Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Statthaftigkeit. Statthaftigkeit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage im Hauptsacheverfahren. Anordnungsanspruch. Asylbewerberleistung. Analogleistung. Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft. Bestimmung der Leistungsform durch die zuständige Behörde. Kürzung der Geldleistungen um gewährte Sachleistungen. fehlende Bestimmtheit des Verwaltungsakts. fehlerhafte Ermessensausübung
Leitsatz (amtlich)
1. Maßgebend für die Bestimmung, in welcher Weise vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren ist, ist der im Hauptsacheverfahren statthafte Rechtsbehelf.
2. Nach § 2 Abs 2 AsylbLG bestimmt die zuständige Behörde bei der Unterbringung von Leistungsberechtigten nach Absatz 1 in einer Gemeinschaftsunterkunft die Form der Leistung auf Grund der örtlichen Umstände. Absatz 2 räumt den zuständigen Behörden ein Ermessen ein.
3. Die bloße Kürzung der Leistungen von monatlich 374 € um gewährte Sachleistungen in Höhe von 284,97 € entspricht keiner fehlerfreien Ermessensausübung. Es lässt sich nicht nachvollziehen, welche Leistungen in welcher Höhe gekürzt bzw durch Sachleistungen ersetzt wurden.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsteller zu 1.) bis 4.) hin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. August 2018, S 42 AY 244/18 ER, teilweise aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird vorläufig verpflichtet, auch den Antragstellern zu 1.) und 2.) ab dem 28.06.2018 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, längstens bis 31.03.2019, Barleistungen nach dem AsylbLG in gesetzlicher Höhe ohne Abzug der Abteilung 7 (Verkehr) in Höhe von monatlich zusätzlich je 32,90 € zu gewähren. Den Antragstellern zu 3.) und 4.) sind über die Sozialgericht München zugesprochenen Leistungen hinaus vorläufig auch in der Zeit vom 01.12.2018 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren, längstens bis 31.03.2019 Barleistungen nach § 2 AsylbLG ohne Abzug der Abteilung 7 (Verkehr) in Höhe von monatlich zusätzlich je 25,79 € zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aus beiden Rechtszügen zu 3/4 zu tragen.
IV. Den Antragstellern zu 1.) bis 4.) wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt B., B-Stadt, beigeordnet.
Gründe
I.
Gegenstand der Beschwerde im Rahmen des Eilverfahrens sind sog. Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII) ohne Abzug der Abteilung 7 (Verkehr) ab dem Monat Juni 2018.
Der 1985 geborene Antragsteller zu 1.) (es verbleibt bei der Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren) und die 1987 geborene Antragstellerin zu 2.) sind verheiratet und ukrainische Staatsangehörige. Ihre gemeinsamen Kinder, die Antragsteller zu 3.) und zu 4.), sind 2013 und 2015 geboren. Die Antragsteller wurden am 09.02.2017 dem Bayerischen Transitzentrum A-Stadt zugewiesen und erhielten zunächst Leistungen nach § 3 AsylbLG. Dazu befindet sich in den Verwaltungsakten der Antragsgegnerin ein Leistungsbescheid vom 21.09.2017 für den Leistungsmonat September 2017. Seit Juni 2018 erhalten sie sog. Analogleistungen nach § 2 AsylbLG.
Mit Bescheid vom 24.05.2018 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen nach § 2 AsylbLG in Höhe von 378,76 € für den Monat Juni 2018, wovon 70 € für die gemeinsame Mittagsverpflegung für die Antragstellerin zu 3.) an den St. M. Kindergarten ausgezahlt wurden (Auszahlbetrag an die Antragsteller: 308,76 €). Der Bescheid enthält keine weitere Begründung. Er enthält aber den Hinweis, dass die Antragsteller verpflichtet seien, jede Änderung in den Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen, die Bewilligung einer Rente oder einer gleichwertigen Leistung Dritter, die Aufnahme in ein Krankenhaus bzw. eine Heilstätte, jeden Wohnungswechsel und auch jede nur vorübergehende Abwesenheit unverzüglich der Bewilligungsbehörde mitzuteilen. In dem beigefügten Berechnungsteil sind die Leistungen für die einzelnen Antragsteller dargestellt, wobei z.B. für die Antragsteller zu 1.) und 2.) der Bedarf nach § 2 AsylbLG i.V.m. § 27 a SGB XII mit 374 € dargestellt wird. Davon werden 284,97 € als Sachleistung gewährt (Kürzung bei Fällen nach § 2 AsylbLG), so dass ein Gesamtbedarf für die Antragsteller zu 1.) und 2.) in Höhe von je 89,03 € verbleibt.
Die Kürzung wegen des Sachleistungsbezuges resultierte u.a. aus der Aushändigung eines Busfahrscheines an die Antragsteller zu 1.) und 2) für die I. Verkehrsgesellschaft (INVG) ab Juni 2018, der zur Nutzung aller Buslinien im gesamten Netz der INVG berechtigt. Der Wert des Busfahrscheines auf dem regulären Markt beträgt laut Mitteilung der Antragsgegnerin 264,50 € pro Monat. Für die Antragssteller zu 1.) und 2.) reduzierte sich hierdurch die Auszahlung um einen Betrag von j...