Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindende Festsetzungen im Hauptsacheverfahren und § 21 GKG. Sozialgerichtliches Verfahren: Prüfungsumfang bei einer Erinnerung gegen eine Gerichtskostenfeststellung. Nichterhebung von Kosten wegen unrichtiger Sachbehandlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden.

2. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen.

3. Über eine Nichterhebung gemäß § 21 GKG ist nach erfolgtem Kostenansatz im Weg der Erinnerung gemäß § 66 GKG zu entscheiden.

4. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinn des § 21 GKG ist nur dann gegeben, wenn ein schwerer Verfahrensfehler im Sinn einer eindeutigen und offenkundig unrichtigen Sachbehandlung durch das Gericht vorliegt. Andere Rechtsfehler begründen eine Unrichtigkeit der Sachbehandlung nicht, da ansonsten im Erinnerungsverfahren eine mit der Bestandskraft der zugrunde liegenden Entscheidung in der Hauptsache unvereinbare erneute Sachprüfung stattfinden würde.

 

Tenor

Die Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 20. Mai 2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Urkundsbeamten in mehreren kostenrechtlichen Verfahren der Erinnerungsführer.

Die Erinnerungsführer wandten sich in vier vor dem Sozialgericht (SG) Regensburg geführten und gemäß § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) gerichtskostenpflichtigen unfallversicherungsrechtlichen Verfahren mittels Erinnerungen gegen die jeweils in diesen Verfahren erfolgten Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten zu den zu erstattenden außergerichtlichen Kosten. Gegen die Beschlüsse des SG erhoben sie Beschwerden zum Bayer. Landessozialgericht (LSG). Die Beschwerden wurden vom Kostensenat des LSG wegen der fehlenden Statthaftigkeit kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Dagegen legten die Erinnerungsführer Anhörungsrügen ein, die wiederum kostenpflichtig als unzulässig verworfen wurden. Anschließend legten sie in drei der vier Verfahren jeweils weitere Anhörungsrügen ein; auch diese wurden kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

Für die vorgenannten Verfahren der Beschwerden, Anhörungsrügen und weiteren Anhörungsrügen (im Folgenden: Hauptsacheverfahren) erhob der Kostenbeamte des LSG mit Gerichtskostenfeststellung vom 20.05.2015 bei den Erinnerungsführern Gerichtskosten in Höhe von jeweils 60,- € pro Verfahren, damit insgesamt 660,- €. Die Hauptsacheverfahren sind in der Gerichtskostenfeststellung im Einzelnen mit Aktenzeichen benannt.

Dagegen haben sich die Erinnerungsführer mit Schreiben vom 15.11.2015 gewandt und zur Begründung vorgetragen, dass es sich um eine "ungerechtfertigte Gebührentreiberei" handle, der sie ohne Rechtsgrundlage ausgeliefert seien. Es sei alles klar ausgedrückt und korrekt vorgetragen worden; Fehler würden gerichtsseitig nie zugegeben. Aus mitübersandten Anlagen ist zu ersehen, dass sich die Erinnerungsführer als von der Justiz Verfolgte betrachten.

Die Akten der Hauptsacheverfahren sind beigezogen worden.

II.

Eine Verletzung des Kostenrechts ist weder von den Erinnerungsführern vorgetragen worden noch ersichtlich; der Kostenansatz ist nicht zu beanstanden.

1. Prüfungsumfang bei der Erinnerung

Eine Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof - BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 14. Aufl. 2014, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 18.12.2014, Az.: L 15 SF 322/14 E - m.w.N.). Gleiches gilt grundsätzlich auch für die dort getroffenen Verfügungen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 07.10.2014, Az.: L 15 SF 61/14 E, und vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E).

Im Erinnerungsverfahren zum Kostenansatz kann daher lediglich geprüft werden, ob die im Hauptsacheverfahren erfolgten Festlegungen kostenrechtlich richtig umgesetzt worden sind.

Ebenfalls zum Gegenstand des Erinnerungsverfahrens kann die Frage gemacht werden, ob wegen unrichtiger Sachbehandlung im Sinn des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG oder wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG Kosten nicht erhoben werden (vgl. Beschlüsse des Senats vom 10.04.2015, Az.: L 15 SF 83/15 E, und vom 25.09.2015, Az....

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