Werbung niederländischer Versandapotheke mit „Sofort-Bonus“

Eine Versandapotheke aus den Niederlanden warb mit einem Sofort-Bonus pro Privatrezept. Der Bonus wurde bei einer zukünftigen Bestellung eines nicht verschreibungspflichtigen Produkts gewährt. Einen Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung konnte der BGH darin nicht sehen. Es sei kein unmittelbarer Preisnachlass und  § 78 Abs. 1 S. 4 AMG ist laut EuGH-Rechtsprechung nicht anwendbar.

Die Beklagte, eine Versandapotheke aus den Niederlanden, warb auf deren Homepage und in der Zeitschrift „Bunte“ mit einem Sofortbonus in Höhe von 30 EUR pro Rezept.

Bonus wurde mit Kaufpreis nicht rezeptpflichtiger Produkte verrechnet

Der Bonus wurde bei Privatrezepten für rezeptpflichtige Medikamente dem Kundenkonto gutgeschrieben und mit dem Kaufpreis nicht rezeptpflichtiger Produkte verrechnet. Die Klägerin, die Berufsvertretung der Apotheker im Bezirk Nordrhein, mahnte die Beklagte deshalb ab. Das LG Stuttgart hat den Klageantrag der Klägerin auf Unterlassung hinsichtlich der auf den Sofortbonus gerichteten Werbung abgewiesen. Auch die hiergegen eingelegte Berufung und Revision blieben erfolglos.

BGH: Kein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes habe die Beklagte

  • weder gegen die Arzneimittelpreisbindung verstoßen
  • noch die unternehmerische Sorgfalt verletzt
  • oder Verbraucher irregeführt.

Zwar komme ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisbindung auch im Fall privat Krankenversicherter bei verschreibungspflichtigen Medikamenten durch das Werben mit einem über einen bestimmten Geldbetrag lautenden Gutschein in Betracht, so der für das Wettbewerbsrecht zuständige 1. Zivilsenat. Die Regelung des § 78 Abs. 1 S. 4 AMG stehe jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH nicht mit der Regelung in Art. 34 und 36 AEUV im Einklang und sei daher gegenüber einer in den Niederlanden ansässigen Apotheke nicht anwendbar (s. dazu unten).

Kaufpreis des Arzneimittels durch den Sofort-Bonus nicht gemindert

Auch wenn die Beklagte den Sofort-Bonus nicht auf der zur Vorlage beim privaten Krankenversicherer vorgesehenen Quittung vermerke, stelle dies keinen Verstoß gegen die unternehmerische Sorgfalt dar. Das Berufungsgericht habe zu Recht angenommen, dass die Beklagte keinen unmittelbaren Preisnachlass für die Bestellung einbringe, für welche der Bonus gewährt werde. Dieser werde erst für eine künftige, rechtlich gesonderte Bestellung von Waren aus einem bestimmten Teilsortiment der Beklagten gewährt. Ob der Kunde jedoch auch eine weitere Bestellung vornehme sei zum Zeitpunkt der Bonusgewährung regelmäßig offen. Eine versicherungsrechtliche Pflicht oder Obliegenheit des Versicherungsnehmers gegenüber seinem privaten Krankenversicherer, dass er einen solchen Bonus für eventuell zukünftige Bestellungen von nicht verschreibungspflichtigen Produkten erhalten habe, bestünde hingegen nicht.

Kein unlauteres Verhalten der beklagten Versandapotheke erkennbar

Zudem stehe der Klägerin auch keinen Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung für den Fall zu, dass die Beklagte auf der dem Versicherer vorzulegenden Quittung den Betrag der Gutschrift für den Kauf eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels offenlege, so das Gericht in Karlsruhe. Die Klägerin habe insoweit nicht dargelegt, dass die jeweilige Krankenkasse die Gutschrift bei Erstattung des vom Versicherungsnehmer verauslagten Betrages berechtigterweise berücksichtigen könnte.

(BGH, Urteil v. 20.02.2020, I ZR 5/19).


Hintergrund: EuGH-Rechtsprechung zu dem Thema

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in seinem Urteil vom 19. Oktober 2016 (C-148/15, GRUR 2016, 1312 = WRP 2017, 36 - Deutsche Parkinson Vereinigung) angenommen, die im deutschen Recht vorgesehene Festlegung einheitlicher Abgabepreise für verschreibungspflichtige Arzneimittel stelle eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 34 AEUV dar, weil sie sich auf in einem anderen Mitgliedstaat als der Bundesrepublik Deutschland ansässige Apotheken stärker auswirke als auf im deutschen Hoheitsgebiet ansässige Apotheken und der Marktzugang für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten dadurch stärker behindert werden könnte als für inländische Erzeugnisse (EuGH, GRUR 2016, 1312 Rn. 26 f. - Deutsche Parkinson Vereinigung).

Das deutsche Arzneimittelpreisrecht, das für verschreibungspflichtige Humanarzneimittel einheitliche Apothekenabgabepreise festsetze, könne auch nicht mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen im Sinne von Art. 36 AEUV gerechtfertigt werden, weil es nicht geeignet sei, die mit ihm angestrebten Ziele zu erreichen (EuGH, GRUR 2016, 1312 Rn. 46 - Deutsche Parkinson Vereinigung).

Die Regelung des § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG, wonach die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 Satz 1 AMG erlassene Arzneimittelpreisverordnung auch für Arzneimittel gilt, die gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG von einer Apotheke eines Mitgliedstaats der Europäischen Union an den Endverbraucher im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht werden, steht aber mit der Regelung in Art. 34 und 36 AEUV nicht in Einklang und ist daher gegenüber der in den Niederlanden ansässigen Beklagten nicht anwendbar.


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