Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Aussetzung der Vollstreckung. Urteilsrente. Glaubhaftmachung eines nicht zu ersetzenden Nachteils. Entsprechende Anwendung des § 719 Abs 1 iVm § 707 ZPO
Leitsatz (amtlich)
Die Aussetzung der Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts ist bei noch unsicherem Verfahrensausgang nur dann gerechtfertigt, wenn glaubhaft gemacht wird, dass bei Fortzahlung der Urteilsrente ein nicht zu ersetzender Nachteil auf Seiten des Antragstellers entstehen würde. Allein die Befürchtung, die Rückforderung könne eventuell auf Schwierigkeiten stoßen, reicht nicht aus.
Tenor
Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung aus dem mit der Berufung angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 11. Dezember 2007 wird abgelehnt.
Der Antragsteller hat dem Antragsgegner die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung zu erstatten.
Gründe
I.
Im Hauptsacheverfahren (L 2 U 214/08) ist streitig, ob ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes bei Zustand nach Fußprellung Folge des Arbeitsunfalls vom 17.07.2001 ist und dem Kläger Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. ab 01.08.2002 zu gewähren ist.
Der Kläger erlitt am 17.07.2001 einen Unfall, bei dem ihm der herunterklappende Verschlussknauf eines mit Sand gefüllten Rollcontainers auf den rechten Vorderfuß schlug. Die Durchgangsärzte äußerten aufgrund des Röntgenergebnisses den Verdacht auf eine Kahnbeinfraktur des rechten Fußes. Im Gutachten vom 28.08.2002 kam der Chirurg Dr. G. unter Auswertung eines neurologischen Zusatzgutachtens des Dr. D. zum Ergebnis, bei dem Arbeitsunfall habe sich der Kläger lediglich eine Prellung des rechten Fußes zugezogen, die folgenlos ausheilte. Mit Bescheid vom 05.12.2002 erkannte der Beklagte zwar den Arbeitsunfall an, lehnte aber eine Rente ab, weil über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall keine MdE um wenigstens 20 v.H. vorgelegen habe. Im Widerspruchsbescheid vom 21.05.2003 blieb der Beklagte bei seiner Auffassung. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 21.10.2003 beantragte der Kläger eine Überprüfung des Sachverhalts. Der Beklagte bat seinen Beratungsarzt Dr. B. um Stellungnahme. Dieser teilte mit, die jetzt vom Kläger geschilderten Beschwerden seien auf unfallunabhängige Veränderungen der Wirbelsäule zurückzuführen. Demgegenüber stützte sich der Kläger auf ein Attest seines behandelnden Arztes Dr. M., der den radiologischen Nachweis für ein unfallbedingtes chronisches Schmerzsyndrom mit deutlich sympathischer Komponente diagnostizierte.
Mit Bescheid vom 17.12.2003 lehnte der Beklagte die Rücknahme der früheren Bescheide und eine Neufeststellung der Unfallfolgen ab. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 01.04.2004).
Mit der dagegen erhobenen Klage zum Sozialgericht Landshut verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Im vom Sozialgericht eingeholten Gutachten führte Dr. P. am 31.03.2006 aus, das chronische Schmerzsyndrom sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 17.07.2001 zurückzuführen. Wesentliche Ursache sei eine Nervenläsion bei degenerativen Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule. Der vom Kläger benannte Neurochirurg Prof. Dr. R. kam in seinem Gutachten (gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) vom 29.09.2006 zum Ergebnis, ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II sei Folge der Prellung des rechten Fußes infolge des Arbeitsunfalls. Es sei zu einer Schädigung der peripheren Nerven gekommen. Auf diesem Boden habe sich ein Schmerzsyndrom chronifizieren können. Die MdE betrage 20 v.H..
Mit Urteil vom 11.12.2007 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, ein komplexes regionales chronisches Schmerzsyndrom Typ II im Bereich des rechten Mittelfußes bei Zustand nach Fußprellung als Folgen des Unfalls vom 17.07.2001 festzustellen und dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01.08.2002 zu gewähren.
Dagegen legte der Beklagte am 08.05.2008 Berufung ein. Der Senat bestellte den Neurologen und Psychiater Dr. K. zum Sachverständigen. Dieser führte in seinem Gutachten vom 01.12.2008 aus, seiner Meinung nach sei nicht einmal die Diagnose eines chronischen regionalen Schmerzsyndroms Typ II gesichert. Es gäbe hierzu sehr widersprüchliche Befunde; insbesondere würden die Erstbefunde gegen die Annahme eines solchen Krankheitsbildes sprechen. Die über einen Zeitraum von sieben Jahren überschaubaren Befunde deuteten schwerpunktmäßig auf eine Bandscheibensymptomatik hin. Unfallbedingt handele es sich lediglich um einen Zustand nach Mittelfußprellung ohne Beteiligung peripherer Nerven. Die MdE liege unter 10 v.H..
Mit beim Senat am 23.01.2009 eingegangenem Schreiben beantragte der Beklagte die Vollstreckung aus dem Urteil des Sozialgerichts Landshut am 11.12.2007 auszusetzen. Nach dem jetzt vorliegenden Gutachten des Dr. K. sei ein Anspruch auf Anerkennung eines komplexen regionalen chr...