Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung der Wertfestsetzung durch Rechtsmittelgericht. Bedeutung der Angelegenheit. Statusfeststellungsverfahren
Orientierungssatz
1. Nach § 63 Abs 3 S 1 GKG (idF vor der Änderung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz; vgl dort § 72 Nr 1 GKG nF) kann das Rechtsmittelgericht eine Wertfestsetzung der ersten Instanz von Amts wegen abändern. Die Abänderung ist möglich, solange das Verfahren schwebt. Dies gilt auch dann, wenn das Verfahren nur in Folge einer unzulässigen Beschwerde schwebt.
2. Maßgebend für die Streitwertfestsetzung ist nach § 52 Abs 1 GKG die Bedeutung der Angelegenheit. Bei der Bemessung steht dem Gericht ein Bewertungsspielraum zu. Das Gericht hat sich dabei an dem Wert zu orientieren, der nach § 61 GKG bei jedem Antrag anzugeben ist, sofern dieser nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht.
3. Im Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB 4 ist dabei auch abzustellen auf den Umfang der zu erwartenden Beitragspflicht. Diese ist unter Anwendung allgemein gültiger Grundsätze abzuschätzen.
Gründe
I. Ausgangspunkt und Streitgegenstand des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht München S 16 RA 1280/02 war der Bescheid der Beklagten vom 25.04.2001/Widerspruchsbescheid 18.09.2002, mit welchem der Status des Beigeladenen zu 1) gemäß § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGV IV - als beitragspflichtiger Beschäftigter während einer Tätigkeit für die Klägerin von November 1992 bis Ende 1999 festgestellt wurde. Die zwischenzeitlich insolvente Klägerin wurde am 15.07.2004 von Amts wegen aus dem Handelregister gelöscht. Über die Klage entschied das Sozialgericht München mit Urteil vom gleichen Tage und setzte den Streitwert auf 4.000,00 EUR fest. Das Im anschließende Berufungsverfahren endete mit Klagerücknahme am 13.07.2005. Mit Beschluss vom 03.08.2005 setzte der Senat den Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit in der Berufung auf 32.000,00 EUR fest.
Mit der am 02.08.2005 beim Sozialgericht München eingegangenen Beschwerde hat die Klägerin beantragt, den Streitwertbeschluss vom 15.07.2004 abzuändern und den Streitwert des Verfahrens im ersten und zweiten Rechtszug in Höhe der streitigen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag während der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin festzusetzen.
Sie hat geltend gemacht, die Beschwerde sei noch zulässig, weil ihr der Streitwertbeschluss vom 15.07.2004 erst mit der Niederschrift am 18.08.2004 zugestellt worden sei und dieser keine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe. Inhaltlich hat sich die Klägerin auf ihr Vorbringen zur Festsetzung des Gegenstandswertes im Berufungsverfahren bezogen, welches im wesentlichen Kernpunkt darauf hinauslief, dass aus der streitigen Entscheidung unmittelbar beitragsrechtliche Folgen resultieren, welche den Regelstreitwert weit übersteigen.
Die Beklagte beantragt, die Beschwerde vom 02.08.2005 als unzulässig zurückzuweisen.
Die Klägerin sei mit der Löschung vom 15.07.2004 nicht mehr existent.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde gemäß Entscheidung vom 17.08.2005 nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthafte Beschwerde ist verfristet und unzulässig (§ 173, § 66, § 202 SGG i.V.m. § 572 Abs.2 Satz 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).
Der Streitwertbeschluss des Sozialgerichts München vom 15.07.2004 enthielt keine Belehrung über ein Beschwerderecht der Beteiligten; eine möglicherweise mündlich erteilte Belehrung ist entgegen § 173 Satz 3 SGG nicht aktenkundig. Die damit geltende einjährige Beschwerdefrist gemäß § 66 Abs.2 SGG war jedoch bereits bei Eingang der Beschwerde abgelaufen. Denn sie begann mit der Verkündung des Beschlusses in der öffentlichen Sitzung am 15.07.2004, bei welcher der Geschäftsführer der Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter anwesend waren. Die dadurch in Lauf gesetzte Jahresfrist war jedenfalls bei Beschwerdeeingang am 02.08.2005 bereits abgelaufen. Die Beschwerde ist damit allein wegen Verfristung unzulässig, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen.
III. Der Streitwertbeschluss des Sozialgerichts München vom 15.07.2004 ist von Amts wegen abzuändern.
1.
Gemäß § 63 Abs.3 Satz 1 GKG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004, BGBl.I, S.718; vgl. § 72 Nr.1 GKG n.F.) kann das Rechtsmittelgericht eine Wertfestsetzung der ersten Instanz von Amts wegen abändern. Diese Rechtsnorm räumt dem Rechtsmittelgericht kein Ermessen ein, sondern eröffnet ein rechtliches Können, das zu einer abändernden Entscheidung verpflichtet, sofern die Instanzen den Wert uneinheitlich festgesetzt haben und die erstinstanzliche Entscheidung unzutreffend ist. Die Abänderung ist möglich, solange das Verfahren schwebt; es reicht insoweit aus, wenn - wie hier - die Entscheidung über den Streitwert noch nicht abgeschlossen ist (Hartmann, Kostengesetze, 34. Auflage, § 63 GKG Rdnr.47). Der Senat übersieht dabei nicht, dass hier das Verfahren nur infolge einer unzulässig...