Leitsatz (amtlich)
1. Zur Statthaftigkeit einer Restitutionsklage ist ein Wiederaufnahmegrund schlüssig zu behaupten. Entsprechendes gilt für die Geltendmachung eines Nichtigkeitsgrundes.
2. Zur Unzulässigkeit einer Abänderungsklage.
Tenor
I. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
II. Die Restitutionsklage wird als unzulässig verworfen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehrten die Gewährung der Differenz zwischen dem Pflegegeld nach der Stufe II und Stufe III in Höhe von 255.- EUR pro Monat für die Monate Juli und August 2002 sowie eines Zuschusses für Umzugs- und Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen in Höhe von 4.800.- EUR. Im Rahmen des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht München (Az.: S 32 KN 133/03 P; S 32 KN 135/03 P) erkannte die Beklagte das Vorliegen der Pflegestufe III bereits ab 1. September 2002 an. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Kläger nahm das Anerkenntnis an und erklärte die Rechtsstreitigkeiten für erledigt.
Mit Urteil vom 27. Juli 2006 stellte das Sozialgericht München fest, dass der Rechtsstreit Az.: S 32 KN 133/03 P, verbunden mit S 32 KN 135/03 P, beendet ist (Az.: S 32 KN 81/06 P). Mit Beschluss vom 22. Dezember 2009 änderte das Bayer. Landessozialgericht nur die Kostenregelung ab, wies im Übrigen aber die Berufungen der Kläger zurück (Az.: L 2 KN 22/06 P). Das Bundessozialgericht verwarf die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision mit Beschluss vom 6. April 2010 als unzulässig (Az.: B 3 P 2/10 B).
Mit Fax-Schreiben vom 1. Februar 2012 hat der Kläger zu 2) "gem. § 323 ZPO (...) Abänderungsklage/gem. §§ 579 - 580 ZPO Nichtigkeitsklage und Restitutionsklage" erhoben. In mehreren Schreiben hat er zum Ausdruck gebracht, dass er u.a. die vorliegende Entscheidung für "menschenrechtsverletzend", "diskriminierend", "kriminell" und "irreführend" halte. Die Entscheidung sei inhaltlich fehlerhaft. Im Übrigen hat sich der Kläger zu 2) überwiegend gegen die Vollstreckung der ihm auferlegten Kosten gewandt.
Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 19. April 2012 zur beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG angehört.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
das Berufungsverfahren L 2 KN 22/06 P wieder aufzunehmen und die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 27. Juli 2006 zu verurteilen, die verbundenen Streitsachen S 32 KN 133/03 P und S 32 KN 135/03 P fortzusetzen und die Beklagte unter Aufhebung bzw. Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, die Differenz zwischen Pflegegeld nach Stufe II und Stufe III in Höhe von 255,00 EUR pro Monat für die Monate Juli und August 2002, insgesamt 510,00 EUR, sowie einen Zuschuss für Umzugs- und Wohnumfeldverbesserungsmaßnahmen in Höhe von 4.800,00 EUR an sie zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Restitutionsklage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Akte der Beklagten sowie die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts verwiesen, die der Entscheidung zugrunde lagen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss über die Klage entscheiden (zur Restitutionsklage vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 179 Rdnr. 9).
Die Wiederaufnahmeklage in Form einer Restitutionsklage nach § 179 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 580 Abs. 1 S. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) oder in Form einer Nichtigkeitsklage nach § 179 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 579 ZPO ist nicht zulässig. Es verbleibt daher bei der Rechtskraft des Beschlusses des Senats vom 22. Dezember 2009.
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung wieder aufgenommen werden, § 179 Abs. 1 SGG. Die Vorschrift verweist insoweit auf die Vorschriften der §§ 578 bis 591 ZPO. Das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren ist wieder aufzunehmen, wenn die Wiederaufnahmeklage zulässig und begründet ist.
Nach § 580 ZPO ist eine Restitutionsklage zulässig bei Mängeln der Urteilsgrundlagen, soweit zwischen Urteil und Restitutionsgrund ein ursächlicher Zusammenhang besteht (RGZ 130, 386, 387). § 580 ZPO nennt abschließend die Restitutionsgründe. Gemäß § 179 Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 589 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Gericht von Amts wegen zu prüfen, ob die Klage an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Die Klagefrist beträgt gemäß § 586 Abs. 1 ZPO einen Monat; sie beginnt mit dem Tag, an dem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Der Senat kann offenlassen, ob die Klagefrist eingehalten ist, da die Kläger jedenfalls einen Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig behaupten. Hinsichtlich der Form der Klage fehlt es bei der Klägerin zu 1) darüber hinaus bereits an deren Unterschrift.
Der Kläger muss zur Statthaftigkeit der Wiederaufnahmeklage einen Wiedera...