Widerruf von Architekten- und Fachplanungsverträgen

Wird ein Architekten- oder Fachplanungsvertrag nicht im Büro des Planers geschlossen, ist die Vereinbarung – wenn der Auftraggeber als Verbraucher handelt – nach allgemeinen Verbraucherschutzregelungen widerruflich. Unterbleibt im Vorfeld (wie wohl weit überwiegend) eine entsprechende Belehrung durch den Planer, kann der Auftraggeber von der Widerrufsmöglichkeit noch rund ein Jahr nach Vertragsschluss Gebrauch machen. Die bis zum Widerruf von ihm in Empfang genommenen und verwendeten Planungs- und Überwachungsleistungen sind dabei – ganz im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes – nicht zu vergüten, auch eine Entschädigungspflicht des Auftraggebers besteht nicht.

Hintergrund

Architekten- oder sonstige Fachplanungsverträge werden europarechtlich als Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen verstanden. Damit fallen sie in den Anwendungsbereich der Europäischen Richtlinie über die Rechte von Verbrauchern (2011/83/EU), die umfassende – landläufig vorrangig aus dem Internetversandhandel bekannte – Aufklärungspflichten und Widerrufsrechte im Geschäftsverkehr mit Verbrauchern statuiert.

Von dieser Widerrufsmöglichkeit machte der Auftraggeber des vor dem OLG Köln verhandelten Verfahrens ausdrücklich Gebrauch, als sich im Zuge der isoliert beauftragten Leistungsphasen 1 und 2 abzeichnete, dass die Planung des Auftragnehmers seine Vorgaben zu Bauzeit und Baukosten nicht einhielt. Das unterzeichnete Auftragsschreiben hatte der Bauherr während der Fahrt zu einem Referenzobjekt im PKW an seinen Planer übergeben. Der Architekt ignorierte den Widerruf, stellte seine Schlussrechnung und klagte schließlich sein Honorar ein.

In dem in Stuttgart entschiedenen Fall gab es demgegenüber keinen schriftlichen Auftrag; es bestand vielmehr Streit darüber, ob die – im Nachgang zu einem während eines gemeinsamen Abendessens geführten Gesprächs – erbrachten Planungen dem Bereich der unentgeltlichen Akquise oder der entgeltpflichtigen Leistung auf Basis eines mündlich oder durch schlüssiges Handeln abgeschlossenen Vertrages zuzurechnen waren. Der auf Architektenhonorar verklagte Bauherr nahm den Standpunkt ein, ein Vertrag sei gar nicht zustande gekommen.

Die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Köln und Stuttgart

Die klagenden Architekten konnten mit den geltend gemachten Honoraransprüchen in Höhe von rund 6.000,- EUR und 56.000,- EUR nicht durchdringen, da die Auftraggeber die Verträge wirksam innerhalb der maßgeblichen Frist von zwölf Monaten und 14 Tagen widerrufen haben.

Die beiden Obergerichte sind sich dahingehend einig, dass ein Planervertrag keinen Vertrag über den „Bau von neuen Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden“ darstellt, für den der 26. Erwägungsgrund der Verbraucherschutzrichtlinie und – dem folgend – § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB eine (eng auszulegende) Bereichsausnahme von den Verbraucherwiderrufsregelungen vorsehen. Denn der Planer schuldet nicht die physische Errichtung des Gebäudes selbst, sondern die – damit nicht vergleichbaren – für dessen plangerechte und mangelfreie Entstehung erforderlichen Einzelleistungen.

Da in beiden Fällen seitens des gewerblich handelnden Planers nicht über die Möglichkeit zum Widerruf des außerhalb seiner Geschäftsräume geschlossenen Vertrages informiert wurde, begann die 14-tägige Widerrufsfrist nie zu laufen (§ 356 Abs. 3 S. 1 BGB), sodass das Widerrufsrecht erst zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss erloschen wäre (§ 356 Abs. 3 S. 2 BGB). In beiden Fällen wurde das Recht zum Widerruf jedoch vor Ablauf dieser Frist wirksam ausgeübt, wobei an die diesbezügliche Erklärung keine hohen Anforderungen zu stellen seien. Es genüge, wenn der Verbraucher eindeutig zum Ausdruck bringe, dass er den Vertrag nicht mehr gegen sich gelten lassen wolle. Er müsse sich auch nicht ausdrücklich auf die Regelungen zum Widerruf berufen; vielmehr seien dessen Voraussetzungen von Amtswegen durch das Gericht zu prüfen und zu berücksichtigen.

Die Auftraggeber sahen sich auch keinen Wertersatzansprüchen für die entgegengenommenen Planungsleistungen ausgesetzt, da deren Entstehung das ausdrückliche Verlangen des Verbrauchers voraussetzt, dass der Unternehmer mit der Leistung bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnen solle (§ 357 Abs. 8 BGB).

Anmerkung

Die Praxis zeigt, dass Architektenleistungen – gerade von bauunerfahrenen Verbrauchern – oftmals zu einem Zeitpunkt beauftragt werden, zu dem einerseits große Euphorie über das bevorstehende Bauprojekt und andererseits noch wenig bis keine Kenntnis von den Bau- und Baunebenkosten herrscht. Vielzählige der entsprechenden Verträge werden dabei „vor Ort“ geschlossen, wenn künftige Bauherren mit den sie sachverständig begleitenden Planern die verschiedenen Möglichkeiten zur Realisierung ausloten. Daneben besteht eine kaum mehr zu überblickende Rechtsprechungskasuistik zur Abgrenzung unentgeltlicher Akquise und entgeltpflichtiger Planerleistung, die belegt, dass dabei die Auffassung über den rechtlichen Charakter der Zusammenarbeit und die damit einhergehenden Kostenfolgen nicht selten auseinanderklaffen. Es dürfte Architekten geben, die diesen Umstand – bislang geschützt durch das gesetzliche Preisrecht der HOAI – durch einen geflissentlichen Verzicht auf klare Vertragsdokumente bewusst unaufgeklärt lassen und erst im Nachgang oder im Falle des Streits mit dem Bauherrn eine Vergütung in gesetzlicher Höhe einfordern.

Die jüngeren Entscheidungen aus Köln und Stuttgart sollten ein Weckruf für Planer und Ingenieure sein, mit eindeutigen Vertrags- und Hinweisdokumenten frühzeitig für Transparenz zu sorgen und so den rechtlichen Rahmen der eigenen Beauftragung abzustecken und zu sichern. Obgleich es keine gesetzlichen Änderungen als Initialzündung gebraucht hat, scheint die Rechtsprechung den Verbraucherschutz in diesem Bereich in den Fokus rücken zu wollen. Die Untergerichte dürften diese Hinweise jedenfalls gerne aufgreifen und so einen zügigen Ausweg aus dem oft komplexen Honorarrechtsstreit des Architekten finden.


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