Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente: Darlegungs- und Beweislast für eine quantitative Minderung der Erwerbsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente.
Orientierungssatz
Der Versicherungsnehmer trägt die objektive Darlegungs- und Beweislast dafür, dass spätestens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente gegeben sind, eine quantitative Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten ist.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24.10.2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund des Rentenantrags vom 06.03.2009.
Die 1955 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert und war versicherungspflichtig als Fabrikarbeiterin beschäftigt. Seit 1997 ist die Klägerin Hausfrau und nicht mehr berufstätig, seit 2012 bestand Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug.
Am 20.03.2001 beantragte die Klägerin erstmals bei der Beklagten die Gewährung von Erwerbsminderungsrente wegen eines HWS-Syndroms, Rheuma und einer Schulterentzündung. Dieser Antrag wurde ebenso abgelehnt wie nachfolgende Rentenanträge vom 03.05.2005 und 02.08.2007, die jeweils wegen dieser Beschwerden gestellt wurden.
Am 06.03 2009 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung von Erwerbsminderungsrente bei der Beklagten und wies darauf hin, dass sie sich seit 2001 wegen bestehenden Rheumas und Depressionen für erwerbsgemindert halte.
Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. G. ein, der am 18.06.2009 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Klägerin ihre letzte Tätigkeit als Fabrikarbeiterin nur noch unter drei Stunden täglich verrichten könne, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich möglich seien. Das Vorliegen einer rheumatischen Erkrankung wurde erneut ausgeschlossen. Des Weiteren holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. Sch. ein, die am 18.06.2009 ebenfalls zur Feststellung eines mindestens 6-stündigen Leistungsvermögens für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes gelangte.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 24.06.2009 eine Rentengewährung ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung der Beklagten nicht begründet, so dass die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.06.2009 mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2009 als unbegründet zurückwies.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 28.10.2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben. Eine Begründung hierfür ist nicht erfolgt. Das SG hat nach Beiziehung eines Befundberichtes des behandelnden Hausarztes der Klägerin, Dr. Sch., ein sozialmedizinisches Gutachten nach Aktenlage von Dr. H. eingeholt, der am 10.01.2011 zu folgenden Diagnosen gelangte:
- Somatisierte Depression mit Affektlabilität, Fibromyalgie-Syndrom, chronisches Schmerzsyndrom.
- Heberdenarthrose mit Dauerschmerzen der Finger und Gebrauchsbeeinträchtigung.
- Schulter-Arm-Syndrom beidseits, rechts mehr als links bei Zustand nach Resektion der lateralen Clavikula und AC Plastik 1995.
- HWS- und LWS-Syndrom mit geringen bis mittelgradigen Funktionseinschränkungen.
- Senk-Spreizfuß mit leichtem Hallux valgus beidseits.
- Persistierende Bronchitis ohne Lungenfunktionseinschränkung.
- Restless legs Syndrom.
Nach derzeitiger Aktenlage sei bei der Klägerin nicht belegt, dass bei zumutbarer Willensanstrengung eine leichte Tätigkeit von mehr als sechs Stunden täglich auf Dauer mit gewissen Einschränkungen nicht mehr erbracht werden könnte. Im Rahmen eines mehrwöchigen stationären Heilverfahrens könne von der Beobachtung des Tagesablaufes auf die zumutbare Belastbarkeit und die Möglichkeit der Willensanspannung rückgeschlossen werden. Zudem könne die medikamentöse Therapie engmaschiger eingestellt werden und verhaltenstherapeutische Ansätze gegebenenfalls eine Stabilisierung der Unruhe- und Angstgefühle bewirken, auch wenn die Prognose aufgrund der Chronifizierung nicht gerade günstig sei. Aus den bestehenden orthopädischen Einschränkungen lasse sich eine quantitative Leistungsminderung nicht ableiten. Die Klägerin könne unter Berücksichtigung der genannten Gesundheitsstörungen zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes somit noch eine mindestens 6-stündige leichte Tätigkeit verrichten. Die Tätigkeit könne überwiegend im Sitzen, gelegentlich auch im Stehen und Gehen verrichtet werden. Vermieden werden sollten Tätigkeiten mit besonderer nervlicher Belastung, wie Akkordarbeit, Fließbandarbeit, Wechsel- und Nachtschicht sowie Arbeit an laufenden und verletzungsträchtigen Maschinen, Tätigkeiten auf Treppen, ...