Das elektronische Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen mit Verbrauchern

Fehlender Link zu elektronischer Kündigungsmöglichkeit des Unternehmens auf Vergleichsportal
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände („Klägerin") nahm einen Energieversorger („Beklagte") auf Unterlassung in Anspruch.
Der Energieversorger bot auf einem Vergleichsportal den Abschluss von Strom- und Gaslieferverträgen an. Das Vergleichsportal enthielt Hinweise zu den Kündigungsmöglichkeiten eines über das Portal geschlossenen Energieliefervertrages. Zugleich gelangte man auf eine Übersichtsliste zu Links der Energieversorger, auf denen eine elektronische Kündigungsmöglichkeit bestand. Ein Link zu der Website des beklagten Energieversorgers fehlte.
Auf dessen Website befand sich nur eine Eingabemaske mit einer Bestätigungsfläche "Kündigungsabsicht abschicken".
Dies beanstandete der klagende Verband und vertrat die Auffassung, dass durch den fehlenden Link auf der Website des Vergleichsportals Verbraucher ungenügend über ihre Kündigungsmöglichkeiten aufgeklärt werden. Zudem genüge auch die Beschreibung der Bestätigungsfläche mit den Worten "Kündigungsabsicht abschicken" nicht den gesetzlichen Anforderungen.
Besondere Anforderungen an die Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Rechtsverkehr
§ 312k BGB sieht besondere Pflichten des Unternehmens im elektronischen Rechtsverkehr mit Verbrauchern vor. Wenn ein Unternehmer einen online abzuschließenden Vertrag über eine entgeltliche wiederkehrende Leistung anbietet, muss der Unternehmer die Möglichkeit zu einer elektronischen Kündigung auf der Website schaffen und hierüber aufklären. Der § 312k Abs. 2 BGB beinhaltet eindeutige Vorgaben zu der Ausgestaltung der Kündigungsmöglichkeit. Eine Ausnahme ist nur bezüglich Verträge, die eine gesetzlich strengere Form an die Kündigung vorsehen als die Textform und bei Verträgen über Finanzdienstleistungen vorgesehen.
Nach § 312k Abs. 2 BGB muss der Unternehmer auf seiner Website eine Schaltfläche zur Verfügung stellen, die eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung ermöglicht. Diese Kündigungsschaltfläche muss zwingend die Wörter "Verträge hier kündigen" oder mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung versehen sein.
Durch das Anklicken dieser Schaltfläche muss der Verbraucher auf eine Bestätigungsseite gelangen. Auf dieser Seite sind nähere Angaben zu der Art der Kündigung, der Identifizierbarkeit des Verbrauchers, zur Bezeichnung des Vertrages, zu dem Kündigungszeitpunkt und zur Übermittlung der Kündigungsbestätigung zu tätigen. Zudem muss auf der Bestätigungsseite eine Schaltfläche vorgesehen sein, über die der Verbraucher seine Kündigungserklärung abgeben kann. Diese Schaltfläche ist mit den Worten "jetzt kündigen" oder mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung zu versehen.
Nach § 312k Abs. 2 S. 4 BGB müssen die Schaltflächen und die Bestätigungsseite ständig verfügbar, unmittelbar und leicht zugänglich sein.
OLG Hamburg: Mehrfache Verstöße gegen § 312k BGB
Das Hanseatische OLG Hamburg hat nun erkannt, dass das Energielieferungsunternehmen gleich in mehrfacherweise gegen die Anforderungen des § 312k BGB verstieß.
Das OLG weist zunächst darauf hin, dass es für die Rechtspflichten des § 312k BGB unerheblich ist, ob die Website durch den Unternehmer selbst betrieben wird oder durch einen Dritten. Das entscheidende Kriterium ist, ob der Vertragsschluss über die Website ermöglicht wird (OLG Hamburg, Urt. v. 26. September 2024 – 5 UK 11/23, Rn. 24 f.).
Wenn nun über ein Vergleichsportal der Vertragsschluss ermöglicht wird, muss auch über die Website des Vergleichsportals eine Kündigungsmöglichkeit entsprechend des § 312k BGB bereitgestellt werden. Etwaige Verfehlungen der Betreiber des Vergleichsportals muss sich der Unternehmer zurechnen lassen, da dieser den Absatzmittler im Verkaufsprozess als Beauftragten einsetzte (OLG Hamburg, Urt. v. 26. September 2024 – 5 UK 11/23, Rn. 28).
Die Website des Vergleichsportals enthielt keine entsprechend den Vorgaben des § 312k Abs. 1 und Abs. 2 ausgestaltete Kündigungsmöglichkeit des Energielieferungsvertrages.
Auch die Webseite des beklagten Energielieferungsunternehmens enthielt keine Kündigungsmöglichkeit, die den Anforderungen des § 312k Abs. 2 BGB genügte. Das Oberlandesgericht monierte zu Recht, dass die Schaltfläche "Kündigungsabsicht abschicken" keine vergleichbare und eindeutige Verbindlichkeit wie das gesetzlich genannte Beispiel "jetzt kündigen" aus § 312k Abs. 2 S. 3 Nr. 2 BGB enthielt (OLG Hamburg, Urt. v. 26. September 2024 – 5 UK 11/23, Rn. 34).
Einschaltung von Dritten entbindet den Unternehmer nicht von seinen Pflichten aus § 312k BGB
Alle Unternehmer, die im elektronischen Rechtsverkehr mit Verbraucher kontrahieren, sollten sich mit den gesetzlichen Anforderungen an die elektronische Kündbarkeit der betreffenden Verträge auseinandersetzen. Es haben mittlerweile verschiedene Oberlandesgerichte zu der konkreten Ausgestaltung der elektronischen Kündigungsmöglichkeit Stellung bezogen (OLG Köln, Urt. v. 10. Januar 2025 - 6 U 62/24; OLG Koblenz, Urt. v. 19. September 2024 – 2 U 437/23; OLG Nürnberg, Urt. v. 30. Juli 2024 – 3 U 2214/23; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23. Mai 2024 – I-20 UKL 3/23). Es besteht das Risiko durch Konkurrenten oder Verbänden abgemahnt bzw. auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden.
Ebenso besteht das Risiko durch Verbraucher in Anspruch genommen zu werden, wenn diesen aufgrund der fehlenden elektronischen Kündigungsmöglichkeit ein entsprechender Schaden entstanden ist.
Auch die Einschaltung von Dritten, beispielsweise Betreiber von Vergleichsportalen oder eines anderen an Verbraucher gerichteten Onlinemarktplatzes, entbindet den Unternehmer nicht von seinen Pflichten aus § 312k BGB. Im Gegenteil obliegt es dem Unternehmer dafür Sorge zu tragen, dass auch der Absatzmittler die Anforderungen aus § 312k BGB exakt durch seine Websitegestaltung erfüllt.
(OLG Hamburg, Urt. v. 26. September 2024 – 5 UK 11/23)
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