Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich von Arbeitszeitguthaben. öffentlicher Dienst. Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Nach § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA ist der Geldwert eines Arbeitszeitguthabens ua. auszuzahlen, wenn der Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen oder anderen von ihm nicht zu vertretenden persönlichen Gründen bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses das Zeitguthaben nicht ausgleichen kann. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach der Freistellungserklärung des Arbeitgebers arbeitsunfähig erkrankt. Unerheblich ist, ob und inwieweit der Arbeitnehmer einen bereits im voraus gewährten Arbeitszeitausgleich seinen Vorstellungen entsprechend nutzen kann.
Orientierungssatz
- Ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich durch Freistellung von der Arbeitspflicht wird grundsätzlich auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer nach der wirksamen Festlegung der Arbeitsbefreiung im Freistellungszeitraum arbeitsunfähig erkrankt. Eine nachträglich eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit für die Dauer des Freistellungszeitraums hebt die Erfüllungswirkung der Freistellungserklärung nicht auf.
- Gemäß § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA ist der Geldwert des Arbeitszeitguthabens zu dem angegebenen Fälligkeitstermin auszuzahlen, wenn der Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen oder anderen von ihm nicht zu vertretenen persönlichen Gründen bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein zu seinen Gunsten bestehendes Zeitguthaben nicht ausgleichen kann. Eine entsprechende Zahlungspflicht tritt nicht ein, wenn der Arbeitnehmer wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit eine zuvor zum Ausgleich des Arbeitszeitkontos erfolgte Arbeitsbefreiung nicht seinen Vorstellungen entsprechend nutzen kann. Dieses Risiko trägt nach der Tarifbestimmung grundsätzlich der Arbeitnehmer.
Normenkette
Tarifvertrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalt vom 3. Februar 1997 (Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA) § 6 Abs. 2, §§ 2-5
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 26.04.2002; Aktenzeichen 2 Sa 797/01) |
ArbG Dessau (Urteil vom 16.08.2001; Aktenzeichen 9 Ca 75/01) |
Tenor
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 26. April 2002 – 2 Sa 797/01 – wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens.
Die Klägerin war vom 1. Juli 1991 bis zum 30. September 2000 bei dem beklagten Land als Grundschullehrerin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifrechtliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und danach auch der Tarifvertrag zur Sicherung von Arbeitsplätzen an allgemeinbildenden Schulen Sachsen-Anhalts (Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA vom 3. Februar 1997) Anwendung. Nach dessen § 2 Abs. 1 war für vollzeitbeschäftigte Lehrkräfte an Grundschulen in der Zeit vom 1. August 1997 bis zum 31. Juli 2003 eine Herabsetzung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit auf 81 vH sowie eine entsprechende Absenkung der Vergütung vereinbart. Die herabgesetzte Arbeitszeit konnte nach § 3 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA bei einem entsprechenden Bedarf durch den Arbeitgeber vorübergehend erhöht werden. Die daraufhin über die abgesenkte Arbeitszeit hinaus zu erbringenden Stunden waren in ein Arbeitszeitkonto einzustellen.
Im Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA heißt es dazu:
“Abschnitt III
Arbeitszeitausgleich
§ 4
Einrichtung und Führung von Konten über den Arbeitszeitausgleich
…
(2) Auf dem Konto über den Arbeitszeitausgleich sind die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit (§ 2) und die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit (§ 3) zu verbuchen; aus vom Arbeitnehmer zu vertretenden Gründen nicht geleistete Arbeitszeit ist abzuziehen. Überschreitet die bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit, so ergibt die Differenz die Höhe des Zeitguthabens. …
…
§ 6
Ausgleich von Zeitguthaben und Zeitdefizit
(1) Der Arbeitszeitausgleich soll bis zum Ende des Vertragszeitraumes erfolgen.
(2) Kann der Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen oder anderen von ihm nicht zu vertretenden persönlichen Gründen bis zum Ende der Laufzeit dieses Vertrages bzw. bis zum Zeitpunkt einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeitguthaben nicht ausgleichen, ist der Geldwert des Arbeitszeitguthabens, der durch den Bruchteil der Vergütung (§ 26 BAT-O) für die der Fälligkeit vorausgehenden 12 Monate einschließlich der Zuwendung, der der Stundenzahl des Zeitguthabens entspricht, bestimmt wird, spätestens 3 Monate nach Ende des Zeitraumes der Führung von Arbeitszeitkonten bzw. nach dem Ausscheiden auszuzahlen.
…”
Die Parteien schlossen am 20. März 2000 einen Aufhebungsvertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2000 beendet wurde. Daraufhin stellte das beklagte Land die Klägerin mit Schreiben vom 31. März 2000 zum Ausgleich eines Arbeitszeitguthabens von 254,01 Stunden wie folgt frei:
“…
– Minderung des Guthabens in der Zeit bis zum 31.07.00 (B): |
91,29 Stunden |
– Abzug für den Zeitraum 21.08.00 – 30.09.00 (C): |
131,22 Stunden” |
Die verbleibenden 31,50 Stunden wurden zum Ende der Vertragslaufzeit durch Zahlung der entsprechenden Vergütung ausgeglichen. In dem Freistellungszeitraum vom 21. August bis zum 30. September 2000 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Sie verlangte deshalb von dem beklagten Land Auszahlung des Geldwertes des Arbeitszeitguthabens von 131,22 Stunden, das durch Freistellung während dieser Zeit hätte abgeschmolzen werden sollen.
Die Klägerin ist der Ansicht, auf Grund ihrer Erkrankung habe sie die ursprünglich geplante Freizeit nicht in Anspruch nehmen können und daher für die vorgeleistete Arbeit keinen Ausgleich durch Freizeit erhalten. Ihr stehe demnach eine Abgeltung in Geld gemäß § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA zu. Ihre Erkrankung während des Freistellungszeitraums sei ein von ihr nicht zu vertretender persönlicher Grund iSd. Tarifvorschrift.
Die Klägerin hat beantragt
das beklagte Land zu verurteilen, an sie 6.335,85 DM (3.239,47 Euro) nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG vom 9. Juni 1998 seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, ein Ausgleich des Arbeitszeitguthabens durch bezahlte Freistellung sei auch während einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit möglich. Die Tarifvertragsparteien hätten eine mit § 9 BUrlG vergleichbare Regelung gerade nicht in § 6 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA aufgenommen. Neben der Entgeltfortzahlung stehe der Klägerin für die Dauer ihrer Erkrankung kein zusätzlicher Ausgleichsanspruch zu.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das beklagte Land beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA auf Auszahlung des Geldwerts eines Arbeitszeitguthabens von 131,22 Stunden iHv. 6.335,85 DM (3.239,47 Euro). Den Anspruch auf Abgeltung dieses Arbeitszeitguthabens hat das beklagte Land bereits auf Grund der bezahlten Freistellung der Klägerin in der Zeit vom 21. August bis 30. September 2000 erfüllt.
1. Die Klägerin wurde als vollbeschäftigte Lehrkraft an einer Grundschule des beklagten Landes vom persönlichen Geltungsbereich des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA erfasst. Demgemäß richtet sich der Ausgleich der von ihr über die abgesenkte regelmäßige Arbeitszeit hinaus erbrachten Arbeitsleistung nach § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA. Danach ist der Geldwert eines Arbeitszeitguthabens zu dem angegebenen Fälligkeitstermin ua. auszuzahlen, wenn der Arbeitnehmer aus dienstlichen Gründen oder anderen von ihm nicht zu vertretenden persönlichen Gründen bis zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeitguthaben nicht ausgleichen kann.
2. Die Klägerin ist mit Schreiben vom 31. März 2000 für die Zeit vom 21. August bis zum 30. September 2000 zur Abschmelzung eines Arbeitszeitguthabens nach § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA im Umfang von 131,22 Stunden von der Arbeitsleistung wirksam freigestellt worden. Damit hat das beklagte Land den tariflichen Anspruch auf Ausgleich des Zeitguthabens durch bezahlte Arbeitsbefreiung in diesem Umfang erfüllt. Entgegen der Ansicht der Klägerin hat ihre nach Zugang der Freistellungserklärung vom 31. März 2000 eingetretene krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 21. August bis 30. September 2000 die Erfüllung des Zeitausgleichsanspruchs durch bezahlte Freistellung nicht rückwirkend beseitigt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein Anspruch auf Arbeitszeitausgleich bereits durch die Freistellung von der Arbeitspflicht erfüllt. Der Arbeitnehmer ist in diesem Falle nicht mehr verpflichtet, im Freistellungszeitraum die nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Er kann über diesen Zeitraum frei verfügen, ohne dass die Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung der entsprechenden Vergütung entfällt. Eine nachträglich eintretende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Freistellungszeitraum macht die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs nicht hinfällig (BAG 4. September 1985 – 7 AZR 531/82 – BAGE 49, 273 = AP BAT § 17 Nr. 13; 2. Dezember 1987 – 5 AZR 652/86 – AP LohnFG § 1 Nr. 76 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 37; 18. Dezember 1990 – 1 ABR 11/90 – BAGE 66, 338 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 98 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 79; 30. Januar 1991 – 5 AZR 78/90 – EEK I/1039; 21. August 1991 – 5 AZR 91/91 – BAGE 68, 218 = AP TVG § 1 Tarifverträge: Schuhindustrie Nr. 4 = EzA TVG § 4 Schuhindustrie Nr. 1) . Demnach trägt grundsätzlich der Arbeitnehmer das Risiko, die durch Arbeitsbefreiung als Arbeitszeitausgleich gewonnene Freizeit auch tatsächlich nach seinen Vorstellungen nutzen zu können.
b) Etwas anderes gilt im Falle eines tarifvertraglich geregelten Arbeitszeitausgleichs nur dann, wenn der Tarifvertrag mit dem Freizeitausgleich die Verschaffung einer zu Erholungszwecken nutzbaren arbeitsfreien Zeit sicherstellen und dazu dem Arbeitgeber bei einer zuvor erfolgten Festlegung der freien Arbeitstage das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit zuweist. Ein darauf gerichteter Wille der Tarifvertragsparteien lässt sich dem Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA nicht entnehmen.
aa) Nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 2 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA, von dem bei der Tarifauslegung grundsätzlich auszugehen ist (vgl. BAG 21. Juli 1993 – 4 AZR 468/92 – BAGE 73, 364 = AP TVG § 1 Auslegung Nr. 144 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 28; 21. März 2002 – 6 AZR 108/01 (A) – AP BAT-O § 23a Nr. 2 = EzA EG-Vertrag 1999 Art. 141 Nr. 10, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) , hat eine Auszahlung des Zeitguthabens nur dann zu erfolgen, wenn der Zeitausgleich bis zum Ende der Laufzeit des Tarifvertrags bzw. bis zum Zeitpunkt einer vorherigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen eines vom Arbeitnehmer nicht zu vertretenden Grundes unterblieben ist. Unerheblich ist danach, ob und inwieweit der Arbeitnehmer einen bereits im Voraus gewährten Arbeitszeitausgleich nach seinen Vorstellungen nutzen kann. Aus dem Tarifwortlaut geht nicht hervor, dass die Tarifvertragsparteien, abweichend von den allgemeinen Grundsätzen, eine Erfüllung des Anspruchs auf Arbeitszeitausgleich ausnahmsweise ausschließen wollten, falls der Arbeitnehmer nach bereits erfolgter Festlegung des Arbeitszeitausgleichs im Ausgleichszeitraum arbeitsunfähig erkrankt.
bb) Gesamtzusammenhang, Sinn und Zweck der tariflichen Regelung bestätigen das Ergebnis. § 2 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA hat die regelmäßige Arbeitszeit und die Vergütung einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft für die Geltungsdauer des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA rechtswirksam auf 81 vH herabgesetzt (vgl. hierzu BAG 28. Juni 2001 – 6 AZR 114/00 – BAGE 98, 175 = AP BGB § 611 Arbeitszeit Nr. 24 = EzA TVG § 4 Beschäftigungssicherung Nr. 7) . Die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA kann gemäß § 3 Abs. 1 dieses Tarifvertrags nach Maßgabe des jeweiligen Bedarfs auf Anordnung des Arbeitgebers überschritten bzw. unterschritten werden (sog. bedarfsbedingte regelmäßige Arbeitszeit) mit der Folge, dass sich gemäß der in § 4 des Tarifvertrags enthaltenen Regelung zur Einrichtung und Führung von Konten über den Arbeitszeitausgleich aus der jeweiligen Differenz ein Zeitguthaben bzw. Zeitdefizit ergibt. Der Ausgleich von Zeitguthaben und Zeitdefiziten soll hierbei nach § 6 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA bis zum Ende des Vertragszeitraums erfolgen. Eine Auszahlung des Geldwertes des Arbeitszeitguthabens erfolgt gemäß § 6 Abs. 2 dieses Tarifvertrags nur dann, wenn der Arbeitnehmer aus dienstlichen oder einem von ihm nicht zu vertretenden Grund das Zeitguthaben bis zu dem genannten Zeitpunkt nicht ausgleichen kann.
Aus dem Zusammenhang dieser tariflichen Bestimmungen folgt, dass die Tarifvertragsparteien eine gemäß § 3 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA festgelegte bedarfsbedingte Erhöhung der regelmäßigen Arbeitszeit einschließlich eines späteren Arbeitszeitausgleichs grundsätzlich nur als Verlegung der gemäß § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags geschuldeten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit behandeln wollten. Entsprechend dem Gesamtzusammenhang der Tarifbestimmungen dient die Freistellung einer Lehrkraft allein dem Zweck, einen Ausgleich zwischen ihrer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA und der vom beklagten Land festgelegten erhöhten bedarfsbedingten regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 3 Abs. 1 dieses Tarifvertrags herbeizuführen.
Mit dem in der Überschrift des einschlägigen Abschnitts III des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA verwandten Begriff des “Arbeitszeitausgleichs” und den Regelungen zum Arbeitszeitausgleich in den §§ 4 bis 6 dieses Abschnitts des Tarifvertrags haben die Tarifvertragsparteien zugleich den Zweck dieser Tarifbestimmungen ausdrücklich und eindeutig bezeichnet. Dieser besteht darin, einen Ausgleich von Zeitguthaben bzw. Zeitdefiziten zu erreichen, die sich aus einer von § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags abweichenden bedarfsbedingten regelmäßigen Arbeitszeit nach § 3 des Tarifvertrags ergeben. Demgegenüber lässt sich den tariflichen Bestimmungen nicht entnehmen, dass mit einem Arbeitszeitausgleich mehr und anderes bewirkt werden soll als der Ausgleich der Differenz zwischen der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit nach § 2 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA und der nach § 3 dieses Tarifvertrags festgelegten bedarfsbedingten regelmäßigen Arbeitszeit. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck dieses Tarifvertrags bieten Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit dem Arbeitszeitausgleich – neben der Einhaltung der in § 2 Abs. 1 des Tarifvertrags festgelegten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit – auch eine tatsächliche Nutzung der festgelegten arbeitsfreien Zeit durch den Arbeitnehmer nach seinen Vorstellungen sicherstellen und bei einem bereits zuvor festgelegten Arbeitszeitausgleich das Risiko dieser Nutzungsmöglichkeit im Falle einer nachträglich aufgetretenen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers dem Arbeitgeber auferlegen wollten. Der Arbeitszeitausgleich soll der Einhaltung der zur Sicherung von Beschäftigungsmöglichkeiten reduzierten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1 Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA dienen, nicht aber einem besonderen Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers.
3. Eine Ausnahme von dem Grundsatz, nach dem die Nutzungsmöglichkeit arbeitsfreier Zeiten in die Risikosphäre des Arbeitnehmers fällt, enthalten § 9 BUrlG und die entsprechende Vorschrift des § 47 Abs. 6 Unterabs. 2 BAT-O. Diese Ausnahmeregelungen gelten nur für den Erholungsurlaub. Einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften steht bereits entgegen, dass der Arbeitszeitausgleich nach den Regelungen des Arbeitsplatzsicherungs TV Schulen LSA nicht zu einem dem Erholungsurlaub vergleichbaren Zweck erfolgt, sondern der Einhaltung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrags dient (vgl. BAG 4. September 1985 – 7 AZR 531/82 – BAGE 49, 273 = AP BAT § 17 Nr. 13; 2. Dezember 1987 – 5 AZR 652/86 – AP LohnFG § 1 Nr. 76 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 37) .
4. Auch die Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 37 BAT-O, EntgeltfortzahlungsG) führen vorliegend zu keinem anderen Ergebnis.
Die gesetzliche bzw. tarifliche Regelung der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sichert nur den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem ansonsten eintretenden Anspruchsverlust nach § 323 BGB aF (§ 326 Abs. 1 BGB nF) infolge seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit (BAG 4. September 1985 – 7 AZR 531/82 – BAGE 49, 273 = AP BAT § 17 Nr. 13) . Der Entgeltfortzahlungsanspruch setzt daher voraus, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist (BAG st. Rspr., 22. August 2001 – 5 AZR 699/99 – BAGE 98, 375 = AP EntgeltFG § 3 Nr. 11= EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 8; 19. Januar 2000 – 5 AZR 637/98 – BAGE 93, 212 = AP BGB § 611 Berufssport Nr. 19 = EzA EntgeltfortzG § 4 Nr. 3) . Das ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer auch aus einem anderen Grund nicht gearbeitet hätte.
Vorliegend war die Klägerin bereits vor Eintritt ihrer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zum Ausgleich ihres Arbeitszeitkontos unter Fortzahlung ihrer Vergütung wirksam von ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt worden. Ihr haben demnach für die Zeit vom 21. August bis 30. September 2000 keine Krankenbezüge gemäß § 37 BAT-O zugestanden, sondern das nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen geschuldete Arbeitsentgelt nach § 611 Abs. 1 BGB. Zwar hat das beklagte Land gemeint, die Vergütung für diese Zeit richte sich nach § 37 BAT-O. Die bloß rechtsfehlerhafte Einordnung der eigenen Zahlungspflicht ist jedoch unerheblich, zumal der Entgeltfortzahlungsanspruch inhaltlich nichts anderes ist als der vertraglich geschuldete Anspruch auf die Arbeitsvergütung (vgl. ErfK/Dörner 4. Aufl. § 3 EFZG Rn. 100) .
Unterschriften
Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler, Reimann, Matiaske
Fundstellen
Haufe-Index 1120378 |
BAGE 2005, 278 |
BB 2004, 1396 |
EBE/BAG 2004, 3 |
NZA 2004, 738 |
SAE 2004, 164 |
ZTR 2004, 302 |
AP, 0 |
NJ 2004, 240 |
PersR 2004, 445 |
PersV 2005, 77 |
RiA 2004, 216 |
ZfPR 2004, 239 |
AUR 2004, 164 |
Tarif aktuell 2004, 12 |