Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Entschädigung eines Beteiligten für Verdienstausfall. selbstständige Erwerbstätigkeit. regelmäßiger Bruttoverdienst. negative Einkünfte
Leitsatz (amtlich)
Negative Einkünfte im als Nachweis des Eintritts von Verdienstausfall vorgelegten Einkommenssteuerbescheid sind nicht immer hinreichender Grund, die Entschädigung für Verdienstausfall im Sinne von regelmäßigem Bruttoverdienst nach § 22 JVEG abzulehnen.
Tenor
Die Entschädigung des Antragstellers anlässlich der Wahrnehmung der Verhandlungstermine vom 22.04.2009 und 10.06.2009 wird gemäß § 4 Abs. JVEG auf 238,10 Euro festgesetzt. Dem Antragsteller sind 112,00 Euro nachzuentrichten.
Gründe
I.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) anhängig gewesenen Rechtsstreit des Antragstellers gegen Berufsgenossenschaft Bau mit Az.: L 18 U 342/08 ist der Antragsteller in den Verhandlungsterminen vom 22.04.2009 und 10.06.2009 persönlich erschienen.
Neben den Reisekosten (Pkw) hat er vor allem einen Verdienstausfall als Schreiner in Höhe von insgesamt 396,00 Euro geltend gemacht (2 x 5,5 Stunden á 36,00 Euro).
Die Kostenbeamtin des BayLSG hat mit Schreiben vom 22.07.2009 antragsgemäß Fahrtkosten zuzüglich Parkgebühren in Höhe von 102,10 Euro gemäß § 5 Abs. 2 JVEG bewilligt (0,25 Euro pro Kilometer). Anstelle des beantragten Verdienstausfalles von 2 x 5,5 Stunden á 36,00 Euro = 396,00 Euro ist jedoch nur eine Entschädigung für Zeitversäumnis für 2 x 4 Stunden á 3,00 Euro = 24,00 Euro anerkannt worden. Ein Verdienstausfall aus selbständiger Tätigkeit sei nach dem vorgelegten Einkommensnachweis nicht glaubhaft, da ein regelmäßiger Bruttoverdienst aus dem Gewerbe nicht erzielt werde.
Auf die Einwände des Antragstellers hat die Kostenbeamtin die Gewerbekarte 1997 und den Bescheid für 2006 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag beigezogen. Letzterer weist bei Einkünften aus Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer einen Verlust von 10.054,00 Euro aus.
Der Kostenbeamte des BayLSG hat dem Begehren des Antragstellers nicht abgeholfen und den Vorgang samt der zugehörigen Unfallstreitakten den 15. Senat des BayLSG als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt. Laut Beschluss des Kostensenats des BayLSG vom 14.01.2009 - L 15 SF 243/09 komme es nicht auf den Wert der Arbeitsleistung an, sondern auf den regelmäßigen Bruttoverdienst. Der Sachverhalt sei allerdings nicht ganz identisch, denn dort habe der Antragsteller einerseits Sozialhilfe erstreiten wollen, andererseits einen Verdienstausfall als Selbständiger unter Vorlage mehrerer lediglich verlusteausweisender Einkommensteuerbescheide verlangen wollen.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Antragsteller dies ausdrücklich mit Schreiben vom 24.09.2009 beantragt.
Die Entschädigung des Antragstellers anlässlich der Wahrnehmung der Verhandlungstermine vom 22.04.2009 und 10.06.2009 ist auf insgesamt 238,10 Euro festzusetzen. Dem Antragsteller sind 112,00 Euro nachzuentrichten.
Antragsgemäß und zutreffend hat die Kostenbeamtin des BayLSG an Fahrtkosten inklusive Parkgebühren insgesamt 102,10 Euro erstattet (§ 5 Abs. 2 JVEG: 0,25 Euro pro Kilometer).
Weiterhin steht dem Antragsteller eine Entschädigung für Verdienstausfall im Sinne von § 22 JVEG für insgesamt 2 x 4 Stunden á 17,00 Euro = 136,00 Euro zu. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ist auf den regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge abzustellen; für jede Stunde können höchstens 17,00 Euro entschädigt werden.
Die Prüfung der beigezogenen Unfallstreitakten L 18 U 342/08 hat ergeben, dass der Antragsteller seine Tätigkeit als Schreiner ausübt (S. Woodworking). Die zum Unfall vom 02.09.2002 führenden Bautätigkeiten hat der Antragsteller bei der Erstellung einer Lagerhalle auf dem im Eigentum seiner Mutter stehenden Grundstück in S. verrichtet. Bereits 1999 hat der Antragsteller eine auf diesem Grundstück liegende Scheune zu einer Schreinerwerkstatt umgebaut und seit dem gewerblich genutzt. Die Werkstatt hat der Antragsteller von seiner Mutter gepachtet und dieser regelmäßig Pachtzins entrichtet. Zur Erweiterung des Betriebes ist der Bau einer Lagerhalle notwendig geworden. Hierzu wurde das auf dem Grundstück der Mutter befindliche alte Bauernhaus abgerissen und eine Lagerhalle für die Schreinerei des Antragstellers geplant. Hierbei ist entsprechend der bereits seit 1999 gültigen Regelung die Zahlung eines höheren Pachtzinses vereinbart worden. Die Finanzierung der Lagerhalle ist durch die Mutter erfolgt. Die Bauplanung sowie die Einholung notwendiger Genehmigungen ist im Auftrag der Mutter durch den Kläger erfolgt (vgl. Schriftsatz vom 27.02.2009). Weiterhin hat der Antragsteller mit Schreiben vom 24.09.2009 glaubhaft dargetan, dass nach seinem Unfall vom 02.09.2002 die Belastungen für seine Firma nicht weniger geworden seien, sondern mehr. Daher seien die Zahlen auch nicht positiv...