Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Aufhebung einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Aufhebungsentscheidung
Leitsatz (amtlich)
Eine Beschwerde gegen die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch das SG ist zulässig, zumindest wenn der erstinstanzliche Richter nicht auf Erinnerung gegen einen Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entschieden hat.
Orientierungssatz
Gegen einen Beschluss, mit dem eine zuvor bewilligte Prozesskostenhilfe wegen trotz Anforderung nicht vorgelegter erneuter Nachweise zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen aufgehoben wurde, ist die Beschwerde zulässig.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 08.06.2015 - S 13 AS 748/11 - aufgehoben.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 17.01.2012 hat das Sozialgericht Würzburg (SG) den Klägern zu 2. und 3. Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt (Punkt I. des Beschlusses). Anfragen des SG zur Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse haben die Kläger nicht beantwortet. Daraufhin hat das SG mit Beschluss vom 08.06.2015 den gesamten Beschluss vom 17.01.2012 aufgehoben.
Dagegen haben die Kläger Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben und den Fragebogen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen samt Unterlagen vorgelegt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2a Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, denn vorliegend geht es nicht um die Ablehnung der Bewilligung von PKH, sondern um die Aufhebung der bereits erfolgten Bewilligung (vgl. hierzu Beschluss des Senates vom 13.05.2013 - L 11 AS 231/13 B PKH, sowie Beschluss vom 08.11.2011 - L 11 AS 816/11 B PKH; so im Ergebnis auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 172 Rdnr. 6g). Eine analoge Anwendung dieser Regelung kommt mangels Vorliegens einer planwidrigen Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 811/12 Seite 65).
Ein Ausschluss der Beschwerde ergibt sich auch nicht aus § 73a Abs. 8 SGG. Offen gelassen werden kann dabei, ob diese Regelung auf sogenannte Altfälle, also Fälle, bei denen der Antrag auf Bewilligung von PKH vor dem 01.01.2014 gestellt worden war (so wohl: Sächsisches LSG, Beschluss vom 04.02.2015 - L 8 AS 78/15 B PKH), anzuwenden ist, denn diese Regelung bestimmt jedenfalls eine endgültige Entscheidung durch das SG nur, wenn dieses über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entschieden hat. Allein diese Variante wollte der Gesetzgeber in § 73a Abs. 8 SGG regeln (vgl. dazu Bundestagsdrucksache 17/11472 Seite 48).
Die damit zulässige Beschwerde ist auch begründet. Der Beschluss des SG vom 08.06.2015 ist aufzuheben. Insbesondere hat das SG den Beschluss vom 17.01.2012 insgesamt aufgehoben, nicht aber nur den vorliegend allein betroffenen Punkt I. des Tenors dieses Beschlusses. Hinsichtlich des Punktes II. des Beschlusses vom 17.01.2012 ist die Aufhebung jedoch rechtswidrig, sie entbehrt einer Grundlage. Betreffend der Aufhebung des Punktes I. des Beschlusses vom 17.01.2012 ist der Beschluss des SG ebenfalls aufzuheben, denn die Kläger haben die vom SG begehrte Handlung nachgeholt. Dies ist auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens noch möglich (vgl. u.a. Beschluss des Senates vom 13.05.2013 - L 11 AS 231/13 B PKH). Das SG wird nunmehr zu prüfen haben, ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung -ZPO-) und ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen