Auskunftsanspruch des mittelbaren Gesellschafters
Hintergrund
Der Kläger war mittelbar über einen Treuhänder an einer Publikumsgesellschaft in Form einer GmbH & Co. KG beteiligt und aufgrund der Regelungen im Gesellschafts- und Treuhandvertrag im Innenverhältnis einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt. Die Publikumsgesellschaft handelte als Fonds über eine Beteiligung an einer englischen Limited mit Kapitallebensversicherungen am grauen Kapitalmarkt, konnte aber die Erwartungen ihrer Anleger nicht erfüllen. Auch der Kläger war mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Fonds und seiner Beteiligung unzufrieden. Er wollte mit den anderen Gesellschaftern in Kontakt treten, weshalb er von der Treuhandkommanditistin, die das Anlegerregisters der Gesellschaft verwaltete, verlangte, ihm Auskunft über Namen und Anschriften der anderen Anleger zu erteilen.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs v. 16.12.2014, II ZR 277/13
Nachdem Amts- und Landgericht den Auskunftsanspruch abgelehnt hatten, hatte der Kläger in der Revision Erfolg. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs steht einem über einen Treuhandkommanditisten mittelbar beteiligten Anleger ein Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschriften der anderen Anleger (sowohl Treugeber als auch unmittelbare Gesellschafter) nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern gegen jeden Mitgesellschafter zu, der die Auskunft unschwer erteilen kann.
Zunächst bestätigt der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung, wonach in Personengesellschaften das Recht, seinen Vertragspartner zu kennen, als unentziehbares Mitgliedschaftsrecht aus dem Gesellschaftsverhältnis folgt. Dieses Mitgliedschaftsrecht werde auch durch den Treuhandvertrag nicht unterbrochen oder auf den Treuhänder übertragen. Vielmehr sei der Anleger in die Gesellschaft einbezogen und das Treuhandverhältnis werde insoweit von der gesellschaftlichen Bindung überlagert. Selbst ein Ausschluss des Anspruchs im Treuhandvertrag könne dies nicht wirksam ändern, da ein solcher Ausschluss - wie auch im Gesellschaftsvertrag unwirksam sei. Ein solcher Auskunftsanspruch könne sich - so das Gericht weiter - nicht nur gegen die Gesellschaft, sondern auch gegen die Mitgesellschafter richten, soweit diese die Auskunft unschwer erteilen können.
Dies gelte auch für Auskunftsverlangen von Treugeberkommanditisten, die den unmittelbaren Gesellschaftern vertraglich gleichgestellt sind und damit gleichermaßen gesellschaftsvertraglichen Treuepflichten unterliegen. Das Auskunftsverlangen richte sich daher (auch) gegen den Treuhänder als Mitgesellschafter, da diesem das Anlegerregister zu führen oblag und er deshalb die Auskunft unschwer erteilen konnte.
Anmerkung
Die beiden ersten Feststellungen des Bundesgerichtshofs entsprechen der bisherigen Rechtsprechung. Dass mittelbar über einen Treuhänder beteiligte „Quasi-Kommanditisten“ eigene Auskunftsrechte jedenfalls gegenüber der Gesellschaft haben, hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 2011 bereits entschieden. Ebenso entspricht es seiner Rechtsprechung (schon seit 1962), dass sich der Auskunftsanspruch eines Gesellschafters (auch) gegen die Mitgesellschafter richtet, soweit dafür im Einzelfall sachliche Gründe sprechen.
Mit der vorliegenden Entscheidung stellt der Bundesgerichtshof nun klar, dass dies auch in Kombination gilt. Ein mittelbar über einen Treuhänder beteiligter Gesellschafter, der aufgrund der Regelungen im Gesellschafts- und Treuhandvertrag im Innenverhältnis einem unmittelbaren Gesellschafter gleichgestellt ist, kann also gleichermaßen von jedem Mitgesellschafter der die Auskunft unschwer erteilen kann (hier: von dem das Anlegerregister führenden Treuhänder) Auskunft über Namen und Anschriften der anderen Anleger (Treugeber und unmittelbare Gesellschafter) verlangen.
Die Entscheidung ist konsequent und setzt die Tendenz des Bundesgerichtshofs fort, Anlegern, die als Treugeber mittelbar an Publikumsgesellschaften beteiligt sind, die gleichen Informations- und Auskunftsrechte zuzubilligen, die unmittelbaren Gesellschaftern nach der Rechtsform des Fonds zustehen. Dies jedenfalls dann, wenn die Treugeber nach den vertraglichen Regelungen im Gesellschaftsvertrag und im Treuhandvertrag im Innenverhältnis wie unmittelbare Gesellschafter stehen sollen. Derartige Gestaltungen können daher regelmäßig keine Anonymität der Anleger gewährleisten. Hier gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einmal mehr, dass es für die juristische Betrachtung auf das tatsächlich Gewollte und nicht auf die Bezeichnung ankommt. Wer die vollen Rechte eines Kommanditisten in der GmbH & Co. KG für sich beansprucht, sich also an einer Personengesellschaft beteiligt, kann seinen Mitgesellschaftern gegenüber nicht zugleich auf Anonymität bestehen. Bei der Gestaltung von Gesellschafts- und Treuhandverträgen für Publikumsgesellschaften ist daher Augenmaß geboten, wenn Auskunfts- und Informationsrechte von mittelbaren und unmittelbaren Kommanditisten eingeschränkt werden – oder umgekehrt, wenn Anonymität der Beteiligung gewahrt werden soll.
Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Dr. Ingo Reinke, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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