Entscheidungsstichwort (Thema)
Heimarbeit geringfügig Beschäftigter
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine erwerbsmäßige Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 1 HAG setzt voraus, daß die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer angelegt ist und zum Lebensunterhalt beitragen soll. Es ist nicht erforderlich, daß mit den erzielten Einkünften der Lebensunterhalt der Beschäftigten bestritten werden könnte.
2. Die Befreiung geringfügig Beschäftigter von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung hindert nicht die Annahme, daß die Beschäftigung die Merkmale eines Heimarbeitsverhältnisses erfüllt.
3. Die Schutzvorschriften des Heimarbeitsgesetzes können nicht abbedungen werden.
Normenkette
HAG §§ 19, 25, 2 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Buchst. a
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 15.05.1986; Aktenzeichen 3 Sa 1208/85) |
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 30.05.1985; Aktenzeichen 2 Ca 570/84) |
Tatbestand
Das klagende Land Hessen nimmt die Beklagte aufgrund gesetzlicher Prozeßstandschaft gem. § 25 Satz 1 HAG auf Zahlung von Minderbeträgen zugunsten sechs namentlich bezeichneter Frauen in Anspruch, die in ihren Wohnungen für die Beklagte Schreibarbeiten ausgeführt haben. Gefordert werden Beträge in unterschiedlicher Höhe für die Zeit vom 1. Februar 1981 bis zum 31. März 1983. Nach Auffassung des klagenden Landes handelt es sich um Heimarbeiterinnen, denen aufgrund der bindenden Festsetzungen von Entgelten und sonstigen Vertragsbedingungen für Adressenschreiben, Abschreibearbeiten und ähnliche Arbeiten in Heimarbeit vom 16. Oktober 1979 (Bundesanzeiger Nr. 5 vom 9. Januar 1980), 13. Januar 1981 (Bundesanzeiger Nr. 84 vom 7. Mai 1981) und 18. Februar 1982 (Bundesanzeiger Nr. 93 vom 19. Mai 1982) festgesetzte Arbeitsentgelte in Mindesthöhe und Zuschläge zustehen. Das Land hat die Differenzbeträge im einzelnen errechnet und zusammengestellt (Anlage zur Klageschrift). Die Beklagte hat die Berechnung überprüft und korrigiert. Hiernach ergibt sich statt des vom Land geforderten Gesamtbetrags von 6.485,66 DM ein Betrag von insgesamt 5.840,46 DM.
Das klagende Land hat vorgetragen: Die anspruchsberechtigten Frauen erfüllten sämtliche Merkmale der Heimarbeit; sie hätten an selbst gewählter Arbeitsstätte Schreibarbeiten erledigt, die von der Beklagten verwertet worden seien. Ihnen stünden daher die bindend festgesetzten Mindestentgelte sowie Urlaubsgeld, Feiertagsgeld, Kranken- und Heimarbeiterzuschlag zu. Es sei unerheblich, daß die Frauen geringfügig Beschäftigte mit Monatseinkünften von nicht mehr als 390,-- DM gewesen seien. Die Beklagte selbst habe sie jahrelang als Heimarbeiterinnen angesehen, der Entgeltüberwachungsstelle die vorgeschriebenen Auskünfte erteilt und auch entsprechend abgerechnet. Es sei ohne rechtliche Bedeutung, ob die Beklagte nunmehr mit den Frauen vereinbart habe, das Heimarbeitsgesetz solle keine Anwendung finden.
Das klagende Land hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die im einzelnen
genannten Frauen über die Staatskasse Frankfurt
am Main die ebenfalls einzeln aufgeführten Be-
träge nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, sie hat die Auffassung vertreten, die Frauen seien keine Heimarbeiterinnen, sondern geringfügig beschäftigte Aushilfskräfte i.S. der lohnsteuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. Deswegen sei die Anwendung des Heimarbeitsgesetzes ausgeschlossen. Die Nachforderung treffe auch der Höhe nach nicht zu; richtig sei die Aufstellung ihrer Lohnsteuersachbearbeiterin Frau S mit den im einzelnen korrigierten Beträgen.
Handele es sich bei den Frauen dennoch um Heimarbeiterinnen, so sei das Arbeitsentgelt in voller Höhe der Lohnsteuer und der Sozialversicherungspflicht unterworfen. Sie habe die nachzuentrichtenden Beträge errechnet. Ohne Arbeitgeberanteil ergebe sich eine Summe von 10.883,16 DM. Diesen Betrag sowie den zusätzlichen Arbeitgeberanteil habe sie inzwischen abgeführt. Außerdem habe sie an eine der Frauen (C N) nachträglich einen zusätzlichen Betrag von 95,26 DM gezahlt. Das Land sowie die begünstigten Frauen seien als Gesamtschuldner verpflichtet, ihr den Gesamtbetrag von 10.883,16 DM zu erstatten. Mit dieser Gegenforderung rechne sie auf.
Darüber hinaus hat die Beklagte Widerklage erhoben und beantragt:
1. Der Kläger sowie die Drittwiderbeklagten gem.
den vorstehenden Buchstaben a) - e) werden als
Gesamtschuldner, hilfsweise nur die Drittwider-
beklagten gem. vorstehend Buchst. a) - e) ver-
urteilt, an die Beklagte einen Gesamtbetrag
i.H.v. DM 10.883,16 nebst 4 % Zinsen seit Zu-
stellung der Widerklage bzw. Drittwiderklagen
zu bezahlen, wobei sich dieser Gesamtbetrag
von DM 10.883,16 wie folgt auf die einzelnen
Drittwiderbeklagten verteilt:
a) C N DM 254,17
b) B von N DM 3.687,74
c) E G DM 4.293,79
d) C F DM 1.365,04
e) C L DM 1.282,42
-------------
insgesamt DM 10.883,16
wobei diese Beträge von den einzelnen genannten
Drittwiderbeklagten gefordert werden nebst 4 %
Zinsen seit Zustellung der Drittwiderklage.
2. Der Kläger sowie die Drittwiderbeklagten gem.
dem vorstehenden Buchstaben a) - e) werden als
Gesamtschuldner, hilfsweise nur die Drittwider-
beklagten gem. vorstehend Buchstabe a) - e) ver-
erteilt, an die Beklagte einen Gesamtbetrag i.H.v.
DM 3.791,60 nebst 4 % Zinsen seit Zustelluung der
Widerklage bzw. Drittwiderklagen zu bezahlen, wo-
bei sich dieser Gesamtbetrag von DM 3.791,60 wie
folgt auf die einzelnen Drittwiderbeklagten ver-
teilt:
a) C N DM 164,28
(= Erstattung)
b) B von N DM 1.140,92
c) E G DM 2.663,84
d) C F DM 140,66
e) C L DM 10,46
-------------
insgesamt DM 3.791,60
wobei diese Beträge von den einzelnen genannten
Drittwiderbeklagten gefordert werden nebst 4 %
Zinsen seit Zustellung der Drittwiderklage.
Das klagende Land hat beantragt, Widerklage und Drittwiderklage abzuweisen. Es hat geltend gemacht, diese Klagen seien unzulässig.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklagen abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift nennt nur die Beklagte und das klagende Land als Parteien des Berufungsverfahrens. Im übrigen lautet der Text:
"... erhebe ich namens und in Vollmacht der Be-
klagten und Berufungsklägerin
B e r u f u n g
gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt,
Az. 2 Ca 570/84, verkündet am 30.05.1985, zuge-
stellt am 28.08.1985.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung werde ich
folgende Anträge stellen:
I.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt,
Az 2 Ca 570/84 vom 30.05.1985 wird aufgehoben,
die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin
und Berufungsbeklagte.
Die Berufungsbegründung wird bis zum 28. Okt. 1985
eingereicht."
Die Berufungsbegründungsschrift enthält das gleiche Rubrum wie die Berufungsschrift, nennt also nicht die drittwiderbeklagten Frauen. Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten schildert darin zunächst den Sachverhalt und erklärt dann, daß er die in der ersten Instanz gestellten Anträge, insbesondere die Widerklage und Drittwiderklageanträge wiederhole. In der folgenden Auseinandersetzung mit dem Urteil des Arbeitsgerichts wird auch zur Zulässigkeit und Begründetheit der Widerklagen Stellung genommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zunächst den Antrag aus der Berufungsschrift zu I. gestellt. Nach Erörterung des Streitstoffs und einer Unterbrechung der Verhandlung hat er dann den weiteren Antrag gestellt:
"Für den Fall der Zurückweisung der Berufung
wird beantragt, über die Widerklage und die
Drittwiderklagen gemäß den Anträgen erster
Instanz zu B und C zu entscheiden."
Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil den Zahlungsanträgen des klagenden Landes insoweit stattgegeben, wie sich die Beträge aus der von der Beklagten korrigierten Berechnung ergeben. Hinsichtlich der Widerklage und Drittwiderklage hat es die Berufung als unzulässig verworfen. Gegen dieses Teilurteil hat die Beklagte zunächst uneingeschränkt Revision eingelegt, diese jedoch wieder zurückgenommen, soweit sie sich gegen die Drittwiderbeklagten richtete.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat zu Recht der Klage dem Grunde und der zuerkannten Höhe nach stattgegeben und die Berufung als unzulässig verworfen, soweit die Beklagte die Widerklage weiterverfolgt hat.
I. Die Mitarbeiterinnen der Beklagten, zu deren Gunsten das Land Klage erhoben hat, sind Heimarbeiterinnen, denen die Mindestentgelte nebst Zuschlägen nach den genannten bindenden Festsetzungen zustehen (§ 1 Abs. 1 Buchst. a, § 2, § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 HAG).
1. Die Frauen arbeiteten in selbstgewählter Arbeitsstätte im Auftrag der Beklagten und überließen die Verwertung ihrer Arbeitsergebnisse der Beklagten. Dies bestreitet die Beklagte nicht.
2. Die Frauen haben die Schreibarbeiten auch erwerbsmäßig ausgeführt. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten trifft nicht zu.
a) Das Merkmal der "erwerbsmäßigen" Tätigkeit in § 2 Abs. 1 HAG ist durch das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 (BGBl I S. 2879) in das Gesetz eingeführt worden. In der Fassung des Gesetzes vom 26. November 1964 (BGBl I S. 921) und vorher war eine "gewerbliche" Tätigkeit für die Annahme eines Heimarbeitsverhältnisses vorausgesetzt. Das Merkmal "gewerblich" führte bei der Vergabe von Büroarbeiten zu Zweifeln darüber, ob nur die Tätigkeiten von "gewerblichen" Arbeitern oder auch Angestelltentätigkeiten in Heimarbeit ausgeführt werden könnten. Bereits zu diesem Merkmal haben das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 10. Juli 1963 - 4 AZR 273/62 - BAGE 14, 245 = AP Nr. 3 zu § 2 HAG mit Anmerkung von Maus) und das Bundessozialgericht (BSG Urteil vom 22. Oktober 1971 - 7 RAr 61/69 - AP Nr. 7 zu § 2 HAG) entschieden, daß es ausreicht, wenn die Tätigkeit auf eine gewisse Dauer angelegt und auf Bestreitung des Lebensunterhalts ausgerichtet ist. Die Auffassung, daß die Einkünfte geeignet sein müßten, den Lebensunterhalt des Beschäftigten nachhaltig zu bestreiten, wurde ausdrücklich zurückgewiesen. Auf die Höhe des Entgelts und den zeitlichen Aufwand komme es nicht an; auch eine geringfügig und unregelmäßig ausgeübte Tätigkeit könne Heimarbeit sein (BSG Urteil vom 18. Dezember 1969 - 2 RU 241/65 - BB 1970, 1399).
Das Heimarbeitsänderungsgesetz vom 29. Oktober 1974 trug den Unsicherheiten Rechnung und ersetzte das Merkmal "gewerblich" durch "erwerbsmäßig" (zur Rechtsentwicklung näher Maus/Schmidt, HAG, 3. Aufl., § 2 Rz 56 ff. und Rz 61 ff.). Auch nach Inkrafttreten des Heimarbeitsänderungsgesetzes sind die Arbeits- und Sozialgerichte davon ausgegangen, daß es für die Annahme der Heimarbeit weder auf die Dauer und den Umfang der Tätigkeit noch auf die Höhe der erzielten Einkünfte ankommt (BSG Urteil vom 10. September 1987 - 12 RK 13/85 - BB 1988, 210; LAG München, Beschluß vom 31. Oktober 1984 - 4 TaBV 14/84 - LAGE § 6 BetrVG 1972 Nr. 2; LAG Frankfurt, Urteil vom 14. Oktober 1982 - 3 Sa 724/82 - AP Nr. 9 zu § 2 HAG). Diese Auffassung ist auch in der Literatur gebilligt worden (Maus/Schmidt, aa0, § 2 Rz 12; nicht ganz eindeutig Brecht, HAG, 1977, § 2 Rz 9; wohl zustimmend auch Gröninger, WK-Reihe, Bd. 55, HAG, § 2 Anm. 2 a). Von dieser Auffassung abzugehen besteht kein Anlaß.
b) Unbegründet ist auch der Einwand der Beklagten, die Regelungen des Steuer- und Sozialversicherungsrechts gingen denen des Heimarbeitsrechts vor; das gelte zumindest, soweit gering beschäftigte Arbeitnehmer wegen der niedrigeren Abgabenbelastung im Ergebnis günstiger stünden als Heimarbeiter. Hierauf kommt es nicht an. Das Heimarbeitsgesetz enthält in § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 HAG zwingende Regeln. Wer die gesetzlichen Merkmale der Heimarbeit erfüllt, ist Heimarbeiter. Zugunsten der Heimarbeiter können, wie hier geschehen, gemäß § 19 HAG durch bindende Festsetzungen Mindestentgelte mit der Wirkung eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags festgelegt werden. Damit sind Abweichungen zu Ungunsten der Heimarbeiter von Gesetzes wegen verboten (so für den Bereich der Sozialversicherung das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung: zuletzt Urteil vom 10. September 1987, aa0, mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Auch das Bundesverfassungsgericht hat diese Auffassung gebilligt (BVerfG, Beschluß vom 18. September 1978 - 1 BvR 638/78 - SozR 4100 § 186 b Nr. 2).
Das Steuer- und Sozialversicherungsrecht regeln demgegenüber andere Fragen. Die steuer- und sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Arbeitseinkünften hat keinen Einfluß darauf, unter welchen Voraussetzungen ein Beschäftigter dem Schutz des Heimarbeitsgesetzes unterliegt und Anspruch auf bindend festgesetzte Mindestvergütungen hat.
c) Es ist unerheblich, ob vereinbart war, daß die Frauen die ihnen übertragenen Schreibarbeiten als geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen ausführen sollten. Den Schutz des Heimarbeitsgesetzes können die Parteien eines Heimarbeitsvertrags nicht abbedingen. Zwar ist es ihnen unbenommen, den Geschäftsinhalt festzulegen. Der Geschäftsinhalt entscheidet über die Rechtsnatur des Vertrages. Ergibt der Inhalt, daß die Parteien einen Heimarbeitsvertrag vereinbart haben, können sie diese Rechtsfolge nicht abbedingen. Insbesondere kommt es nicht darauf an, wie die Parteien ihr Rechtsverhältnis bezeichnet haben, ob als Arbeitsverhältnis, als Dienstvertrag oder als Heimarbeitsverhältnis. Der Geschäftsinhalt allein bestimmt den Vertragstyp. Die gesetzliche Einschränkung der Vertragsfreiheit und der mit ihr verfolgte arbeitsrechtliche Schutz kann nicht dadurch umgangen werden, daß ein tatsächlich bestehendes und vom Gesetzgeber als Heimarbeitsverhältnis gekennzeichnetes Rechtsverhältnis anders bezeichnet oder in seinen Rechtsfolgen abbedungen wird (vgl. BAGE 41, 247, 258 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 der Gründe).
3. Dem Berufungsgericht ist auch zu folgen, soweit es über die Höhe der Nachforderungen entschieden hat.
a) Die Beklagte hat zwar die Höhe der von den Frauen verdienten Mindestentgelte pauschal bestritten, durch die Vorlage der von ihr abgeänderten Zusammenstellung der Beträge aber zu erkennen gegeben, daß im Falle der Anerkennung der Frauen als Heimarbeiterinnen Differenzen in der von ihr errechneten Höhe bestehen. Es ist unbedenklich, die Beklagte an ihrem eigenen Vorbringen festzuhalten und die Differenzbeträge in der von der Beklagten selbst errechneten Höhe als unstreitig zuzuerkennen.
b) Die Ansprüche der Heimarbeiterinnen sind auch nicht teilweise durch Aufrechnung erloschen. Die Aufrechnung richtet sich gegen eine Forderung, die nicht geltend gemacht ist: Das Land hat bestimmte Beträge als Heimarbeitsvergütung nebst Zuschlägen geltend gemacht und dabei nicht etwa erklärt, die Beträge würden als Nettobeträge, also nach Abzug eventueller Steuern und Sozialabgaben, verlangt. Vielmehr sind Bruttobeträge geltend gemacht. Was zu Gunsten der Heimarbeiterinnen verlangt wird, kann noch steuerlich und sozialversicherungsrechtlich zu Abgaben führen. Die Beklagte rechnet mithin gegen einen Teil der Klageforderung auf, den das Land noch nicht als endgültig, sondern je nach den Umständen des Einzelfalles als abzugsfähig anerkannt hat.
Die Zahlungen, welche die Beklagte gleichwohl an die AOK und das Finanzamt geleistet hat und die im Ergebnis ganz oder teilweise von den Heimarbeiterinnen zu erbringen sind, hindern nicht eine Verurteilung zur Zahlung des Bruttobetrags. Die Abrechnung muß anschließend, gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren erfolgen.
II. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht verworfen, soweit die Beklagte in erster Instanz eine Widerklage gegen das klagende Land erhoben hatte.
Die Beklagte hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts mit ihrer Berufungsschrift nicht in vollem Umfang, sondern nur ihrer Verurteilung auf die Klage hin angefochten. Zwar hat sie in der Berufungsschrift nicht ausdrücklich erklärt, in welchem Umfang sie die Entscheidung des Arbeitsgerichts anfechten wolle. Der zugleich für die mündliche Verhandlung angekündigte Sachantrag kann jedoch nur als Einschränkung des Rechtsmittels auf einen der Streitgegenstände aus der ersten Instanz verstanden werden, nämlich als Begrenzung des Rechtsmittels auf die Klageforderung. Die Berufungsschrift läßt nur den Schluß zu, die Beklagte wolle ihre in erster Instanz erhobenen und abgewiesenen Widerklagen wegen Gegenforderungen aufgrund von gezahlten Steuern und Sozialabgaben im Rechtsstreit nicht weiter verfolgen.
Die Wiederholung der in erster Instanz gestellten Klageanträge zu den Widerklagen in der Berufungsbegründung und der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht führt zu keinem anderen Ergebnis. Da das Rechtsmittel der Berufung zunächst nur beschränkt eingelegt war, konnte es nach Ablauf der Berufungsfrist nicht mehr erweitert werden.
Dr. Heither Ascheid Griebeling
Kunze Michels
Fundstellen
Haufe-Index 438674 |
DB 1989, 1426 (LT1-3) |
ARST 1989, 44-45 (LT1-3) |
ASP 1989, 264 (K) |
BR/Meuer SGB IV § 8, 12-07-88, 3 AZR 569/86 (LT1-3) |
EEK, I/956 (LT1-3) |
NZA 1989, 141-142 (LT1-3) |
RdA 1988, 384 |
ZTR 1989, 35-35 (LT1-3) |
AP § 2 HAG (LT1-3), Nr 10 |
AR-Blattei, ES 910 Nr 30 (LT1-3) |
AR-Blattei, Heimarbeit Entsch 30 (LT1-3) |