Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Zuweisung der Arbeitnehmer an die gemeinsame Einrichtung (Jobcenter) nach § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II. Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen den zugewiesenen Arbeitnehmern und der gemeinsamen Einrichtung. Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat infolge der Zuweisung. kein Zustimmungserfordernis nach § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG
Leitsatz (amtlich)
1. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen einem der gemeinsamen Einrichtung (Jobcenter) nach § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II zugewiesenen Arbeitnehmer und dem Jobcenter, aus dem durch die Zuweisung begründeten Einsatzverhältnis, sind nach § 2
2. Infolge der gesetzlichen Zuweisung ist die Mitgliedschaft eines Arbeitnehmers
3. Die Zuweisung nach § 44g Abs. 1 Satz 1 SGB II bedarf nicht der Zustimmung des Personalrats der Agentur für Arbeit. § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG findet auf die gesetzliche Zuweisung weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung.
Normenkette
SGB II § 44g; BPersVG § 29 Abs. 1 Nrn. 4-5, § 47 Abs. 2 S. 3
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechtigung des Klägers, während seiner Arbeitszeit Personalratsaufgaben wahrzunehmen.
Der Kläger ist seit dem 1. Mai 1991 bei der Bundesagentur für Arbeit beschäftigt. Seit dem 7. März 2005 war er als Teamleiter SGB II in der Arbeitsgemeinschaft JobCenter F. gegen ein Entgelt von zuletzt 4.300,– Euro brutto tätig. Im Juni 2008 wurde er in den Personalrat bei der Agentur für A. in Berlin-M. gewählt. Für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Personalratsmitglied war er nicht von seiner Arbeitsleistung freigestellt.
Zum 1. Januar 2011 trat das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl. I 2010, S. 1112) in Kraft. Nach dem dadurch geänderten § 44b Abs. 1 SGB II bilden die Träger der Grundsicherung – die Agenturen für A. und die Kommunen – ab diesem Zeitpunkt gemeinsame Einrichtungen, um die Grundsicherung für Arbeitssuchende einheitlich durchzuführen. Die Aufgaben werden von Beamten und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind. § 44g Abs. 1 SGB II bestimmt, dass die Beamten und Arbeitnehmer der Träger, die bis zum 31. Dezember 2010 in einer Arbeitsgemeinschaft Aufgaben nach dem SGB II durchgeführt haben, mit Wirkung zum 1. Januar 2011 für die Dauer von fünf Jahren der gemeinsamen Einrichtung zugewiesen werden, die die Aufgaben der jeweiligen Arbeitsgemeinschaft weiterführt. In einem „Prozesshandbuch” der Bundesagentur für A. ist vorgesehen, dass voll freigestellte Mitglieder der Personalvertretung – im Gegensatz zu nur teilweise freigestellten – die Voraussetzungen für die gesetzliche Zuweisung zu den gemeinsamen Einrichtungen nicht erfüllen, da sie zum Stichtag keine Aufgaben nach dem SGB II wahrnehmen.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 teilte die Bundesagentur für A. dem Kläger mit, dass ihm ab dem 1. Januar 2011 für fünf Jahre seine bisherige Tätigkeit in der gemeinsamen Einrichtung der Agentur für A. Berlin-M. und des Landes Berlin bei der Beklagten gesetzlich zugewiesen sei. Mit Email vom 30. Dezember 2010 setzte die Beklagte ihn davon in Kenntnis, dass mit der Zuweisung seine Mitgliedschaft im Personalrat der Agentur für A. in Berlin-M. erloschen sei. In einem Gespräch am selben Tag teilte der Bereichsleiter des Klägers diesem mit, dass er ab Januar 2011 daher nicht mehr an den Sitzungen des Personalrats der A.agentur teilnehmen dürfe.
Mit seiner am 12. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet der Kläger sich hiergegen.
Der Kläger ist der Ansicht, dass er nicht nach § 29 Abs. 1 Nr. 4 oder Nr. 5 BPersVG aus dem Personalrat der Agentur für A. ausgeschieden sei. Die entgegen seinem Willen erfolgte Zuweisung an die Beklagte sei unwirksam. Die Zuweisung hätte nach § 47 Abs. 2 Satz 3 BPersVG der Zustimmung des Personalrats bedürft. Die Vorschrift sichere die Stetigkeit der Arbeit des Personalrats durch dessen möglichst unveränderte personelle Zusammensetzung. Da die Zuweisung nach § 44g Abs. 1 SGB II einer langfristigen Abordnung entspreche, sei § 47 Abs. 2 BPersVG auf diese – zumindest analog – anwendbar. Infolge der gesetzlichen Neuregelung des SGB II zum 1. Januar 2011 sei die Bestimmung lückenhaft geworden. Dies ergebe sich auch aus § 44g Abs. 5 SGB II. Zudem hätten sowohl die in der Agentur für A. verbleibenden als auch die zugewiesenen Beschäftigten ein Interesse daran, dass der Personalrat in seiner gewählten Zusammensetzung erhalten bliebe. Der von § 44g SGB II verfolgte Schutzzweck – die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtungen – sei durch eine analoge Anwendung von § 47 Abs. 2 BPersVG nicht gefährdet, weil die Personalratsmitglieder nur einen geringen Teil der zugewiesenen Beschäftigten ausmachten. Unabhängig hiervon sei durch...