Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung. Eingliederungsvereinbarung. Öffentlich-rechtlicher Vertrag. Weigerung. Freiwilligkeit. Verwaltungsakt
Leitsatz (redaktionell)
Die Sanktionsmöglichkeit nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB II begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
SGB II § 15 Abs. 1 S. 6, § 31 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1a, 1b
Tenor
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 26. April 2007 wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerdeführerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners im Beschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten wegen einer Absenkung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.) bezieht seit 04.02.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Bereits im Jahr 2006 hatte sich der Bg. geweigert, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, was dazu führte, dass die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (Bf.) gegen ihn einen Verwaltungsakt nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II (im Folgenden: Eingliederungsverwaltungsakt) erließ. Am 10.01.2007 händigte die Bf. dem Bg. im Rahmen eines persönlichen Gesprächs den Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung aus, die bis 10.07.2007 Gültigkeit haben sollte. Der Bg. wollte den Entwurf zunächst mit nach Hause nehmen und ihn zusammen mit seinem Bruder in Ruhe prüfen; hierfür ließ die Bf. ihm zunächst bis 16./17.01., auf Bitte des Bg. dann bis 24.01.2007 Zeit. Kurz vor dem avisierten ersten Termin am 16./17.01. gab der Bg. gegenüber der Bf. offenbar telefonisch an, er werde eigene Vorschläge für eine Eingliederungsvereinbarung ausarbeiten. Am 24.01.2007 kam es erneut zu einem persönlichen Gespräch. Im Rahmen dessen händigte der Bg. eine Stellungnahme aus, warum er die Eingliederungsvereinbarung nicht unterschreiben wollte; eigene Vorstellungen brachte er nicht ein.
Mit Bescheid vom 24.01.2007 traf die Bf. die Regelungen, welche sie in die Eingliederungsvereinbarung aufnehmen wollte, per Verwaltungsakt. Dagegen legte der Bg. mit Schreiben vom 26.01.2007 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Diesbezüglich ist beim Sozialgericht Landshut ein Klageverfahren anhängig (S 13 AS 101/07).
Mit Bescheid vom 26.02.2007 stellte die Bf. die Absenkung der Leistungen nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a SGB II für den Zeitraum 01.04. bis 30.06.2007 fest (monatliche Absenkung: 93 Euro). Zugleich hob sie die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung entsprechend der Absenkung auf. Zur Begründung führte die Bf. aus, der Bg. habe sich am 24.01.2007 trotz Belehrung über die Rechtsfolgen geweigert, eine ihm angebotene Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Ein wichtiger Grund dafür habe nicht vorgelegen. Die beabsichtigte Vereinbarung sei durchaus auf die individuellen Verhältnisse des Bg. zugeschnitten gewesen. Der Nachweis von vier Eigenbemühungen pro Monat sei zumutbar. Gegen den Bescheid vom 26.02.2007 legte der Bg. mit Schreiben vom 27.03.2007 Widerspruch ein mit der Begründung, sein Verhalten dürfe nicht als Weigerung interpretiert werden, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Die Bf., so der Bg. weiter, habe ihm einen willkürlich zusammengestellten, mit ihm nicht verhandelten und nicht individualisierten Entwurf zur Unterschrift vorgelegt.
Mit Schriftsatz vom 28.03.2007 beantragte der Bg. beim Sozialgericht Landshut die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Die Bf. wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2007 als unbegründet zurück. Am 24.01.2007 habe sie, die Bf., von einer Weigerung, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, ausgehen dürfen. Der Inhalt der beabsichtigten Eingliederungsvereinbarung wäre rechtens gewesen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 26.04.2007 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 27.03.2007 angeordnet. Eine Absenkung, so das Sozialgericht, sei dann rechtswidrig, wenn zuvor ein Eingliederungsverwaltungsakt ergangen sei, mit dem die sonst in der Vereinbarung zu treffenden Regelungen einseitig angeordnet würden. Eine zusätzliche Absenkung hätte Straf- oder Disziplinierungscharakter.
Dagegen hat die Bf. mit Schriftsatz vom 02.05.2007 Beschwerde eingelegt. Sie begründet die Beschwerde wie folgt: Gegen eine Absenkung nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a SGB II bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie verweist auf die besonderen Umstände des Einzelfalls; der Bf. habe sich trotz Rechtsfolgenbelehrung zwar eine Überlegungszeit einräumen lassen, dann aber nach deren Ablauf keine eigenen Vorschläge unterbreitet und sich lediglich mit dem Entwurf der Bf. beschäftigt. Der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes genüge nicht, um den Bg. zur Kooperation zu bewegen. Denn es sei einerseits zweifelhaft, ob Verstöße gegen einen Eingliederungsverwaltungsakt überhaupt sanktioniert werden könnten. Andererseits könnten die Hilfeempfänger dadurch, dass sie Widerspruch einlegten und so die aufschiebende W...