Steuerberater als „nahestehende Personen“ im Sinne der Insolvenzordnung
Hintergrund
Zwei Partner einer Steuerberatersozietät hatten für die spätere Insolvenzschuldnerin, eine GmbH & Co. KG, u.a. die dauerhafte Buchführung und Kontierung im Zeitraum Januar bis April 2007 durchgeführt.
Für diese Tätigkeit erhielten sie am 18.2.2008 einen Teilbetrag von 500,00 EUR und am 12.6.2008 die Restsumme von 985,78 EUR. Die Mandantin beantragte am 4.9.2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Insolvenzverwalter verlangt das Honorar mit der Anfechtungsklage zurück.
Das Urteil des BGH v. 15.11.2012, IX ZR 205/11
Für die Anfechtung der zweiten Teilzahlung war in Bezug auf die Beweisregel des § 130 Abs. 3 InsO entscheidend, ob die Steuerberater als nahestehende Personen im Sinne des § 138 Abs. 2 InsO zu qualifizieren waren. Nach § 130 Abs. 3 InsO wird die für die Anfechtung erforderliche Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw. Antragstellung zulasten nahestehender Personen vermutet. Der Kern der Entscheidung liegt darin, dass der BGH die Grenzen der Anwendung dieser Vermutungsregel auf externe Berater aus dem Regelungszweck der Vorschrift herleitet und sehr eng fasst:
Zunächst sei eine Gleichbehandlung der Steuerberater mit leitenden Angestellten nur dann zu rechtfertigen, wenn an die besonderen Informationsmöglichkeiten des Beraters strenge Anforderungen gestellt würden. Im Grundsatz sei ein Berater zunächst – wie andere Vertragspartner – nicht als nahestehende Person zu begreifen. Auch ein Buchhaltungsmandat könne deshalb nur dann als Näheverhältnis gem. § 138 InsO betrachtet werden, wenn es dem Berater tatsächlich und rechtlich einen solchen Wissensvorsprung einräume, wie ihn sonst nur leitende Angestellte des Schuldners hätten. Die Vermutungswirkung des § 130 Abs. 3 InsO entfiele außerdem, wenn der Berater darlegen könne, dass das Mandat zur Zeit der Handlung bereits gekündigt oder tatsächlich beendet war.
Anmerkung
Steuerberater und Rechtsanwälte können nunmehr nur noch als nahestehende Personen qualifiziert werden, wenn die Informationsdichte des Beraters derjenigen eines leitenden Angestellten entspricht. Der Berater kann die Anwendung der Vermutungsregelung gegen sich auch durch die Kündigung und den Abbruch des Informationsflusses vermeiden. Insoweit ist Beratern zu empfehlen, gerade bei längerfristigen Beratungen wie z.B. der dauerhaften Buchführung – wenn möglich - kurze Kündigungsfristen zu vereinbaren. Letztlich stellt das Urteil in erfreulicher Klarheit dar, dass Berater in den überwiegenden Fällen nicht schlechter gestellt werden dürfen, als andere Vertragspartner des Schuldners.
Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Ingo Reinke, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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