Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr. Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz. Abgrenzung. RVG-VV Nr 3501 für den gesetzlichen Regelfall. RVG-VV Nr 3204 für bestimmte Beschwerden
Leitsatz (amtlich)
Die Verfahrensgebühr für den beigeordneten Rechtsanwalt bei einer Beschwerde vor dem Landessozialgericht gegen die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung durch das Sozialgericht bemisst sich nicht nach Nr 3204, sondern nach Nr 3501 VV RVG (juris: RVG-VV).
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 21. April 2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nach §§ 45 ff. RVG.
Die Beschwerdeführerin vertrat die seinerzeitige Antragstellerin in einem grundsicherungsrechtlichen Eilverfahren vor dem Sozialgericht München (Az.: S 19 AS 1348/09 ER). Nachdem das Sozialgericht den angestrebten Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte, legte die Beschwerdeführerin für ihre Mandantin Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht ein (Az.: L 8 AS 535/09 B ER); dieses entschied durch Beschluss vom 10.09.2009. In beiden Rechtszügen war die Beschwerdeführerin der damaligen Antragstellerin gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, § 121 ZPO beigeordnet worden.
Die Beschwerdeführerin beantragte beim Sozialgericht die Festsetzung der nach §§ 45 ff. RVG zu zahlenden Vergütung sowohl für das erstinstanzliche als auch für das zweitinstanzliche Verfahren. Dabei veranschlagte sie für das Beschwerdeverfahren L 8 AS 535/09 B ER eine Verfahrensgebühr von 310 EUR gemäß Nr. 3204 VV RVG. Die Urkundsbeamtin beim Sozialgericht setzte unter dem Datum 10.01.2011 dagegen nur eine Verfahrensgebühr von 160 EUR für das Beschwerdeverfahren fest. Sie zog dazu Nr. 3501 VV RVG heran und sprach innerhalb dieses Rahmens die Höchstgebühr zu. Die dagegen am 27.01.2011 eingelegte Erinnerung der Beschwerdeführerin ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss des Kostenrichters vom 21.04.2011). Ebenso wie die Urkundsbeamtin hat auch der Kostenrichter die Ansicht vertreten, die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren bemesse sich nicht nach Nr. 3204 VV RVG, sondern nach Nr. 3501 VV RVG.
Mit der am 16.05.2011 eingelegten Beschwerde verfolgt die Beschwerdeführerin ihr im Kostenfestsetzungsantrag formuliertes Begehren, für das Beschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr von 310 EUR zuerkannt zu erhalten, unverändert weiter.
II.
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG). Allerdings wäre auch vertretbar, die Grundsätzlichkeit der Rechtssache zu verneinen. Denn grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn eine Klärungsbedürftigkeit gerade durch das Rechtsmittelgericht besteht. Zwar wirft das vorliegende Verfahren Rechtsfragen auf, zu denen sich der Kostensenat beim Bayerischen Landessozialgericht so weit ersichtlich noch nicht geäußert hat. Die Antworten darauf sind jedoch ohne größere Schwierigkeiten zu finden. Das aber, was quasi auf der Hand liegt, kann prinzipiell nicht die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage induzieren. Gleichwohl geht der Senat von einer grundsätzlichen Bedeutung aus, nicht zuletzt weil auch der Kostenrichter beim Sozialgericht dies so sieht.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, nachdem das Sozialgericht im angefochtenen Beschluss das Rechtsmittel zugelassen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG); § 178 Satz 1 SGG steht nicht entgegen (vgl. dazu eingehend Senatsbeschluss vom 04.10.2012 - L 15 SF 131/11 B E). Auch ist die Beschwerde fristgerecht eingelegt worden (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG).
Der Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens beschränkt sich auf die Höhe der Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren L 8 AS 535/09 B ER einschließlich der entsprechenden Umsatzsteuer.
Die so konturierte Beschwerde bleibt ohne Erfolg, weil sie in vollem Umfang unbegründet ist. Der Beschwerdeführerin steht keine höhere Verfahrensgebühr als die vom Sozialgericht festgesetzte zu. Denn das Sozialgericht hat den einschlägigen Gebührenrahmen bereits in höchstmöglichem Umfang ausgeschöpft.
Anzuwenden ist der Gebührenrahmen nach Nr. 3501 VV RVG, der in Teil 3 Abschnitt 5 (Überschrift "Beschwerde, Nichtzulassungsbeschwerde und Erinnerung") steht und eine Betragsspanne von 15 bis 160 EUR vorsieht; der Gebührentatbestand lautet:
Verfahrensgebühr für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in den Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), soweit in diesem Abschnitt keine besonderen Gebühren bestimmt sind.
Ein besonderer Gebührenta...