Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Wiedereinsetzung wegen Entschädigung für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung bei Einreichung des Antrags beim unzuständigen Gericht

 

Leitsatz (amtlich)

Schickt ein Antragsteller seinen Entschädigungsantrag nach dem JVEG an ein unzuständiges Gericht, kommt eine Wiedereinsetzung jedenfalls dann in Betracht, wenn damit gerechnet werden kann, dass das Gericht den Antrag noch innerhalb der Antragsfrist an das zuständige Gericht weiterleitet.

 

Tenor

I. Der Antragstellerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Geltendmachung der Entschädigung für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014 gewährt.

II. Die Entschädigung für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014 wird auf 59,- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig ist zunächst, ob der Antragstellerin für die Geltendmachung der Entschädigung für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs. 2 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) zu gewähren ist. Anschließend stellt sich die Frage der Höhe der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG.

Nach Anordnung des persönlichen Erscheinens nahm die Antragstellerin am 07.05.2014 an einer mündlichen Verhandlung im Verfahren des Bayer. Landessozialgerichts (LSG) mit dem Aktenzeichen L 17 U 146/12 teil.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 03.06.2014, gerichtet an das Sozialgericht (SG) Bayreuth und dort eingegangen am 04.06.2014, beantragte sie die Entschädigung für Fahrtkosten für eine Fahrtstrecke von insgesamt 236 km. Das SG leitete dieses Schreiben erst am 13.10.2014 an das Bayer. LSG weiter.

Mit Schreiben vom 22.10.2014 teilte der Kostenbeamte des Bayer. LSG den Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass der Entschädigungsantrag erst am 15.10.2014 beim Bayer. LSG eingegangen sei und daher der Entschädigungsanspruch wegen der dreimonatigen Frist des § 2 Abs. 1 JVEG erloschen sei.

Mit am 11.11.2014 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 04.11.2014 haben sich die Bevollmächtigten der Antragstellerin dahingehend geäußert, dass damit zu rechnen gewesen sei, dass der an das SG geschickte Antrag rechtzeitig an das Bayer. LSG weitergeleitet werde, so dass keine Verfristung eintrete.

Auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters des Kostensenats am 01.12.2014 hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin angegeben, dass das gerichtliche Schreiben vom 22.10.2014 am 28.10.2014 in der Kanzlei eingegangen sei.

II.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Entschädigung für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014, über den nicht der Kostenbeamte, sondern gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG das Gericht zu entscheiden hat, ist stattzugeben.

Der Antragstellerin steht eine Entschädigung in Höhe von 59,- € zu.

1. Anzuwendende Fassung des JVEG

Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn die Antragstellerin als Berechtigte ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.

2. Wiedereinsetzung

Es ist Wiedereinsetzung zu gewähren, da die Fristversäumnis von der Antragstellerin nicht zu vertreten ist und auch die restlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung vorliegen.

2.1. Entschädigungsantrag zu spät beim Bayer. LSG eingegangen

Der Entschädigungsanspruch war bereits erloschen, als der Entschädigungsantrag für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014 am 15.10.2014 beim Bayer. LSG einging.

Der Anspruch auf Entschädigung erlischt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle geltend gemacht wird, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat. Die Frist beginnt entsprechend § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG im Falle der Teilnahme an einem vom Gericht angeordneten Termin mit der Beendigung dieses Termins zu laufen.

Vorliegend hat die mündliche Verhandlung, für die eine Entschädigung begehrt wird, am 07.05.2014 stattgefunden.

Der Entschädigungsantrag ist beim Bayer. LSG erst mit Einlauf des Schreibens des SG vom 13.10.2014 am 15.10.2014 eingegangen. Dieser Eingang des Entschädigungsantrags ist erst nach Ablauf der dreimonatigen Frist für die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs erfolgt. Eines weiteren Hinweises des Gerichts auf den bevorstehenden Ablauf der Frist oder einer Aufforderung zur Bezifferung der Entschädigungsforderung bedurfte es nicht (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 25.11.2013, Az.: L 15 SF 258/13).

Nicht ausreichend ist der Eingang des Entschädigungsantrags innerhalb der Dreimonatsfrist beim SG. § 2 ABS. 1 Satz 1 JVEG verlangt ausdrücklich die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs "bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt...

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