Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnungsgrund. Vergangenheit. Arbeitslosengeld II

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einstweiliger Rechtsschutz ermöglicht grundsätzlich nicht, Leistungen für die Vergangenheit zu erhalten. Er dient vielmehr dem Ziel, gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende Notlagen zu beheben bzw. zu verhindern. Für Leistungen für die Vergangenheit ist man dagegen grundsätzlich auf den Rechtsweg in der Hauptsache zu verweisen.

2. Arbeitslosengeld II verkörpert eine einheitliche Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Ausnahme des Zuschusses nach § 22 Abs. 7 SGB II sind grundsätzlich alle Leistungsbestandteile vom Arbeitslosengeld II erfasst. Bei den Mehr- und “Sonderbedarfen” handelt es sich nur um Bedarfskomponenten und Berechnungsposten innerhalb der einheitlichen Leistung

 

Normenkette

SGG § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. September 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten wegen höherer Alg II-Leistungen.

Die 54-jährige Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Bf.) bezieht seit längerem Alg II. Mit Bescheid vom 11.04.2006 gewährte ihr die Beschwerdegegnerin und Antragsgegnerin (Bg.) Alg II für den Zeitraum vom 01.04. bis 30.09.2006. Für die Monate April bis Juli betrugen die monatlichen Leistungen 117,54 EUR, für den Monat August 525,34 EUR und für den Monat September 699,24 EUR. Im Vorfeld dessen hatte die Bf. mit diversen Anträgen Mehr- und "Sonderbedarfe" geltend gemacht, die allesamt von der Bg. mit jeweils eigenen Bescheiden - alle datiert auf den 11.04.2006 - abgelehnt wurden.

Mit Schreiben vom 26.04.2006 legte die Bf. Widerspruch gegen die Ablehnungsbescheide ein, über den, soweit den Akten entnehmbar, noch nicht entschieden ist.

Mit Schriftsatz vom 06.06.2006 erhob die Bf. Klage beim Sozialgericht München (S 42 AS 832/06). Zur Begründung trug sie sinngemäß vor, die Bg. habe ihr bereits bewilligte Zahlungen vorenthalten.

Am 28.07.2006 hat die Bf. beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit dem sie die Vorwegnahme dessen begehrt, was sie mit der Klage S 42 AS 832/06 geltend gemacht hat.

Mit Bescheid vom 10.08.2006 lehnte die Bg. weitere Anträge der Bf., beide gestellt im Juni 2006, auf Übernahme von Flug- und Hotelkosten sowie von Fahrtkosten, die im Rahmen der Verrichtung gemeinnütziger Arbeit im Jahr 2003 angefallen waren, ab. Über den dagegen mit Schreiben vom 14.08.2006 eingelegten Widerspruch ist, soweit den Akten entnehmbar, noch nicht entschieden.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht begründete die Bf. mit Schreiben vom 28.08.2006 ihren Antrag. Diejenigen Positionen, welche die Bg. durch Bescheid vom 10.08.2006 abgelehnt hatte, fanden keine Erwähnung.

Das Sozialgericht lehnte den Antrag der Bf. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 5. September 2006 ab. Es bestünden, so das Sozialgericht zur Begründung, keine Anhaltspunkte dafür, das von der Bg. errechnete Alg II könnte zu niedrig sein. Die von der Bf. geltend gemachten zusätzlichen Positionen würden nicht zu einer Erhöhung der Leistungen führen. Der Beschluss wurde der Bf. am 25.09.2006 zugestellt.

Dagegen hat die Bf. mit Schriftsatz vom 10.11.2006 (Eingang beim Sozialgericht am gleichen Tag) Beschwerde eingelegt. Sie begründet diese mit den gleichen Argumenten, die sie bereits im Antragsverfahren vorgetragen hatte.

Die Bf. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts München vom 5. September 2006 aufzuheben und dafür zu sorgen, dass sie ausreichend versorgt werde.

Die Bg. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung nimmt die Bg. Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts im Beschluss vom 5. September 2006.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Gerichts- und des Verwaltungsverfahrens wird auf die Verwaltungsakte der Bg., auf die Akten des Sozialgerichts sowie auf die Akte des vorliegenden Verfahrens verwiesen; diese lagen allesamt vor und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet; denn das Sozialgericht hat den Antrag der Bf. zu Recht abgelehnt.

Dem Antrag der Bf. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann schon deswegen nicht entsprochen werden, weil inzwischen für das gesamte Begehren kein Anordnungsgrund mehr vorliegt. Denn alle Regelungen, welche die Bg. mit Bescheiden vom 11.04.2006 getroffen hatte, waren nur auf den Zeitraum bis zum 30.09.2006 bezogen. Einstweiliger Rechtsschutz ermöglicht indes grundsätzlich nicht, Leistungen für die Vergangenheit zu erhalten. Er dient vielmehr dem Ziel, gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende Notlagen zu beheben bzw. zu verhindern. Für Leistungen für die Vergangenheit wäre die Bf. dagegen grundsätzlich auf den Rechtsweg in der Hauptsache zu verweisen.

Dieses Ergebnis - dass die Bf. die begehrten Leistungen nicht mehr im Wege einer einstweiligen Anordn...

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