Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnfortzahlung. Fortsetzungserkrankung
Leitsatz (amtlich)
Der Zeitraum von zwölf Monaten, innerhalb dessen ein Arbeiter wegen derselben Krankheit nur Lohnfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen beanspruchen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 2 LohnFG), ist vom Eintritt der ersten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit an zu berechnen (Bestätigung von ??*AG 25, 264 = AP Nr. 33 zu § 1 LohnFG).
Normenkette
LohnFG § 1 Abs. 1 Sätze 2, 1; RVO § 182 Abs. 10
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 10.03.1981; Aktenzeichen 23 Sa 1602/80) |
ArbG Aachen (Urteil vom 11.11.1980; Aktenzeichen 4 Ca 1365/80) |
Tenor
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. März 1981 – 23 Sa 1602/80 – wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die klagende Ortskrankenkasse verlangt von der beklagten Arbeitgeberin aus übergegangenem Recht (§ 182 Abs. 10 RVO) den Lohn ihres Versicherten für die Zeit vom 11. August 1980 bis zur 20. September 1980 (41 Kalendertage); die Beklagte hat eingewandt, der Sechs-Wochen-Zeitraum sei wegen einer Vorerkrankung zumindest teilweise erschöpft gewesen (§ 1 Abs. ??* Satz 2 LohnFG).
Der Arbeiter S… war bei der Klägerin gegen Krankheit versichert. Er war wegen derselben Krankheit, die auch ab 11. August 19??*0 für längere Zeit zur Arbeitsunfähigkeit führte, schon in der Zeit vom 11. Juni 1979 bis 22. Juni 1979, in der Zeit vom 15. Oktober 1979 bis 10. Juni 1980 sowie am 22. Juni 1980 (einen Tag) arbeitsunfähig krank. Die Beklagte zahlte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG zunächst den Lohn für die Zeit vom 11. Juni bis 22. Juni 1979 (zwölf Kalendertage) und für die Zeit vom 15. Oktober 1979 bis zum 13. November 197??* (30 Kalendertage). Auch für den 22. Juni 1980 erhielt er Arbeiter S… seinen Lohn. Für die Zeit ab 11. August 1980 verweigerte die Beklagte die Lohnfortzahlung. Die Klägerin gewährte deshalb ihrem Versicherten von diesem Zeitpunkt an Krankengeld in Höhe von 41,37 DM je Kalendertag. Sie fordert in Höhe des gezahlten Krankengeldes von der Beklagten für die Zeit vom 11. August 1980 bis zum 20. September 1980 – für 41 Kalendertage – den Lohn ihres Versicherten, der nach § 182 Abs. 10 RVO auf sie übergegangen sei. Ab 22. Juni 1980 habe der Arbeiter S… wieder einen neuen ohne fortzahlungsanspruch für die Dauer von sechs Wochen erwerben; auf diesen Anspruch sei nur die Vorerkrankung am 22. Juni 1980 anzurechnen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.696,1 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, auf den ab 11. August 1980 entstandenen Lohnfortzahlungsanspruch müsse sich der Arbeiter S… die Zeiten anrechnen lassen, für die er innerhalb eines Jahres – zurückgerechnet vom 11. August 1980 – bereits Lohn wegen derselben Krankheit erhalten habe; das sei die Zeit vom 15. Oktober bis 13. November 1979 (30 Tage) und der 22. Juni 1980 (einen Tag) gewesen. Der Arbeiter S… habe deshalb – gerechnet vom 11. August 1980 – nur noch Anspruch auf Lohn für zehn Kalendertage in Höhe von 413,70 DM.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. In Höhe von 413,70 DM hat die Beklagte die Verurteilung hingenommen; mit ihrer Berufung hat sie Abänderung dieses Urteils beantragt, soweit sie zu mehr als 413,70 DM verurteilt wurde. Diese Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt sie ihren Antrag, die Klage in Höhe von 1.282,4??* DM (Lohn für die Zeit vom 21. August 1980 bis zum 20. September 1980 = 31 Kalendertage) abzuweisen, weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat der Klage mit Recht stattgegeben. Ab 11. August 1980 hatte der Arbeiter S… nicht nur Anspruch auf Lohn für zehn Kalendertage, sondern für 41 Kalendertage. Sein Lohnfortzahlungsanspruch war, entgegen der Ansicht der Beklagten, noch nicht nach ??*1 Abs. 1 Satz 2 LohnFG erschöpft.
1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG verliert ein Arbeiter nicht den Anspruch auf Arbeitsentgelt für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit wenn er nach Beginn der Beschäftigung infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird. Dieser Anspruch besteht bis zur Dauer von sechs Wochen.
Für die Fälle, in denen der Arbeiter infolge derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig wird, enthält § 1 Abs. 1 Satz 2 LohnFG eine Einschränkung: Wird der Arbeiter innerhalb von zwölf Monaten infolge derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig, so hat der Arbeiter wegen sämtlicher Zeiten seiner Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Zwölf-Monats-Zeitraums nur Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Dauer von längstens sechs Wochen (= 42 Kalendertage).
Dies wiederum gilt jedoch nur dann, wenn der Arbeiter zwischen den einzelnen krankheitsbedingten Fehlzeiten nicht für mindestens sechs Monate arbeitsfähig war. Waren beim Eintritt der ernuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate seit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit vergangen, so erwirbt der Arbeiter – wie bei jeder anderen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit – einen Anspruch auf Lohnfortzahlung für die Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit, längstens jedoch für sechs Wochen. Die erneute Erkrankung ist – im arbeitsrechtlichen Sinne – keine Fortsetzungserkrankung sondern eine neue Krankheit, für die die Beklagte in jedem Falle den Lohn fortzuzahlen hat. Der Fortsetzungszusammenhang zwischen der früheren und der erneuten Erkrankung ist in solchen Fällen unterbrochen (vgl. Urteil des Senats vom 6. Oktober 1976 – 5 AZR 500/75-AP Nr. 41 zu § ??* LohnFG, Bl. 2).
Diese besonderen Regeln über Fortsetzungserkrankungen sind im vorliegenden Fall anzuwenden.
2. Die Entscheidung in diesem Rechtsstreit hängt davon ab, wie die Zwölf-Monats-Frist für die Höchstbezugsdauer der Lohnfortzahlung zu berechnen ist. Verschiedene Berechnungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
a) Nach der bisher vom Senat vertretenen Auffassung beginnt die Zwölf-Monats-Frist mit der ersten auf derselben Ursache beruhenden Arbeitsunfähigkeit mit der Folge, daß alle Wiederholungserkrankungen, die während dieses Zwölf-Monats-Zeitraums eintreten, Lohnfortzahlungsansprüche nur für insgesamt 42 Krankheitstage auslösen können. Erst nach Ablauf von Zwölf-Monaten kann ein neuer Lohnfortzahlungsanspruch entstehen (vgl. BAG 25, 264, 266 = AP Nr. 33 zu § 1 LohnFG, Bl. R). Diese Methode der Fristberechnung wird in der Literatur bezeichnet als die “Methode der Vorausberechnung” (vgl. Hofmann, Fristenprobleme bei der Fortsetzungserkrankung, Festschrift für Hilger/Stumpf, S. 343, 355). Allerdings sollte diese Bezeichnung nicht irreführen: Der erstmalige Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit setzt nicht den Lauf einer Frist in Gang; auf die Fristberechnung kommt es erst an, wenn der Arbeiter erneut und wiederholt wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig wird. Erst im Zeitpunkt der zweiten oder wiederholten Erkrankung muß festgestellt werden, ob der Bezugszeitraum erschöpft ist oder nicht. An diesem Zeitpunkt soll nach dieser Methode geprüft werden, ob Lohnfortzahlung innerhalb von zwölf Monaten für dieselbe Erkrankung geleistet wurde. Nur insoweit kommt es auf den Beginn der Ersterkrankung innerhalb des Zeitraums der letzten zwölf Monate an. Liegt der Beginn der Ersterkrankung länger zurück als zwölf Monate, hat der Arbeiter ohnehin einen ungekürzten neuen Anspruch auf Lohnfortzahlung für sechs Wochen. Das gleiche gilt, wenn es sich – wegen der Sonderregelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LohnFG (Sechs-Monats-Frist) – um eine arbeitsrechtlich neue Erkrankung handelt.
Dieser Berechnungsmethode hat sich das Berufungsgericht angeschlossen. Sie wird auch von der überwiegenden Meinung im Schrifttum vertreten (vgl. die Übersicht über den Meinungsstand bei Hofmann, Festschrift für Hilger/Stumpf, S. 343, 355, hier Fußn. 58).
b) Eine Gegenmeinung will den Zwölf-Monats-Zeitraum vom Beginn der letzten krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in die Vergangenheit zurückrechnen. Es wird von diesem Zeitpunkt aus festgestellt, ob in der Vergangenheit bereits Krankenlohn wegen dieser Fortsetzungserkrankung gezahlt worden ist und ob die sechs Wochen Lohnfortzahlung pro Fortsetzungserkrankung schon ausgeschöpft sind oder nicht. Diese Auffassung wird vertreten von Hofmann (aaO), Brecht (Lohnfortzahlung für Arbeiter, 3. Aufl. 1979, § 1 Rz 56; ders. Anm. zu BAG AP Nr. 33 zu § 1 LohnFG), Kehrmann/Pelikan (LohnFG, 2. Aufl. 1973, § 1 Rz 69), Kehrmann (AuR 1974, 126, 127, 128) sowie vom LAG Baden-Württemberg (EEK I/165) und LAG Frankfurt am Main (BB 1977, 1503, nur Leitsatz). Dabei gibt es im einzelnen noch sehr unterschiedliche Auffassungen (vgl. eine Übersicht bei Etzel, BlStSozArbR 1971, 215, 216). So wollen etwa Kehrmann/Pelikan von jedem Krankheitstag der Folgeerkrankung an zwölf Monate zurückrechnen und prüfen, ob jeweils die Höchstbezugsdauer der Lohnfortzahlung erschöpft ist oder nicht.
c) Der vorliegende Fall macht deutlich, wie es zu unterschiedlichen Ergebnissen je nach der Methode der Fristberechnung kommen kann. Nach der bisher vom Senat vertretenen Methode hatte der Arbeiter S… ab 22. Juni 1980 Anspruch auf Lohnfortzahlung für sechs Wochen (= 42 Kalendertage). Sein Lohnfortzahlungsanspruch war durch vorausgegangene Krankheiter nicht mehr erschöpft. Die Zwölf-Monats-Frist, die den Bezug von Krankenlohn eingeschränkt hätte, war am 10. Juni 1980 abgelaufen. Denn der Arbeiter S… war erstmals wegen derselben Krankheit schon am 11. Juni 1979 arbeitsunfähig krank geworden und hatte von diesem Tage an bereits für sechs Wochen (= 42 Kalendertage) Lohn erhalten. Der Beginn einer neuen Erkrankung nach dem 10. Juni 1980 löste also einen neuen ungekürzten Lohnfortzahlungsanspruch aus. Nach dieser Berechnung hatte der Arbeiter S… Anspruch auf Lohn für den 22. Juni 1980 und für die Zeit vom 11. August bis 20. September 1980 (= 41 Kalendertage).
Anders sieht es aus, wenn man vom 11. August 1980 an zwölf Monate zurückrechnet. Dann hatte der Arbeiter S… Lohn erhalten für den 22. Juni 1980 (einen Tag) und für die Zeit vom 15. Oktober bis 13. November 1979 (31 Kalendertage), zusammen also für 32 Kalendertage. Er hätte noch Anspruch auf zehn Kalendertage, mithin für die Zeit vom 11. August 1980 bis ??*0. August 1980.
3. Der Senat halt trotz der mit guten Gründen vorgebrachten Bedenken an einer bisherigen Rechtsprechung fest. Die von ihm vertrete die Auffassung wird dem Zweck des Gesetzes eher gerecht als die Gegenmeinung. Sie ist auch nicht weniger praktikabel. Es gibt deshalb keinen Grund, die Rechtsprechung zu ändern.
a) Zunächst spricht der Wortlaut mehr für die bisherige Auffassung des Senats. Mit gleichlautenden Formulierungen knüpfen § 1 Abs. 1 Satz 1 LohnFG und § 1 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz an das gleiche Ereignis an, nämlich an den Eintritt der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Von diesem Zeitpunkt an werden in dem einen wie dem anderen Falle die Ansprüche berechnet. Soll es auf einen zurückliegenden Zeitraum ankommen, bringt das Gesetz – wie § 1 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz zeigt – dies durch Verwendung der Vergangenheitsform deutlich zum Ausdruck (vgl. im einzelnen BAG 25, 264, 266 f. = AP Nr. 33 zu § 1 LohnFG).
b) Die bisherige Auslegung wird auch dem Zweck des Gesetzes eher gerecht als die Methode der Rückberechnung. Zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen die beiden Berechnungsmethoden immer kann, wenn Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit gehäuft am Ende des vorberechneten oder am Anfang des zurückberechneten Zwölf-Monats-Zeitraums auftreten. War ein Arbeiter jeweils im Januar und Juli nur für eine Woche, im November aber für vier Wochen arbeitsunfähig krank, und erkrankt er dann erneut im Januar oder Februar des folgenden Jahres für die Dauer von sechs Wochen, erhält er bei der Methode der Vorausberechnung, die bei der ersten Erkrankung ansetzt, erneut Lohnfortzahlung für diese Erkrankung, während er nach der Methode der Rückberechnung nur Lohnfortzahlung für eine Woche beanspruchen könnte, weil die letzten vier Wochen der Erkrankung im November des Vorjahres und die Vorerkrankung im Juli des Vorjahres zu einer Kürzung des Anspruchs führen müßten. Dieses Ergebnis wird als unbillig empfunden (vgl. zum Beispiel und zur Bewertung Hofmann, aaO, S. 360; Kehrmann, AuR 1974, 126, 128).
Dieses Ergebnis ist so unbillig aber nicht. Den Vertretern der Meth de der Rückberechnung geht es nur um die gleichmäßige Belastung des Arbeitgebers; er soll innerhalb von zwölf Monate mit einer Lohnfortzahlung für ein und dieselbe Krankheit jeweils nur sechs Wochen belastet werden. Bei dieser Methode hängt der Umfang der Lohnfortzahlungspflicht deshalb davon ab, wie einzelne Zeiten der Arbeitsunfähigkeit im Zwölf-Monats-Zeitraum verteilt sind.
Der Senat hat demgegenüber bisher in der Zwölf-Monats-Frist eine Höchstsbezugsgrenze gesehen. Das Gesetz mutet dem Arbeitgeber zu, einem Arbeiter jeweils in einem Zeitraum von zwölf Monaten für sechs Wochen Lohnfortzahlung wegen ein und derselben Krankheit zu gewähren (so auch Etzel, BlStSozArbR 1971, ??*215, 217). Ist der Arbeiter länger als sechs Wochen arbeitsunfähig krank, erhält er innerhalb dieses Zeitraums von zwölf Monaten keine weitere Lohnfortzahlung mehr. Erst nach Ablauf von zwölf Monaten beginnt ein neuer Anspruch; die Sperre – die Zwölf-Monats-Frist – ist weggefallen. Versteht man die Norm so, ist es folgerichtig – selbst nach Auffassung der Kritiker (vgl. Brecht, Anm. zu BAG AP Nr. 33 zu § 1 LohnFG, zu 4 der Gründe) – den Zwölf-Monats-Zeitraum von der Ersterkrankung in die Zukunft zu berechnen. In dem gewählten Beispiel – und auch im vorliegenden Fall – erfüllt der Arbeitgeber mit der Lohnfortzahlung zu Beginn des zweiten Zwölf-Monats-Zeitraums seine Lohnfortzahlungspflicht auch für den genannten weiteren Zeitraum; Lohnfortzahlungsansprüche wegen derselben Krankheit können bis zum Ablauf weiterer zwölf Monate nicht mehr entstehen.
Daß es dem Gesetzgeber gerade auf eine gleichmäßige Belastung des Arbeitgebers angekommen wäre, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Wortlaut und Zweck des Gesetzes sprechen vielmehr für eine Zumutbarkeitsregelung im Sinne der Höchstbezugsdauer für jeweils zwölf Monate, wie sie der Methode der Vorausberechnung zugrunde liegt.
c) Die Methode der Vorausberechnung ist auch nicht unpraktikabler als die Methode der Rückberechnung. Entgegen der Auffassung von K??*hrmann (aaO, S. 128) braucht der Arbeitgeber noch nicht bei der erstmaligen Erkrankung eines Arbeiters die Ursache der Krankheit festzuhalten, weil es darauf im Falle einer späteren Arbeitsunfähigkeit ankommen könnte. Bei beiden Methoden wird erst dann geprüft, ob Lohnfortzahlung zu leisten ist, wenn der Arbeiter erneut erkrankt und sich Anhaltspunkte dafür finden, daß es sich um eine Wiederholungserkrankung im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 LohnFG handelt. Dabei scheiden schon die Fälle aus, in denen zwischen dem Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit und dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit weniger als sechs Monate liegen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LohnFG). Es stimmt also nicht, daß sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer an eine zehn und mehr Monate zurückliegende Ersterkrankung erinnern müßten.
Manche Bedenken gegen die vom Senat für richtig gehaltene Berechnungsmethode gehen davon aus, daß sich an einen Zwölf-Monats-Zeitraum, der mit der Ersterkrankung beginne, jeweils eine neuen Zwölf-Monats-Zeitraum anschließe, so daß es zu einer Kette??*starrer Blockfristen komme. Bei einer solchen Berechnungsweise käme es also noch nach Jahr und Tag auf den erstmaligen Beginn eines Zwölf-Monats-Zeitraums an. So ist die Entscheidung des Senats jedoch nicht zu verstehen. Ein neuer zweiter Zwölf-Monats-Zeitraum braucht nicht unmittelbar an den vorangegangenen anzuschließen. Er beginnt erst mit Eintritt der nächsten Arbeitsunfähigkeit (vgl. Töns, Die wirtschaftliche Sicherung der Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit, C 1??*7). Zu dieser Berechnung zwingt im übrigen schon die Regelung in § 1 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 LohnFG: Sind beim Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit mindestens sechs Monate seit dem Ende der letzten Arbeitsunfähigkeit vergangen, handelt es sich arbeitsrechtlich um eine neue Erkrankung, nicht mehr um eine Wiederholungs- oder Fortsetzungskrankheit. Auf alle früheren Vorerkrankungen kann es dann nicht mehr ankommen, auch nicht bei der Berechnung des Zwölf-Monats-Zeitraums (BAG Urteil vom 6. Oktober 1976 – 5 AZR 500/75 – AP Nr. 41 zu § 1 LohnFG). Aber auch im übrigen wird es sachgerecht sein, nicht von einer Kette starrer Blockfristen auszugehen, sondern jeweils darauf abzustellen, wann der Arbeiter nach Ablauf der Sperrfrist wieder erneut wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig geworden ist. Folgt man dieser Auffassung, sind die meisten Bedenken, die Berechnung sei unpraktisch, ausgeräumt.
d) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 LohnFG, wie sie der Senat für richtig hält, bestehen nicht. Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht schon deshalb verletzt, weil diese Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 LohnFG in einigen Fällen für einen Arbeitgeber ungünstiger ist als die Auslegung, die die Beklagte für richtig hält.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Heither, Michels-Holl, Fischer, Arntzen
Fundstellen
Haufe-Index 1766808 |
BAGE, 234 |
NJW 1985, 695 |
JR 1985, 352 |