Reduzierung der Netzentgelte

In Zeiten von steigenden Strompreisen stellt sich für Letztverbraucher die Frage, ob und wie sie ihre Stromkosten senken können. Mit § 14a EnWG steht insbesondere für Immobilienbesitzer ein Instrument zur Verfügung, Netzentgelte, die einen wesentlichen Bestandteil des Strompreises darstellen, mittels Vereinbarungen über die Steuerung von Verbrauchseinrichtungen zu reduzieren.

Herausforderung durch volatile Stromerzeugung

Der Strompreis eines Endverbrauchers setzt sich bekanntlich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Zu diesen zählen zusammenfassend: 1. Beschaffungs- und Vertriebskosten für den zu liefernden Strom sowie die Marge des Stromlieferanten, 2. Netzentgelte sowie 3. Steuern, Abgaben und Umlagen. Allein die Netzentgelte machen derzeit einen Anteil von ca. 25% des zu zahlenden Strompreises aus.

Mit der Energiewende werden die Stromnetzbetreiber vor zahlreiche Herausforderungen gestellt. Während konventionelle Stromerzeugungsanlagen eine planbare Grundlast zur Verfügung stellen, ist die regenerative Stromerzeugung stark volatil. Die Netzstabilität muss sowohl in Fällen der starken Produktion regenerativer Energie als auch bei einer verstärkten Verbrauchernachfrage und dem Ausbleiben der Lieferung aus regenerativer Energie stabil gehalten werden. Dies setzt einerseits erhebliche Investitionen der Netzbetreiber in die Netzinfrastruktur als auch eine Umstellung des Nutzungsverhaltens auf Verbraucherseite voraus. Gemäß § 41a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) müssen Stromlieferanten daher nun u.a. variable Stromtarife anbieten, die für Verbraucher einen Anreiz setzen sollen, bei einer erhöhten Stromerzeugung aufgrund günstiger Strompreise den Verbrauch anzupassen bzw. bei geringer Stromerzeugung aus günstiger regenerativer Energie den Stromverbrauch zu drosseln.

Auch auf der Ebene der Netzentgelte wird eine Anreizstruktur geschaffen, indem steuerbare Verbrauchseinrichtungen zu einem netzdienlichen Verbrauch verpflichtet werden, dies aber auch belohnt wird.

Netzentgelte

Bei den Stromnetzen handelt es sich um ein sogenanntes natürliches Monopol. Es wäre nicht wirtschaftlich, die Strominfrastruktur mehrfach zur Verfügung zu stellen. Mithin verteilt sich der Stromnetzbetrieb lokal und auf verschiedenen Netzebenen auf die jeweiligen Netzbetreiber, ohne dass hier ein wirtschaftlicher Wettbewerb vorliegt. Dies führt dazu, dass der Netzbetrieb und auch die Netzentgelte stark reguliert sind.

Die maßgeblichen Regelungen für die anzusetzenden Netzentgelte finden sich in § 20 EnWG und im Abschnitt 3 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV). Die hier interessanten Neuerungen, die für Immobilienbesitzer ein Einsparpotential beinhalten, ergeben sich aus § 14a EnWG.  

Gemäß dieser Vorschrift ist die Bundesnetzagentur (BNetzA) als Regulierungsbehörde für die Netzbetreiber berechtigt, Regelungen für die Marktrollen Lieferant, Letztverbraucher und Anschlussnehmer hinsichtlich der netzorientierten Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen oder von Netzanschlüssen mit steuerbaren Verbrauchseinrichtungen zu treffen. Im Gegenzug sind entsprechende Netzentgeltreduzierungen vorzunehmen. Die BNetzA setzte diesen Regelungsauftrag mit den Beschlüssen vom 23.11. und 27.11.2023 um.  

Steuerbare Verbrauchseinrichtungen – Verpflichtung zum Abschluss einer Vereinbarung zur Steuerung

Der Gesetzgeber hat in § 14a Abs. 3 S. 2 EnWG der BNetzA die Definition des Anwendungsbereichs der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen aufgetragen.

Die BNetzA hat den Anwendungsbereich gegenüber der in § 14a Abs. 3 EnWG beispielhaft genannten Verbraucher erheblich eingeengt. In 2.4.1 des Beschlusses vom 27. November 2023 unter dem Aktenzeichen BK6-22-300 sind die steuerbaren Verbrauchseinrichtungen auf Ladepunkte für die Elektromobilität, Wärmepumpenheizungen und Kühlanlagen sowie Stromspeicher beschränkt.

Für diese Anlagen muss seit 1.1.2024 künftig verpflichtend eine Vereinbarung zur Steuerung durch den Netzbetreiber zur Gewährleistung der Netzstabilität mit dem Netzbetreiber abgeschlossen werden. Bis dahin war eine solche Vereinbarung nur als Option ausgestaltet.

Dabei werden nur steuerbare Verbrauchseinrichtungen, die nach dem 1. Januar 2024 in Betrieb genommen werden, in den Anwendungsbereich aufgenommen. Für Einrichtungen, die vor dem 1.1.2024 in Betrieb genommen wurden, ändert sich daher grundsätzlich nichts. Allerdings gibt es für diese Anlagen die Möglichkeit, freiwillig auf die Neuregelung des § 14a EnWG umzusteigen.  

Sofern ein Eingriff durch den Netzbetreiber erfolgt, kann dieser die Einrichtungen allerdings nur drosseln und nicht vollständig abschalten. Die Einrichtungen müssen auch in diesem Falle weiterhin mit einer Mindestleistung von 4,2 kW versorgt werden.

Vorteil für den Verbraucher bzw. den Betreiber der steuerbaren Einrichtung

Im Gegenzug für die Ermöglichung eines Steuerungseingriffs zur Wahrung der Netzstabilität sind die Netzentgelte für den Verbraucher zu reduzieren. Die BNetzA hat diese Reduzierung in dem Beschluss vom 23.11.2023 unter dem Aktenzeichen BK8-22/010-A näher ausgestaltet und hält verschiedene Wahlmöglichkeiten bereit (hierzu sogleich).

Darüber hinaus birgt der Abschluss der Vereinbarung über die Steuerung durch den Netzbetreiber den Vorteil, dass die entsprechende Einrichtung schneller angeschlossen werden kann, da der Netzbetreiber den Anschluss nicht mehr ablehnen kann, z.B. aufgrund von Netzkapazitätsengpässen.  

Festlegung wirtschaftliche Anreizsetzung für Betreiber steuerbarer Verbrauchseinrichtungen

Der Beschluss der BNetzA vom 23.11.2023 unter dem Aktenzeichen BK8-22/010-A sieht drei verschiedene Module hinsichtlich der Reduzierung der Netzentgelte vor.

Modul 1 (Standardmodul: Pauschale Reduzierung)

Das Modul 1 enthält eine pauschale Ermäßigung von 80 EUR (brutto) zuzüglich einer netzbetreiberindividuellen Stabilitätsprämie. Die Stabilitätsprämie richtet sich nach dem Produkt aus der Multiplikation des Arbeitspreises mit dem Normverbrauch einer durchschnittlichen steuerbaren Verbrauchseinrichtung von 3.750 kWh/a und dem Stabilitätsfaktor von 0,2. Der Abzug dieser Ermäßigung darf nicht zu einem Erstattungsanspruch des Netzbetreibers gegenüber dem Netznutzer führen.

Dem Betreiber einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung wird das Modul 1 als Standardmodell zugerechnet.

Modul 2 (Prozentuale Reduzierung)

Das Modul 2 sieht eine Ermäßigung im Arbeitspreis in Cent/kWh vor. Der Netzbetreiber reduziert den Arbeitspreis laut Preisblatt auf 40%. Dabei gilt die Reduktion nur für die Entnahmemenge der steuerbaren Verbrauchseinrichtung. Für dieses Modul wird ein separater Zähler erforderlich, der die konkrete Entnahme durch die steuerbaren Verbrauchseinrichtungen erfasst. Es darf kein zusätzlicher Grundpreis anfallen, wenn eine Marktlokation mit Modul 2 abgerechnet wird.

Modul 3 (Zeitvariables Netzentgelt)

Das Modul 3 sieht ein zeitvariables Netzentgelt vor. Dabei muss der Netzbetreiber das Netzentgelt in drei Tarifstufen anbieten. Diese Tarifstufen sind mindestens zwei Quartale eines Jahres anzuwenden. Innerhalb der 24 Stunden eines Tages muss der Netzbetreiber mindestens einmal zwischen den drei Tarifstufen wechseln.  

Die zeitvariablen Netzentgelte müssen erstmals für das Jahr 2025 angeboten und ermittelt und ab dem 1.4.2025 abgerechnet werden.

Anforderungen an die Hardware

Wie bereits ausgeführt, bedarf es für die Inanspruchnahme des Moduls 2 eine weitere Zählvorrichtung, um den Verbrauch der steuerbaren Verbraucher exakt berechnen zu können.

Auch die anderen Module verlangen als Grundvoraussetzung die Verwendung eines intelligenten Messsystems sowie den Einbau einer Steuerungseinrichtung am Netzanschlusspunkt. Eine separate Zählvorrichtung für die steuerbare Verbrauchseinrichtung ist bei diesen Modulen jedoch nicht erforderlich.

Die maximalen Kosten für das intelligente Messsystem und die Steuerungseinrichtung richten sich nach dem Messstellenbetriebsgesetz. Demnach haben Anschlussnutzer bei Verwendung mindestens einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 b) Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) jährlich bis zu 50 EUR für die Verwendung eines intelligenten Messsystems zu zahlen. Für den Verbau und den Betrieb einer Steuerungseinrichtung am Netzanschlusspunkt kann der Anschlussnetzbetreiber eine Gebühr bis zu 10 EUR jährlich erheben (§ 35 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs.2 Nr. 2 a) MsbG).


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