Wettbewerbsverbot für den GmbH-Minderheitsgesellschafter
Hintergrund
Die Beklagten waren Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, und hielten an dieser 13 % bzw. 26 % der Geschäftsanteile. Sie waren außerdem Prokuristen der Klägerin und hatten mit dieser jeweils Anstellungsverträge abgeschlossen. Die Satzung der Klägerin sah ein Wettbewerbsverbot für alle Gesellschafter vor.
Im November 2014 kündigten die Beklagten ihre Anstellungsverträge mit der Klägerin und arbeiteten von diesem Zeitpunkt an für eine Konkurrenzgesellschaft. Daraufhin wechselten mehrere Geschäftspartner der Klägerin als Kunden zu der Konkurrenzgesellschaft. Im Dezember 2014 übten die Beklagten dann auch ein Kündigungsrecht in Bezug auf ihre Gesellschafterstellung bei der Klägerin aus und kündigten ihre Gesellschafterstellung bei der Klägerin auf das Ende des folgenden Jahres.
Die Klägerin klagte infolgedessen gegen die Beklagten u.a. auf Unterlassung von Wettbewerb bis zum Ausscheiden der Beklagten als Gesellschafter (d.h. bis zum Ablauf des Jahres 2015) sowie auf Schadensersatz für die – nach Auffassung der Klägerin – unter Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot begründeten Geschäfte mit den ehemaligen Kunden der Klägerin. Vor dem Landgericht blieb die Klage erfolglos.
Die Entscheidung des OLG Stuttgart vom 07.03.2019 (Az. 14 U 26/16)
Auch mit ihrer Berufung vor dem OLG Stuttgart hatte die Klägerin keinen Erfolg. Das Gericht entschied, dass das in der Satzung der Klägerin vereinbarte Wettbewerbsverbot unwirksam sei. Dies sei vor allem deshalb der Fall, weil die Beklagten als Minderheitsgesellschafter ohne Sonderrechte die Klägerin jedenfalls nach Beendigung ihres Anstellungsverhältnisses in keiner Weise kontrollieren und damit auch nicht von innen her zugunsten ihrer eigenen Konkurrenztätigkeit aushöhlen könnten.
Praxishinweis: Achtung bei Wettbewerbsverboten für Minderheitsgesellschafter
Wettbewerbsverbote für die Gesellschafter einer GmbH finden sich in vielen GmbH-Satzungen – und zwar in den verschiedensten Ausgestaltungen, was den sachlichen, zeitlichen und personellen Umfang angeht. Dies ist im Grunde nachvollziehbar, da die Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesellschaft zur Treue und gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind und es dem zuwiderlaufen würde, wenn einer der Gesellschafter der Gesellschaft durch seine Konkurrenztätigkeit schadet.
Trotzdem sind Wettbewerbsverbote nur begrenzt zulässig, weil sie einerseits die Berufsausübungsfreiheit der Gesellschafter einschränken und andererseits den Wettbewerb auf dem Markt beeinflussen. Sie müssen sich daher an wettbewerbsrechtlichen Vorschriften (§ 1 GWB) und dem allgemeinen Grundsatz der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) messen lassen. Generell gilt dabei: Wettbewerbsverbote sind zulässig, soweit sie dem Interesse der Gesellschaft Rechnung tragen, nicht von den Gesellschaftern von innen her ausgehöhlt und damit als Wettbewerber ausgeschaltet zu werden. Im vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall waren diese Voraussetzungen (jedenfalls nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses) nicht erfüllt, weil die Beklagten als Minderheitsgesellschafter ohne Sonderrechte die Klägerin nicht zugunsten ihrer Tätigkeit in der Konkurrenzgesellschaft beeinflussen konnten.
Für GmbHs und ihre Gesellschafter bedeutet dies: Achtung bei der Formulierung von Wettbewerbsverboten! Dies gilt besonders dann, wenn Minderheitsgesellschafter betroffen sind, weil Wettbewerbsverbote in diesen Fällen regelmäßig nur wirksam sind, wenn der Minderheitsgesellschafter die Gesellschaft relevant beeinflussen kann (z.B. über Sonderrechte wie Vetorechte oder Mehrstimmrechte oder eine besondere Mitarbeit in einer personalistisch geprägten Gesellschaft). Darüber hinaus müssen sich Wettbewerbsverbote immer auch räumlich, sachlich und zeitlich in einem angemessenen Rahmen bewegen. So wäre beispielsweise ein weltweites Wettbewerbsverbot für den Gesellschafter einer nur regional tätigen Gesellschaft unwirksam oder könnte dem Gesellschafter eines Bauunternehmens im Regelfall nicht verboten werden, sich im Kunsthandel zu betätigen. Ein Wettbewerbsverbot sollte daher in jedem Einzelfall genau geprüft und formuliert werden. Es sollte in diesem Zusammenhang auch erwogen werden, ob auch eine mildere Regelung (z.B. eine Kundenschutzklausel) den Interessen der Beteiligten ausreichend Rechnung trägt und daher vorzugswürdig ist.
Unabhängig vom Vorhandensein eines Wettbewerbsverbots dürfen die (Minderheits- und Mehrheits-)Gesellschafter einer GmbH – was das Urteil des OLG Stuttgart ebenfalls in Erinnerung ruft – jedoch nie treuwidrig Geschäfte der GmbH an sich ziehen. Dies war im vorliegend entschiedenen Fall jedoch nicht gegeben.
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