Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrags während der fest vereinbarten Mindestlaufzeit
Geschäftsführeranstellungsverträge beinhalten häufig vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich einer festen Mindestlaufzeit. Während dieser Mindestlaufzeit kann der Vertrag nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. In derartigen Fällen stellt sich die Frage, ab welchem Zeitpunkt eine ordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages wirksam ausgesprochen werden kann: bereits während der Mindestlaufzeit oder erst nach Ablauf dieses Zeitraums? Mit dieser Frage hatte sich jüngst das OLG Nürnberg zu beschäftigen.
Hintergrund
In dem zugrunde liegenden Fall war der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Im Geschäftsführeranstellungsvertrag hatten die Parteien zunächst eine Mindestlaufzeit von 5 Jahren vereinbart. Nach Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren sollte der Vertrag mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr zum Ende des darauffolgenden Kalenderjahres kündbar sein. Der Kläger und die Beklagte schlossen vor Ablauf der 5 Jahre eine Änderungsvereinbarung. Sie vereinbarten eine unbefristete Fortsetzung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Monatsende. Die Änderungsvereinbarung sollte direkt im Anschluss an die Mindestlaufzeit wirksam werden. Schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren kam es zu einem Zerwürfnis der Parteien. Die Beklagte berief den Kläger als Geschäftsführer ab und erklärte noch während der fest vereinbarten Mindestlaufzeit die ordentliche Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages. Zentraler Streitpunkt war, zu welchem Zeitpunkt der Geschäftsführeranstellungsvertrag endete.
Das OLG Nürnberg entschied, dass die ordentliche Kündigung auch schon vor Ablauf der Mindestlaufzeit wirksam erklärt werden könne. Allerdings beende eine solche Kündigung den Geschäftsführeranstellungsvertrag frühestens mit Ablauf des Zeitraums, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist. Wann in diesem Fall die Kündigungsfrist zu laufen beginne – bereits mit Zugang der Kündigung oder erst mit Ablauf des Zeitraums, für den die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist – sei entscheidend und hinge in erster Linie von den vertraglichen Vereinbarungen ab.
Sofern keine diesbezügliche Abrede vorliegt, beginne die Kündigungsfrist bereits mit Zugang der Kündigungserklärung. Dies folge aus dem Zweck der Kündigungsfrist, dem Vertragsteil, dem gekündigt wird, genügend Zeit zu lassen, sich einen anderen Vertragspartner zu suchen. Weder aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag noch aus der Änderungsvereinbarung ergeben sich hinreichenden Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen bzgl. des Beginns der Kündigungsfrist. Die Kündigungsfrist begann vorliegend daher mit Zugang der Kündigungserklärung zu laufen. Darüber hinaus reduziere sich die Kündigungsfrist mit Ablauf der Mindestlaufzeit von 5 Jahren in Verbindung mit der Änderungsvereinbarung auf 6 Monate zum Monatsende.
Anmerkungen und Praxistipp
GmbH-Geschäftsführer können – sofern nichts anderes vereinbart ist – jederzeit als Geschäftsführer abberufen werden. Damit endet allerdings nur die Organstellung; das Dienstverhältnis, das insbesondere die Tätigkeitsvergütung betrifft, ist davon grundsätzlich unabhängig.
Auch nach dem Ende der Organstellung bleibt das Dienstverhältnis als solches – und der sich daraus ergebende Vergütungsanspruch des Geschäftsführers – bestehen, bis es wirksam gekündigt wird. Insbesondere für die Fortzahlung der Vergütung ist es daher außerordentlich bedeutsam, ab welchem Zeitpunkt bei vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeiten eine ordentliche Kündigung wirksam erklärt werden kann und welche Kündigungsfrist in diesen Fällen greift.
Um Rechtsstreitigkeiten und Zweifel bei der Vertragsauslegung zu vermeiden, sind ausdifferenzierte vertragliche Regelungen im Geschäftsführeranstellungsvertrag mit fachlicher Unterstützung zu empfehlen. Wird – wie im vorliegenden Fall – eine Mindestlaufzeit vereinbart, sollte geregelt werden, ob bereits während dieser Mindestlaufzeit oder erst danach die ordentliche Kündigung erklärt werden kann. Weiter zu bedenken sind Regelungen über die Kündigungsfolgen, beispielweise eine nachlaufende Haftung, Wettbewerbs- und Abwerbeverbote.
Urteil des OLG Nürnberg vom 30.03.2022 – 12 U 3303/19
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