Wanderhure auf Wanderweg gestoppt - Droemer Knaur klagt gegen Satire
Der Droemer Knaur Verlag München verlegt seit einigen Jahren erfolgreich eine Buchreihe über Wanderhuren im Mittelalter. Von der bisher erschienenen Reihe „Die Wanderhure“, „Die Rache der Wanderhure“, „Die Tochter der Wanderhure“ und „Das Vermächtnis der Wanderhure“ wurde bereits ein Titel erfolgreich verfilmt und auch von Sat 1 im Fernsehen übertragen. Die Buchreihe wird unter dem Pseudonym „Iny Lorentz“ von zwei Autoren geschrieben.
Julius Fischer machte eine Satire daraus
Der Verlag Voland & Quist hat unter Anlehnung an diese Buchreihe nun ein Buch mit ironisch verfremdeten Beiträgen des aus der Poetry Slam Szene kommenden Autors Julius Fischer unter dem Titel „Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ auf den Markt gebracht..
Parodie nimmt aggressive Bestseller-Vermarktung "auf die Schippe"
Dort geht es um die aggressive Vermarktung von Bestsellern der verschiedenen Genres. Der Buchtitel enthält satirische Kurzgeschichten und ist nach Angaben des Verlages eine kabarettistisch verfremdete Parodie der historischen Serie und anderer Werke.
Droemer Knaur fand das nicht komisch
Droemer Knaur war nicht zum Lachen zu Mute. Man sah in der engen Anlehnung an die eigene Wanderhuren-Buchreihe eine Verletzung des Urheberrechts und klagten gegen die Konkurrenz.
Titel erweckt nicht der Eindruck einer Satire
Das LG Düsseldorf schloss sich im wesentlichen der Meinung des Droemer Knaur Verlags an. Die Wanderhurenbuchreihe sei am Markt bekannt. Der von Voland & Quist verwendete Titel “Die schönsten Wanderwege der Wanderhure“ hebe sich nicht so klar von den übrigen Titeln ab, dass der satirische Duktus ohne weiteres erkennbar sei.
Für den unbefangenen Betrachter könne der Eindruck entstehen, es handele sich um eine weitere Fortsetzung der bekannten Buchreihe. Da müsste es sich allerdings um einen sehr unbefangenen Betrachter handeln, denn die Freude am Wandern hat bisher in keinem der Werke im Vordergrund gestanden.
Eigentumsrecht vor Kunst- und Satirefreiheit
Die mangelnde Erkennbarkeit des Satirecharakters führe dazu, dass die Eigentumsrechte von Droemer Knaur hoch zu bewerten seien. Der Schutz solcher Titel greife umso weiter, je weniger sich das satirisch verfremdete Werk davon abgrenze. Vorliegend müssten Kunst- und Satirefreiheit gegenüber den berechtigten Eigentumsinteressen von Droemer Knaur zurücktreten.
Fast zum ungewöhnlichsten Buchtitel 2013 gewählt
Voland & Quist zeigten sich von der Entscheidung des LG ausgesprochen enttäuscht. Sie wiesen darauf hin, dass der Buchtitel 2013 auf der Leipziger Buchmesse fast zum ungewöhnlichsten Buchtitel des Jahres gewählt worden wäre. Das Gericht hätte sich nach Auffassung des Verlages besser mit dem Tucholsky-Zitat „Satire darf alles“ auseinander setzen sollen. Aber dies habe das Gericht leider nicht für nötig gehalten, und auch ein Gericht darf vieles.
Gerichte verstehen wenig Spass
Der Rechtsanwalt von Voland & Quist kritisierte, das Gericht habe sich nicht hinreichend mit dem Grundsatz der Satirefreiheit auseinander gesetzt. Gerichte seien eben nicht bekannt dafür, Spaß zu verstehen.
Etwas Spaß verstand das LG aber doch: Immerhin hat es dem Verlag eine Frist bis Ende September eingeräumt, um den Buchtitel vom Markt zu nehmen.
Erstauflage des Titels ist abverkauft
Doch davon habent der Autor und der Verlag nicht viel, die Erstauflage in Höhe von 2.000 Exemplare ist inzwischen abverkauft. Durch die öffentliche Aufmerksamkeit waren die Verkaufszahlen vor allem im Onlinehandel stark gestiegen. Ob und unter welchem Titel das Buch nachgedruckt wird, hat der Verlag bislang nicht entschieden.
(LG Düsseldorf, Urteil v. 27.03.2014, 37 O 6/14).
Ob Berufung eingelegt wird, scheint fraglich, weil mit für den Verlag wohl zu hohen Kosten verbunden. Schade eigentlich, eine enge Sicht auf die Satire ist auf einem sowieso von lancierten Bestsellern stark beherrschten Markt nicht wirklich wünschenswert und eine höhere Instanz hätte sich vielleicht stärker in die Werke vertieft bzw. mehr Humor bewiesen. Kleiner Lichtblick: Zumindest wurde der Verlag nicht von den Herausgebern von Wanderführern verklagt.
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