Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vergütung von Auslagen. Fahrtkostenersatz für schnellste Strecke. Verzinsung und Mahnkosten. Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung. Entschädigung für Zeitversäumnis. Zehr- oder Verpflegungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Abgabe einer zu langen Strecke durch den Antragsteller ist der Entschädigung die mit einem Routenplaner ermittelte schnellste Strecke zugrunde zu legen.
2. Eine Verzinsung und Erstattung von Mahnkosten ist dem JVEG fremd.
Orientierungssatz
1. Zur Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung nach § 21 JVEG.
2. Bei der Entschädigung für Zeitversäumnis ist es nicht erforderlich, dass dem Berechtigten geldwerte Vorteile entgehen. Zudem besteht eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass ein Nachteil erstanden ist. Lediglich dann, wenn dem Antragsteller "ersichtlich" kein Nachteil entstanden ist, eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu leisten. Davon, dass ersichtlich kein Nachteil entstanden ist, ist dann auszugehen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist (vgl LSG München vom 30.7.2012 - L 15 SF 439/11).
3. Zehr- oder Verpflegungskosten sind als allgemeiner Aufwand im Sinn von § 6 Abs 1 JVEG erstattungsfähig, wenn sie infolge des gerichtlich angesetzten Termins objektiv notwendig sind.
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme am Erörterungstermin am 03.04.2013 wird auf 46,25 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Teilnahme an einem Gerichtstermin.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) unter dem Aktenzeichen
L 11 AS 188/12 geführten Rechtsstreit des Antragstellers war auf den 03.04.2013 ein Erörterungstermin terminiert worden; das persönliche Erscheinen des Antragstellers war angeordnet worden.
Am Erörterungstermin am 03.04.2013 nahm der Antragsteller teil; der Termin fand von 10.37 Uhr bis 11.33 Uhr statt.
Mit Entschädigungsantrag vom 04.04.2013, bei Gericht eingegangen am 05.04.2013, beantragte der Antragsteller die Entschädigung für das Erscheinen beim Erörterungstermin. Er gab an, um 8.30 Uhr von zu Hause weggefahren und um 13.00 Uhr zurückgekommen zu sein. Die Fahrtstrecke mit dem PKW habe insgesamt 114 km betragen. Der Antragsteller legte einen Parkbeleg über 5,- € bei. Weiter gab er an, für ein Cola und eine Currywurst 4,90 € ausgegeben zu haben. Er beantragte eine Entschädigung wegen Zeitversäumnis, weil er einen eigenen Haushalt führe.
Als Entschädigung wurden dem Antragsteller 46,25 € bewilligt.
Mit Telefax vom 24.04.2013 mahnte der Antragsteller an, dass die Zahlung bei ihm noch nicht eingegangen sei. Am 30.04.2013 hat er dem Gericht mitgeteilt, dass sich dieses wegen der bis dahin nicht erfolgten Zahlung in Verzug befinde, und hat Mahnspesen und Verzugszinsen verlangt. Er hat der "verantwortlichen Buchhalterin" empfohlen, "dass das müde Hinterteil doch mehr bewegt werden möchte."
Der Kostenbeamte hat den Antragsteller mit Schreiben vom 14.05.2013 gebeten, die verzögerte Auszahlung zu entschuldigen, und das Schreiben des Antragstellers vom 30.04.2013 dem Kostensenat als Antrag auf richterliche Kostenfestsetzung mit Blick auf die geltend gemachten Zinsen und Mahnspesen vorgelegt.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Kostenbeamte den Vorgang dem Kostensenat mit der Bitte um weitere Klärung vorlegt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 03.04.2013 ist auf 46,25 € festzusetzen, wie dies bereits der Kostenbeamte gemacht hat. Ein weitergehender Anspruch, insbesondere auf Verzinsung oder Mahnkosten, besteht nicht.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinn des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.). Das Gericht hat ...