Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Wegfall des Arbeitslosengeld II. Sanktion wegen Nichtbewerbung. Absendung per Briefpost. eidesstattliche Versicherung eines Zeugen. Beweiswürdigung

 

Orientierungssatz

Zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gem § 86b Abs 1 S 1 Nr 2 SGG gegen einen Sanktionsbescheid gem §§ 31 Abs 1 S 1 Nr 2, 31a Abs 1 S 3 SGB 2 aufgrund der eidesstattlichen Versicherung eines Zeugen, dass die Bewerbung in seinem Beisein zur Post aufgegeben wurde.

 

Normenkette

SGB II § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 31a Abs. 1 S. 3, § 39 Nr. 1; SGG § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 28.03.2012 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.04.2012 angeordnet.

II. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab dem 23.04.2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt K., A-Stadt, beigeordnet. Ratenzahlungen sind nicht zu erbringen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Antragsverfahrens ist der vollständige Wegfall des Arbeitslosengeldes II für die Monate April bis Juni 2012 als Sanktion für die Weigerung, eine zumutbare Arbeit anzunehmen.

Mit Bescheid vom 21.12.2011 bewilligte der Antragsgegner (Ag.) dem Antragsteller (Ast.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 30.06.2012. Die Höhe der monatlich bewilligten Leistungen betrug 759 € für den hier streitgegenständlichen Zeitraum April bis Juni 2012.

Mit Schreiben vom 16.01.2012 forderte der Ag. den Ast. auf, sich um eine Stelle als Lagerist bei der Autohaus E. GmbH in N. zu bewerben. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass das Arbeitslosengeld II des Ast. zuletzt mit Bescheid vom 01.12.2011 wegen wiederholten Pflichtverstoßes in Höhe von 60 % der Regelleistung abgesenkt worden sei. Weigere sich der Ast., die ihm mit diesem Vermittlungsvorschlag angebotene Arbeit aufzunehmen oder fortzuführen, entfalle das ihm zustehende Arbeitslosengeld II vollständig. Mit Unterschrift vom 28.01.2012 teilte die Autohaus E. GmbH dem Ag. mit, dass sich der Ast. auf den Vermittlungsvorschlag hin bei ihnen nicht gemeldet habe.

Nach Anhörung mit Schreiben vom 07.02.2012, auf die der Ast. nicht antwortete, stellte der Ag. mit Bescheid vom 28.02.2012 den vollständigen Wegfall des Arbeitslosengeldes II des Ast. für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 30.06.2012 fest, weil er trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma Autohaus E. GmbH von vornherein verhindert habe.

Dagegen legte der Ast. am 08.03.2012 Widerspruch mit der Begründung ein, er habe am 20.01.2012 eine Bewerbung an die Firma Autohaus E. gefertigt, sämtliche Unterlagen beigefügt und per Post am selben Tag versandt. Ein Zeuge stehe zur Verfügung. Eine Kopie des Bewerbungsschreibens legte er in Anlage bei, ebenso die Kopien von 15 weiteren Bewerbungsschreiben aus dem Zeitraum vom 18.01. bis zum 01.03.2012.

Am 09.03.2012 hat der Ast. beim Sozialgericht Regensburg (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Das SG hat den Antrag ausgelegt als Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Sanktionsbescheid vom 28.02.2012 anzuordnen, und diesen Antrag mit Beschluss vom 28.03.2012 (Az. S 8 AS 121/12 ER) abgelehnt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, es sei äußerst unwahrscheinlich, dass das Bewerbungsschreiben mit der Post versandt, aber beim potentiellen Arbeitgeber nicht angekommen sei. Mit der bloßen Behauptung, er habe am 20.01.2012 die Bewerbung verfasst und abgesandt und dafür stehe ein Zeuge zur Verfügung, genüge der Ast. seiner Darlegungs- und Beweislast nicht.

Gegen den Beschluss, der dem Ast. am 30.03.2012 zugestellt worden ist, hat dieser am 03.04.2012 Beschwerde eingelegt.

Ebenfalls am 03.04.2012 hat der Ag. einen Widerspruchsbescheid erlassen, mit dem er den Widerspruch des Ast. gegen den Bescheid vom 08.03.2012 als unbegründet zurückwies. Der Widerspruchsbescheid ist laut Aktenvermerk noch am selben Tag versandt worden. Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat der Ast. am 07.05.2012 (Montag) Klage erhoben.

Der Ast. bringt zur Begründung seiner Beschwerde vor, er habe die Bewerbung für den verfahrensgegenständlichen Vermittlungsvorschlag zusammen mit der Zeugin S., deren Adresse angegeben wird, angefertigt. Die Zeugin habe die Bewerbung ausgedruckt, beschriftet und zusammen mit dem Ast. zur Post aufgegeben. Zur Glaubhaftmachung legt der Ast. die eidesstattliche Versicherung der Zeugin S. vom 19.04.2012 vor. Zusätzlich findet sich darin der Hinweis, dass nur sie ein Fahrzeug besitze und deshalb den Ast. bei solchen Tätigkeiten begleite.

Der Ast. beantragt sinngemäß,

den Beschluss des SG vom 28.03.2012 aufzuheben und ...

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