrzeug kollidierte mit der geöffneten Tür. Vor Gericht musste die Haftungsverteilung geklärt werden.
Das Landgericht (LG) war von einem hälftigen Mitverschulden der Parteien ausgegangen. Das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken bestätigte diese Auffassung.
Besondere Vorsicht beim Ein- und Aussteigen
Wer aus einem Fahrzeug ein- oder aussteigt, hat sich gemäß § 14 Abs. 1 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Die Vorschrift dient in erster Linie dem Schutz des fließenden Verkehrs und verlangt vom Aussteigenden ein Höchstmaß an Sorgfalt.
Diese Sorgfaltsanforderungen gelten beim Ein- und Aussteigen aus einem Fahrzeug:
- Diese Sorgfaltsanforderung gilt für die gesamte Dauer des Ein- und Aussteigevorgangs.
- Das Einsteigen ist erst mit dem Schließen der Fahrzeugtür beendet, das Aussteigen mit dem Schließen der Fahrzeugtür und dem Verlassen der Fahrbahn.
- Erfasst werden dabei insbesondere auch Situationen, in denen sich der Insasse eines Fahrzeugs im unmittelbaren Zusammenhang mit einem Ein- oder Aussteigevorgang bei geöffneter Tür in das Fahrzeug beugt, um etwa – wie im vorliegenden Fall – Gegenstände ein- oder auszuladen.
- Da das Ein- oder Aussteigen zur Fahrbahnseite regelmäßig mit besonderen Gefahren verbunden ist, muss der Vorgang so zügig wie irgendwie möglich durchgeführt und die Tür nicht länger offengelassen werden als unbedingt notwendig.
Beweis des ersten Anscheins spricht gegen den Aussteigenden
Kommt es im unmittelbaren zeitlichen oder örtlichen Zusammenhang mit dem Ein- bzw. Aussteigen zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- oder Aussteigenden. Diesen Anscheinsbeweis sah das Gericht im vorliegenden Fall nicht als erschüttert an.
Zu geringer Sicherheitsabstand des vorbeifahrenden Fahrzeugs
Für den Fahrer des vorbeifahrenden Fahrzeugs gilt: Er hat gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, weil er keinen ausreichenden Sicherheitsabstand zu dem parkenden Fahrzeug eingehalten hat, obwohl er dieses bereits bei Annäherung als Hindernis erkannt hat.
Allerdings werde das Verschulden des Fahrers des herannahenden Fahrzeugs auch nicht dadurch erschwert, dass er gegen eine in der Annährungsphase bereits deutlich geöffnete Tür gestoßen sei. Schließlich könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Tür des parkenden Fahrzeugs im Moment der Annäherung noch weiter geöffnet wurde und dadurch der Sicherheitsabstand entsprechend verkleinert wurde, so das Gericht.
(OLG Saarbrücken, Urteil v. 24.03.2023, 3 U 9/23, 1 O 188/21)
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