Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses
Leitsatz (amtlich)
1. Die Besorgnis der Befangenheit des Sachbearbeiters ist kein wichtiger Grund für das Nichterscheinen zu einem Meldetermin beim Jobcenter.
2. Eine Meldeaufforderung des sachlich und örtlich zuständigen Jobcenters ist nicht deswegen rechtswidrig, weil ein Verstoß gegen die behördeninterne Aufgabenverteilung vorliegt.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24.10.2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer 10%-Sanktion wegen eines Meldeversäumnisses am 10.8.2016 für die Zeit vom 1.10.2016 bis 31.12.2016.
Der 1981 geb. Kläger und Beschwerdeführer (Bf) steht beim Beklagten und Beschwerdegegner (Bg) im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II.
Mit Schreiben vom 12.7.2016 lud der Bg den Bf zu einem persönlichen Gespräch am 10.8.2016 um 10.30 Uhr in den Räumlichkeiten des Bg ein. Zweck der Meldeaufforderung war die Besprechung der aktuellen beruflichen Situation. Es wurde angekündigt, dass sein zuständiger Reha-Berater und der Teamleiter anwesend sein würden. Die Meldeaufforderung enthielt eine konkrete Rechtsfolgenbelehrung dahingehend, dass bei einem Nichterscheinen zum Termin ohne wichtigen Grund der Arbeitslosengeldanspruch um 10% des maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von drei Monaten gekürzt werde.
Mit Fax vom 15.7.2016 teilte der Bf mit, dass der zuständige Sachbearbeiter befangen sei. Der Bg als auch die Bundesagentur für Arbeit hätten mehrfach Pflichtverletzungen begangen. Derzeit sei deswegen eine Beschwerde bei der Bundesagentur für Arbeit anhängig. Bis zur vollständigen Beseitigung der Pflichtverletzungen sowie der Befangenheit sei ein Termin nicht denkbar.
Mit Schreiben vom 18.7.2016 teilte der Bg mit, dass am 10.8.2016 zusammen mit den an seinem Reha-Verfahren beteiligten Mitarbeitern fachliche Fragen geklärt werden sollen. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Rechtsfolgenbelehrung weiterhin gelte, solange der Bf Leistungen nach dem SGB II erhalte.
Mit Fax vom 25.7.2016 teilte der Bf mit, dass ein persönliches Gespräch mit befangenen Sachbearbeitern in keinem Fall zumutbar sei.
Der Bf nahm den Termin am 10.8.2016 nicht wahr. Mit Schreiben vom 11.8.2016 hörte der Bg den Bf zum Eintritt einer Sanktion an. Es seien keine Gründe erkennbar, die das Nichterscheinen des Klägers am 10.08.2016 rechtfertigten. Mit Fax vom 13.8.2016 nahm der Bf Bezug auf seine Faxmitteilung vom 25.07.2018. Es habe ausreichende Gründe vorgebracht.
Mit Sanktionsbescheid vom 14.9.2016 stellte der Bg eine Sanktion für die Zeit vom 1.10.2016 bis 31.12.2016 in Höhe von 10% des maßgebenden Regelbedarfs fest, das sind 40,40 € monatlich. Den am 24.9.2016 erhobenen Widerspruch begründete der Bg damit, dass sich die Sachbearbeiterin von einer Falschbehauptung der Bundesagentur nicht distanziert habe und daher befangen sei. Die Sanktion sei daher aufzuheben. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.1.2017 wies der Bg den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Begründung des Bf, ein Gespräch mit befangenen Sachbearbeitern sei in keinem Fall zumutbar, stelle keinen wichtigen Grund i.S. des § 32 Abs. 1 Satz 2 SGB II dar.
Dagegen richtet sich die am 20.1.2017 zum Sozialgericht München erhobene Klage des Bf. Es gehe im gegenständlichen Verfahren lediglich darum, ob die seiner Meinung nach bestehende Befangenheit des Mitarbeiters des Bg einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zum Meldetermin am 10.8.2016 darstelle. Zur Ergänzung verwies er auf die Vorgeschichte und Hintergründe, die zur Befangenheit geführt hätten.
Nach Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid im Erörterungstermin am 19.5.2017 sowie durch gerichtliches Schreiben vom 16.8.2017 wies das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24.10.2018 als unbegründet ab. Der Sanktionsbescheid sei rechtmäßig. Die mögliche Befangenheit des zuständigen Sachbearbeiters stelle keinen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zum Termin am 10.8.2016 dar. Die Berufung wurde nicht zugelassen. Der Gerichtsbescheid wurde mit PZU am 17.11.2017 dem Bf zugestellt.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung legte der Bf mit Schreiben vom 19.11.2018 Beschwerde beim Bay. Landessozialgericht ein. Der Bf begründete die Nichtzulassungsbeschwerde damit, dass eine Fehleinschätzung des Sozialgerichts vorliege, die einen Präzedenzfall zum Nachteil von behinderten Menschen schaffe, da anhand der Argumentation des Gerichts effektiv § 6a SGB IX umgangen bzw. ausgehebelt werde. Das Jobcenter A-Stadt M-Straße als Fachstelle für berufliche Wiedereingliederung werde nur auf Betreiben des zuständigen Rehabilitationsträgers, hier der Agentur für Arbeit A-Stadt, tätig, nachdem dieser einen Eingliederungsvorschlag mitsamt festgestelltem Rehabedarf vorlege. Da dies bisher nicht geschehen sei, sei für Meldetermine aussc...